Futuristischer Kaffeeklatsch

Wie KI den Geschmack von Kaffeebohnen erkennt

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von Silja Anders und lha

Künstliche Intelligenz degustiert jetzt Kaffee. Die Technologie soll dabei helfen, das Profil einer Kaffeebohne festzuhalten. Das kolumbianische Unternehmen Demetria will so die Kaffeeproduktion optimieren.

(Source: Tesgro Tessieri / Fotolia.com)
(Source: Tesgro Tessieri / Fotolia.com)

Auf dem Weg in die Tasse macht eine Kaffeebohne viele Phasen durch. Mit KI sollen diese einzelnen Stadien jetzt festgehalten, analysiert und potenziell optimiert werden. Das kolumbianische Start-up Demetria will mithilfe von künstlicher Intelligenz das Profil einer Kaffeebohne mit dem Standard-Kaffeegeschmacksrad abgleichen, wie "Forbes" berichtet.

Felipe Ayerbe, CEO von Demetria spricht von einer "Weinisierung" des Kaffees. "Die Kaffeetrinkerinnen und -trinker von heute sind sensibilisiert für den Geschmack und das allgemeine Erlebnis, das sie suchen. Für dieses Erlebnis sind sie bereit, mehr zu bezahlen", zitiert "Forbes" Ayerbe. Das sei der Grund, weshalb es immer mehr Auswahlmöglichkeiten gäbe in Bezug auf Preis, Herkunft, Röstung, Mischung, Geschmacksmerkmale und Zubereitungen - eben genau wie bei Wein. Kaffee trinken sei inzwischen ein Erlebnis, keine blosse Nahrungsaufnahme mehr. Die wichtigste Variable bleibe aber der Geschmack.

Mit künstlicher Intelligenz will Ayerbe die Kaffeebranche von analog zu digital modernisieren. Landwirte sollen laut seiner Aussage in der Lage sein, ihre Anbaupraktiken zu steuern, um die Qualität zu optimieren. Das schaffe mehr Eigenverantwortung als das blosse Verständnis der Qualität.

Sensorischer Fingerabdruck einer Kaffeebohne

Wie "Forbes" berichtet, ist die von Demetria verwendete Sensortechnologie bereits 40 Jahre alt. In den vergangenen Jahren seien diese aber günstiger und technologisch moderner geworden, erklärt Ayerbe. Mithilfe der Cloud würden so grosse Datenmengen erfasst, gespeichert und analysiert.

Demetria verwendet laut Geschäftsführer tragbare Nahinfrarot-Sensoren (NIR), um den spektralen Fingerabdruck grüner Kaffeebohnen zu erkennen. Jede organische Verbindung im Kaffee reagiere unterschiedlich auf verschiedene Parameter des Lichtspektrums. Dadurch kann mit den NIR die gesamte chemische Zusammensetzung der Bohne wiedergegeben werden. Laut Ayerbe vereinfache diese Methode den Prozess der Geschmacks- und Qualitätskontrolle. Zuvor habe man diese Faktoren durch "Cupping" bestimmt, ein "manueller, zeitaufwändiger Prozess, der von zertifizierten Verkostungsexperten der Branche durchgeführt und anhand des branchenüblichen Verkostungsgrads gemessen wurde." Demetria hat laut "Forbes" menschliche und künstlichen Parameter kombiniert und die KI kalibriert, um einen spezifischen sensorischen "Fingerabdruck" mit einem unverwechselbaren Geschmacksprofil zu verbinden.

Eine der grössten Hürden seien subjektive Geschmacksmerkmale der Cupper gewesen. Diese müssten ganzheitlich und nicht einzeln bestimmt werden. Nur so könne das Geschmacksprofil der Kaffeebohne ermittelt werden. Ein weiteres Problem sei die Heterogenität der Kaffeebohnen. Für eine Probe müsse man daher Tausende von Scans durchführen, um auch den kleinsten Unterschied zu berücksichtigen.

Geschmacksnerven für die KI

Ausgestattet mit dem sensorischen Fingerabdruck erstellte Demetria laut "Forbes" ein Matchmaking-Profil für das kolumbianische Agrikulturunternehmen Carcafe zu einem ausgeprägten Geschmacksprofil. Die Herausforderung bestand laut Ayerbe darin, die KI so zu programmieren, dass sie einzelne Geschmacksnuancen erkennt. Für das Carcafe-Profil musste Demetria auch diverse Süssungsarten bestimmen, wie die Unterschiede zwischen Schokolade, Karamell oder braunem Zucker. Durch Unterscheidungen wie diese seien Landwirte dann in der Lage, die jeweiligen Pflanzen zu ermitteln, die genau diesem Profil entsprechen. Dadurch könnten sie den Kaffee wieder konsistent anbauen. Für Carcafe und seine Kunden bedeute das ein neues Mass an Effizienz und Transparenz.

Ayerbe sei der Ansicht, dass damit viele Variablen und Unbekannte beseitigt würden, die derzeit in der Kaffeelieferkette existierten. "Wenn man einen grösseren Teil des Prozesses kontrollieren kann, gibt es am Ende weniger fehlerhaften Kaffee. Das erhöht die allgemeine Verfügbarkeit." Er betone aber auch, dass der gesamte Prozess rund um die KI und den sensorischen Fingerabdruck der Kaffeebohne ohne die Cupper nicht möglich sei und sie eine tragende Rolle in der Entwicklung der Technologie besetzen würden.

KI in der Kaffeebranche wird aber nicht nur in Kolumbien eingesetzt. An einigen Bahnhöfen und Metrostationen in Japan und Singapur bereitet inzwischen ein Roboter-Barista den Coffee-to-go zu. Mehr dazu lesen Sie hier.

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