Heimberatung statt Laufkunden

So trotzen EP- und Euronics-Händler der Coronakrise

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Der stationäre CE-Handel hat derzeit nicht viel zu lachen: Der Shutdown geht an die Substanz. Doch findige Unternehmer lassen sich nicht so schnell unterkriegen. Zwei Händler berichten über ihren Ausnahmezustand.

Vom Shutdown infolge des Coronavirus ist insbesondere auch der stationäre CE-Fachhandel betroffen. Viele Händler mussten ihre Geschäfte vorübergehend schliessen. Dennoch sind sie weiterhin für die Kunden da. Wie beispielsweise EP-Cometti aus Mendrisio im Kanton Tessin. Cometti bietet weiterhin Reparaturen, Heimlieferung und Installationen an und berät seine Kunden per Telefon und E-Mail, wie er in einem Newsletter mitteilt. Der Newsletter wurde für den Tessiner EP-Händler zum unverzichtbaren Kommunikationsinstrument, um den Kontakt zur Kundschaft aufrechtzuerhalten. So empfiehlt Cometti seinen Kunden für die Zeit des "Quasi-Hausarrests" verschiedene Produkte, um die Zeit zuhause "so angenehm wie möglich zu verbringen". Etwa mit einem gemütlichen Kinoabend. Auch steht EP-Händlern natürlich der Onlineshop zur Verfügung, über den sie weiterhin ihr gesamtes Sortiment anbieten können.

Der Service Point von UPC in Zofingen darf noch immer öffnen. (Source: Screenshot Netzmedien)

Noch besser haben es jene Händler, die etwa als Swisscom- oder UPC-Partnershop "Verkaufsstellen von Telekommunikationsanbietern" betreiben und deshalb vom bundesrätlich verordneten Shutdown ausgenommen sind.

In diese Kategorie fallen etwa der Euronics-Fachhändler Franco König von Bolliger Hifi TV Video in Zofingen oder EP-Fachhändler Hans Peter Plüss von EP:Plüss in Safenwil. Trotzdem kämpfen sie mit den Auswirkungen der Corona-Krise. Denn auch ihr Geschäft mit der Laufkundschaft ist fast gänzlich zum Erliegen gekommen, wie beide auf Anfrage bestätigen.

UPC Servicepoint weiterhin geöffnet

Nur noch am UPC-Servicepoint, den etwa Bolliger Hifi TV Video betreibt, können Kunden König physisch konsultieren. Selbstverständlich unter Einhaltung der BAG-Richtlinien. "Wir können es sehr gut steuern, dass nur zwei Leute gleichzeitig im Laden sind. Die Vorschriften halten wir problemlos ein", sagt König. So habe man eine Türglocke montiert, einen Spuckschutz am Schalter installiert und Markierungen auf den Boden geklebt, damit die Kunden die zwei Meter Distanz einfach einhalten könnten. "Unser restliches Sortiment mussten wir absperren und wir dürfen es momentan nicht direkt aus dem Laden verkaufen", erklärt König.

In dieser Massnahme sehen er und auch Hans Peter Plüss von EP-Plüss eine Diskriminierung des stationären Handels im Vergleich zum Onlinehandel. "Die Totengräber des Fachhandels sind hier wieder im Vorteil", wettert König und meint damit die grossen E-Tailer. Denn König bezweifelt, dass diese in der Lage seien, die Bestellungen unter Einhaltung der Hygienevorschriften und mit weniger Kontaktpunkten abzuwickeln als er in seinem Ladengeschäft in Zofingen. "Wir würden uns gleichlange Spiesse wünschen." Und so vertreibt Franco König von Bolliger HiFi TV Video, wie auch andere Euronics-Mitglieder, sein Sortiment via Euronics-Onlineshop. Ebenso macht es Hans Peter Plüss von EP:Plüss.

Allerdings kämpft Plüss je nach Warengruppe auch mit der Logistikkapazität von Post und Co., wie er am Telefon erklärt. "Manchmal warte ich 10 Arbeitstage auf die Lieferung eines Brother-Druckers vom Distributor, den ich nicht direkt aus dem EP-Lager bestellen kann", beklagt sich Plüss. Die Lieferfähigkeit des EP-Lager sei da einiges besser. Ein oder zwei Arbeitstage.

Obwohl die Beratung im Laden ausfällt, bieten Bolliger und Plüss weiterhin Beratung an. Zugenommen habe etwa die Beratung, wie man ein Homeoffice einrichte, sagt König. Und auch Plüss hilft den Zuhausearbeitern durch professionelle Installation von WLAN und bei der Auswahl der richtigen Ausrüstung.

Das Team von Bolliger HiFi TV Video etwa berät die Menschen gar zuhause in den eigenen vier Wänden und installiert weiterhin. "Auch das natürlich immer unter Einhaltung von Social Distancing und den persönlichen Hygienemassnahmen", sagt König.

Nur noch vier oder fünf Kunden pro Tag

Bei EP:Plüss, der besonders stark im Mobilfunkgeschäft verankert ist, kommen pro Tag noch vier oder fünf Kunden in den Laden, wie er sagt und "ab und zu verkaufe ich über unseren echt guten Onlineshop pro Woche noch ein bis zwei Fernseher, den die Kunden dann manchmal auch direkt in unserem Lager abholen kommen."

Plüss beschreibt zudem ein interessantes Phänomen, wie sich das Durchschnittsalter bei den wenigen Kunden, die noch in den Laden kommen, entwickelt habe: "Die meisten sind 60 plus und manchmal habe ich auch richtig Alte im Laden, die an Krücken oder am Rollator gehen." Also diejenigen, die jetzt vor allem zuhause bleiben sollten, damit sie gesund bleiben und nicht wegen einer Corona-Infektion in der Intensivstationen landen.

Mitarbeitende sind weiterhin guten Mutes

Und wie steht es um die Motivation und Moral bei den Angestellten in Zeiten der Krise? "Wir versuchen das beste aus der Situation zu machen und halten uns mit Spass und Gemeinschaftssinn bei Laune", sagt König von Bolliger HiFi TV Video. Das ist auch nötig, denn die Angestellten leisten ebenso wie jene von EP:Plüss und anderen KMUs Kurzarbeit wegen Corona.

Diese Massnahme ist für die Arbeitnehmenden aber grundsätzlich eine gute Nachricht. Denn Unternehmer, die Kurzarbeit beantragen, wollen das Überleben ihres Geschäfts sichern und Entlassungen vermeiden.

Grundsätzlich sind König und auch Plüss zuversichtlich für die weitere Zukunft, wie sie sagen. "Wir hatten eine gut gefüllte Pipeline mit Projekten", freut sich König, "und wir merken auch, dass einige unserer Kunden Anschaffungen vorziehen, die sie vielleicht erst im Herbst oder zu Weihnachten hätten tätigen wollen". Warum auch warten? Ein guter Fernseher mit tollem Sound, die Sony Playstation, die Hifi-Anlage mit einem guten Kopfhörer – all das versüsst so manchem Daheimgebliebenen die Isolation.

So einfach lässt sich ein Smartphone von AGM reinigen.

Plüss sieht in der "Entschleunigung" durch die Coronakrise auch gewisse Vorteile: "Ich nutze die Zeit, um wieder einmal richtig aufzuräumen und auszumisten. Zudem habe ich meine IT aufgerüstet und nicht zuletzt kann ich nun gemütlich Inventur machen für meinen Geschäftsabschluss per 31. März. Zudem verkaufen sich auch unsere eigenen Wynn-Schutzgläser für Smartphones ganz gut, denn Projektgeschäfte gibt es immer bei den Telko-Fachhändlern. Auch die ruggadized Smartphones von AGM, deren Generalvertretung EP:Plüss für die Schweiz inne hat, verkaufen sich laut Plüss trotz (oder wegen?) Krise immer noch sehr gut. Vielleicht, weil sie unter fliessendem Wasser einfach und sauber zu reinigen sind?

"Ich bin guten Mutes, dass sich bald alles normalisiert." Und falls es noch länger dauert, hat Plüss vorgesorgt: "Ich importiere CE-geprüfte Schutzmasken aus China, die ich dann im Onlineshop anbieten werde."

Lesen Sie hier wie die Zentrale von Euronics auf die Corona-Krise reagiert und wie die Einkaufsgruppe ihre Mitglieder unterstützt.

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