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Hobbyfotografen zieht es in die Dunkelkammer

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Mit dem Handy oder der Digitalkamera ist schnell ein gutes Foto geschossen und ausgedruckt. ­Fotografiert man mit einer Analogkamera, ist der Zeit- und Arbeitsaufwand um einiges grösser. Trotzdem – oder gerade deswegen – erlebt das Fotografieren mit Film momentan ein Revival.

Samuel Trachsel von ars-imago mit einer Rolleiflex (Source: Netzmedien)
Samuel Trachsel von ars-imago mit einer Rolleiflex (Source: Netzmedien)

Dem Schweizer Kameramarkt geht es nicht gut. Seit 2012 gingen die Verkäufe in beinahe jedem Segment zurück. Im Vergleich zum Vorjahr schrumpfte der Gesamtmarkt in der Schweiz um gut 4 Prozent, wie die Marktforscher von GfK aufzeigen. 2017 ging es mit den Verkäufen um 7,5 Prozent bergab, und 2016 betrug der Rückgang gar 17,5 Prozent.

Doch ein neuer Trend hat sich auf dem Fotomarkt breitgemacht, der in der Studien nicht auftaucht: die analoge Fotografie. Immer mehr passionierte Hobby-Fotografen scheinen sich für das Fotografieren mit Film zu interessieren. "Die Nachfrage hat sich bei uns seit dem letzten Jahr etwa verdoppelt", sagt Samuel Trachsel, Mitarbeiter im Zürcher Fotofachgeschäft Ars-Imago. Das Geschäft, das zuvor bereits seit mehreren Jahren als Onlineshop existierte, steht seit rund zwei Jahren an der Badenerstrasse und bietet Liebhabern der analogen Fotografie Beratung, Kameras und diverses Zubehör. Topseller des Geschäfts: Filme für analoge Kameras.

 

"Analog hat Seele!"

Aber auch Beratung stehe hoch im Kurs: "Es kommen täglich Leute in unseren Laden, die alte Kameras in Brockenhäusern oder bei ihren Grosseltern gefunden haben und von uns wissen möchten, wie man diese bedient", weiss Trachsel. Auf die Frage, warum sich denn so viele für das Fotografieren mit Film interessieren, obwohl es mit der Digitalkamera doch viel einfacher und schneller gehe, antwortet Trachsel: "Ich glaube, genau das macht den Reiz des Fotografierens mit einer Analogkamera aus. Dass es eben etwas mehr Handwerk und Gehirnschmalz braucht." Man müsse überlegen und sich mit dem Material befassen, damit ein Bild entstehe. "Ausserdem hat jedes Foto einen eigenen Charakter – analog hat Seele!" Für Gunnar Remane, Fotograf und Dozent an der Schule für Gestaltung Zürich, liegt die Faszination fürs analoge Fotografieren im Handwerk beim Entwickeln und Vergrössern der Fotos. Dadurch erhalte man einen ganz anderen Zugang zur Fotografie, als wenn man eine Digitalkamera in die Hand nehme und die Bilder am Computer bearbeite. Remane bietet als Laborleiter in der Photobastei in Zürich seit rund drei Jahren Kurse im Entwickeln von Analogfotos an. "Das Interesse für die Kurse ist nicht riesengross, aber es wächst", verrät er. Immer öfter trauten sich auch Digital Natives ans Entwickeln in der Dunkelkammer. Im Sommer sei die Nachfrage aber etwas weniger gross, "da sind die Leute entweder draussen beim Fotografieren oder in der Badi." Gemäss Remane kann jeder lernen, seine Fotos selbst zu entwickeln. "Ich hatte auch schon Leute in der Dunkelkammer, die wenig bis keine Erfahrung im Fotografieren und Entwickeln hatten und sie haben schon nach einem Tag gute Ergebnisse erzielt."

Während die meisten Teilnehmer an den Photobastei-Kursen beim Fotografieren und Entwickeln noch etwas Unterstützung brauchen, hat es Trachsel im Ars-Imago-Shop auch mit Profis zu tun. So kauften Künstler für ihre Vorhaben im Geschäft ein und auch professionelle Fotografen griffen für private Projekte gerne zu Film und Analogkamera. Dass der Trend bald abreisst, glauben weder Remane noch Trachsel. "Analoge Fotografie wird sicher eine Nische bleiben. Das Interesse und die Nachfrage werden aber weiterhin wachsen", ist Trachsel überzeugt. Und Remane prognostiziert: "Die analoge Fotografie wird die Digitalfotografie nicht wieder einholen, aber es gibt eine immer grössere Community, die sich für analog interessiert."

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