Marktreport

Tablet-Markt schrumpft erstmals

Uhr | Aktualisiert

In der Schweiz hat der Boom-Markt Tablets einen ersten Rückschlag erlitten. Experten sind sich uneins über die Ursachen und Folgen. Der stark fragmentierte Markt dürfte weitere Schwankungen erleben.

Vergangenes Jahr hat sich Historisches ereignet, als der Schweizer Tablet-­Markt erstmals rückläufig war. Nachdem der Markt auch hierzulande stets gewachsen war, verringerte sich 2014 die verkaufte Stückzahl und damit auch der Gesamtumsatz, rechnet GfK Switzerland vor. Verkauften Schweizer Händler 2013 noch 1,187 Millionen Tablets, waren es im vergangenen Jahr 76'000 Geräte weniger. Das wirkte sich um über 50 Millionen Franken auf den Umsatz aus, der auf 415 Millionen Franken fiel. Für dieses Jahr sieht die Prognose von GfK Switzerland nochmals einen Rückgang vor. Dann würden noch 1,045 Millionen Tablets im Wert von 385 Millionen Franken verkauft.

Auch global erlebte der Tablet-Markt seinen ersten Dämpfer, seit Tablets vor vier Jahren auf den Markt kamen – jedoch erst im Schlussquartal. Der Absatz sank je nach Marktforscher unterschiedlich stark. IDC berichtet von einem Minus von 3,2 Prozent, bei Context sind es 9,2 Prozent weniger und bei Canalys sogar 12 Prozent. Die Ergebnisschwankungen kommen durch die unterschiedlichen Definitionen zustande. IDC zählt beispielsweise auch 2-in-1-Geräte dazu, sogenannte Hybridgeräte, meist mit abnehmbarer Tastatur. Dafür erfasst IDC keine Tablets unter einer Displaygrösse von 7 Zoll. Der Grat vom Smartphone zum Tablet zum Laptop ist schmal. Das könnte ein Grund sein, dass der so boomende Tablet-Markt erstmals Einbussen verkraften muss.

Das negative Schlussquartal hatte aber nur geringe Auswirkungen auf den globalen Markt. Weltweit betrachtet lief das vergangene Jahr gut für den Tablet-Handel. Im Vergleich zum Jahr 2013 wurden laut IDC über 10 Millionen mehr Tablets abgesetzt, was einer Steigerung von 4,4 Prozent auf rund 230 Millionen Einheiten entspricht.

Media Tablet oder Computing-Tablet?

Die Experten sind sich denn auch uneins, welche Ursachen und Auswirkungen die Delle in der steilen Bilanzkurve haben könnte. Gartner spricht nun von einstelligem Wachstum im laufenden Jahr, auch das wäre ein Novum im Tablet-Markt.

Die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationsforschung (GfU) erwartet zumindest für den deutschen Markt ein Wachstum in zweistelliger Höhe im laufenden Jahr. Die mobile Mediennutzung werde den Markt zusätzlich beflügeln und für weiter steigende Absätze von Smartphones, Tablets und Notebooks sorgen, heisst es als Begründung.

Ranjid Atwal, Research Director bei Gartner, sieht hingegen verschiedene Faktoren, die gegen optimistische Prognosen bei den Verkaufszahlen sprechen. So werde etwa die Lebenserwartung der portablen Geräte stets höher. "Ein weiterer Faktor betrifft den Mangel an Hardware-­Innovationen. Dieser führt dazu, dass Kunden auf ein Upgrade verzichten", sagt Atwal.

GfK Switzerland ist optimistischer. Der Marktforscher unterteilt die Gerätegattung in die Nutzungsmöglichkeiten mit den Typen Media Tablet und Computing Tablet und zählt zu beiden auch 2-in-1-Geräte. Anhand dieser Differenzierung lässt sich feststellen, dass die Nachfrage nach leistungsfähigen Tablet-Computern im vergangenen Jahr geradezu explodiert ist.

Auch in den gesättigten europäischen Märkten erzielten Tablet-Computer erstaunliche Nachfragesteigerungen im mittleren dreistelligen Bereich. Die Leistungsfähigkeit eines vollwertigen Notebooks mit der Mobilität eines Tablets und einem modernen Design habe viele europäische Konsumenten überzeugt. Trotz hoher Preise investierten sie in solche 2-in-1-Devices. In Märkten mit technisch gut ausgestatteten Haushalten erkennt GfK eine Tendenz zur Nutzungsüberschneidung verschiedener digitaler Endgeräte und Inhalte. Diese Tendenz führe dazu, dass sich die Konsumenten zusätzliche Geräte zulegten. Hingegen scheinen beispielsweise Verbraucher in Ländern mit einem geringeren technischen Ausstattungsniveau Gerätegenerationen zu überspringen und direkt in kleinere, mobile Notebooks und Tablets zu geringeren Preisen zu investieren.

Beide Aspekte spiegeln sich im europäischen Markt wieder und fördern die gesamteuropäische positive Nachfragesituation auf dem Tablet-Markt. Stabilisierende Nachfragewerte im Onlinehandel für Tablet-Computer im europäischen Markt belegen, dass diese Produkte nun im Massenmarkt angekommen sind. Laut GfK in Westeuropa mit einem Anteil von 23 Prozent. Generell verzeichnete der Onlinehandel in Europa eine stabile Nachfrage mit 25 Prozent Marktanteil im ersten Halbjahr 2014.

So sollen auch die Zahlen im Schweizer Markt nach dem Tief  2014 und 2015 wieder steigen. Zumindest für 2016 rechnet GfK Switzerland mit 1,085 Millionen verkauften Tablets im Wert von 393 Millionen Franken. Das wären immerhin 8 Millionen Franken mehr als für 2015 prognostiziert. Dafür wären einzig die Tablet-Computer verantwortlich. Während ihre Verkaufszahlen seit 2013 für steigende Umsätze sorgen, nahmen jene der sogenannten Media Tablets 2014 ab und sollen nun für zwei Jahre stagnieren. Trotzdem würden sie 2016 mit 950'000 verkauften Geräten im Wert von 285 Millionen Franken immer noch den Grossteil des Marktes ausmachen. Computing-Tablets würden dann mit 135'000 verkauften Exemplaren einen Umsatz von 108 Millionen Franken erzielen.

Kleine Player holen auf

Zwar würden Innovationen fehlen, meint Atwal. Die könnten aber schon bald kommen. Denn der weltweite Tablet-Markt ist stark fragmentiert. Die fünf grössten Player im Markt erreichen einen Anteil von 56,4 Prozent. Klar vorne ist IDC zufolge immer noch Apple mit mehr als 27 Prozent aller weltweit verkauften Tablets. Apple verkaufte 2014 aber fast 11 Millionen iPads weniger als noch im Vorjahr. Dieser Rückgang von 14,6 Prozent dürfte Apple schmerzen, auch wenn es laut Ernst & Young das wertvollste Unternehmen der Welt ist. IDC glaubt, dass sich der Hersteller mit dem iPhone 6 Plus ins eigene Fleisch schneide. Das Smartphone kommt mit dem 5,5-Zoll-Display den 7,9 Zoll des iPad Mini gefährlich nahe. Von oben greift Apple das iPad mit dem Macbook an. Deshalb glaubt IDC, dass die iPad-Nische immer kleiner und der Mehrwert für die Kunden immer weniger ersichtlich werde.

Für Samsung läuft es etwas besser, das Unternehmen hinkt aber weiterhin Apple hinterher. Der zweitgrösste Tablet-Hersteller hielt seinen Gesamtabsatz trotz Verlusten im Schlussquartal und folgt mit 17,5 Prozent Marktanteil auf Apple.

Asus reichen 5 Prozent fürs Podest, wird mit Lenovo aber von einem Senkrechtstarter bedrängt. Im Jahresvergleich legte der chinesische Hersteller um über 40 Prozent zu. Dabei wuchs sein globaler Marktanteil von 3,5 auf annähernd 5 Prozent. IDC glaubt, dass Lenovo das ideale Tablet-Portfolio biete. Alle Tablet-Grössen würden abgedeckt und sowohl Windows als auch Android unterstützt.

Amazon, mit 1,4 Prozent auf Position 5, war der grösste Verlierer 2014. Die Kindle-­Verkäufe brachen um über 66 Prozent ein, wobei das neu lancierte Fire HD wegen seines 6-Zoll-Displays nicht erfasst wurde.

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