Die Elektromobilität kommt und ist trotzdem kein Selbstläufer
Während viele EU-Länder Elektromobilität als wichtiges Puzzlestück der Energiewende sehen und den Umstieg unterstützen, tut sich die Schweiz schwer damit. Trotzdem hat sie ein dichtes Ladenetz und bewegt sich im Mittelfeld der Neuzulassungen von E-Autos. Ist die Entwicklung der Elektromobilität somit ein Selbstläufer?
Das Energiesystem in Europa befindet sich im Wandel. Die Abkehr von fossilen Energieträgern ist beschlossen. Erdöl, Kohle und Gas haben ausgedient und werden künftig weitestgehend durch Strom ersetzt. Während der Flugverkehr noch weit entfernt ist von der CO2-Neutralität, gibt es für den Strassenverkehr eine ausgereifte fossilfreie Alternative: die Elektromobilität.
Batterieelektrische Autos sind klar am ökologischsten
Aktuelle Zahlen des Paul-Scherrer-Instituts (ETH) zeigen, dass der Schadstoffausstoss eines batterieelektrischen Autos (sogenannte BEV) über den gesamten Lebenszyklus über 50 Prozent geringer ist als bei einem Benziner. Auch im Vergleich zu Erdgas oder Wasserstoff schneidet der Stromer deutlich besser ab. Dazu kommt, dass die batterieelektrischen Autos klar am effizientesten sind und somit deutlich weniger Energie verbrauchen.
Ohne Förderungsmassnahmen wird die Schweiz ihre Klimaziele bis 2050 verfehlen
Argumente für die rasche Elektrifizierung gibt es also genug. Ob der Staat mit auf das Gas- respektive Strompedal drücken müsste, ist hingegen in der Schweiz umstritten. Der Markteinstieg lief bei uns gut, zusätzliche Unterstützung schien deshalb zuerst nicht nötig. Im internationalen Vergleich kam uns zugute, dass der Markteintritt vornehmlich über hochpreisige Fahrzeuge erfolgte.
Diese Bedingungen führten zur Passivität. Aufgrund unserer Wohnsituation verfügen wir im Europäischen Vergleich über die schlechtmöglichsten Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung: Nirgends leben so viele Menschen im Mietverhältnis oder Stockwerkeigentum wie bei uns. Die Politik hat die Handlungsnotwendigkeit noch nicht anerkannt. In der vergangenen CO2-Debatte wurde jeder Gesetzesartikel mit Bezug zur Förderung der E-Mobilität zurückgewiesen. Zudem wurde auf dieses Jahr hin die Importsteuer für Elektroautos eingeführt.
Die Folgen der inexistenten Elektromobilitätspolitik sind bereits den Zulassungszahlen entnehmbar. Der Anteil an Elektroautos stagniert. Dies wird bis 2025 und der nächsten Verschärfung der Emissionsziele wohl so bleiben. Dementsprechend bleibt der Schweizer Flottenemissionswert überdurchschnittlich hoch. Mit der politischen Untätigkeit werden die Klimaziele nicht erreicht werden können.
Der Einbau von Heimladestationen muss erleichtert werden
Wer zuhause laden kann, steigt früher und einfacher auf die Elektromobilität um. Ein Rechtsvergleich zeigt, dass all unsere Nachbarn über einen Rechtsanspruch auf Heimladestationen verfügen. In der Schweiz ist die Einwilligung von Verwaltungen oder Miteigentümern noch immer unabdingbar. Die Praxis zeigt, dass dieser Umstand derzeit die grösste Entwicklungsbremse darstellt. In der Sommersession entscheidet das Parlament über den Schweizer Rechtsanspruch auf Heimladestationen. Bleibt zu hoffen, dass die Notwendigkeit der politischen Unterstützung endlich erkannt wird. Die Elektroautos kommen, die Elektrifizierung ist jedoch kein Selbstläufer.
Über Swiss eMobility
Swiss eMobility unterstützt die Schaffung der politischen und institutionellen Grundlagen für die Entwicklung der Elektromobilität in der Schweiz. Der Verband tritt für die Wahrung der Interessen seiner Mitglieder im Zusammenhang mit der Elektromobilität ein. Swiss eMobility befasst sich mit wirtschaftlichen, rechtlichen, technischen, strukturellen, ökologischen und sozialen Fragen der Elektromobilität, gibt Empfehlungen ab und trifft Massnahmen zuhanden von Behörden und Parlamenten. Zudem pflegt Swiss eMobility Kontakte mit internationalen Organisationen mit gleichen Interessen.