Mystery-Shopping

Melectronics-Mitarbeiter: "Ähm, was ist das?"

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Astrids Tochter wünscht sich einen Gimbal fürs Smartphone. Doch nicht viele Händler scheinen sich damit wirklich auszukennen. Die Mystery-Shopperin hätte nicht gedacht, dass ihr ein so kleines Gerät so viel Frust bringen würde.

(Source: Copyright (c) 2018 Fotogravidas/Shutterstock)
(Source: Copyright (c) 2018 Fotogravidas/Shutterstock)

Astrid T. braucht ein Gimbal für ihre Tochter. Die ist nämlich unter die Hobby-Content-Erstellerinnen gegangen und wünscht sich eines der Stabilisierungsgeräte fürs Smartphone, damit ihre Vlogs, Reels und Tiktoks besser und vor allem verwacklungsfrei gelingen. Da sich die Mystery-Shopperin weder mit Tiktok, geschweige denn mit Gimbals auskennt, startete ihr Shopping-Abenteuer im Internet. Dort informierte sich Astrid über die wichtigsten Merkmale der Geräte und las auch einige Testberichte. Nach ihrer Onlinerecherche wusste die Mystery-Shopperin, dass sie vor allem auf die Smartphone-Halterung achten muss, da nicht jedes Handys in jedes Gimbal passen. Zudem nahm sie sich vor, im Handel auch auf Akkulaufzeit und 3-Achsen-Stabilisierung zu achten. In allen Testberichten kamen Modelle von Hersteller DJI besonders gut weg. Gerade der OM 5 und OM 4 schienen die Tech-Journalisten und Blogger zu überzeugen. Mit ihrem frisch angeeigneten Wissen machte sich die Mystery-Shopperin auf zu Melectronics, Fust, Media Markt, Interdiscount, Digitec Galaxus und einem Fotofachgeschäft.

Melectronics

Bei ihrer ersten Station, Melectronics, erlebte Astrid auch gleich die erste Enttäuschung. In der Filiale sprach die Mystery-Shopperin einen Mitarbeiter an, der unbeschäftigt schien. Als sie ihm sagte, dass sie nach einem Gimbal suche, fragte dieser: "Ähm, was ist das?" Also erklärte die Mystery-Shopperin es ihm, so gut sie eben konnte. "Ich bin nicht sicher, warten Sie mal kurz", sagte der Mitarbeiter und machte sich auf die Suche. Astrid vermutete, dass er ein Lehrling ist oder eine Schnupperlehre bei Melectronics macht, denn er sah sehr jung und ziemlich verloren aus. Ausserdem schien ihn die Mystery-Shopperin nervös zu machen. Nach einigen Minuten erfolglosen Suchens und mehrmaligen Entschuldigens wollte sich der Mitarbeiter an einen seiner Kollegen wenden. "Ich habe keine Zeit, siehst du doch. Du musst halt warten", schmetterte ihn dieser ab. Also wartete Astrid nochmals einige Minuten, bis ein dritter Mitarbeiter auftauchte. Er wusste, was ein Gimbal ist, konnte Astrid aber kein Gerät zeigen. "Ich weiss nicht, ob wir online welche haben", sagte er. Aber Astrid wusste es, denn sie hatte sich vorab informiert und sagte dem Verkäufer auch, dass sie im Melectronics-Onlineshop Geräte gesehen habe und vor allem wissen wolle, welches denn das beste sei. Doch darauf ging der Mitarbeiter nicht ein. Stattdessen riet er ihr, eine grössere Melectronics-Filiale zu besuchen. Astrid bedankte sich und machte sich auf den Weg zu Fust.

Fust

Bei Fust setzte sich die Pechsträhne der Mystery-Shopperin fort. Hier hatte zwar direkt ein Mitarbeiter Zeit für sie, allerdings konnte er ihr auch keine Geräte vorführen. "Da haben wir leider gar nichts. Ich würde mal im Interdiscount schauen." Astrid fragte den Verkäufer trotzdem noch, ob er wisse, welche Marke besonders gut sei. "Die Gorillapods, die sind gut", sagte der Fust-Mitarbeiter. Das verwirrte die Mystery-Shopperin, denn der Name Gorilla­pod war bei ihrer Recherche nirgends aufgetaucht. Kein Wunder, denn bei den Gorillapods handelt es sich nicht um Gimbals, sondern um kompakte, flexible Stative für Handy und Kamera. Die Marke Joby, zu der die Gorillapods­ gehören, hat jedoch auch Gimbals im Sortiment. Astrid beliess es dabei und verabschiedete sich.

Media Markt

Bei Media Markt wurde Astrid endlich fündig. Der erste Mitarbeiter, den die Mystery-Shopperin ansprach, führte sie zielstrebig zu einem Regal, auf dem drei Gimbals ausgestellt waren: ein Modell von Joby, eines von Zhiyun und der OM 5 von DJI. Letzterer sei das neueste und auch leistungsfähigste der drei Geräte, erklärte der Verkäufer. Bevor die Mystery-Shopperin Fragen stellen konnte, wurden sie von einem Kunden unterbrochen, der ziemlich unzufrieden mit einem Gerät schien, das er am Vortag gekauft hatte. Es dauerte etwa zwei Minuten, bis eine Kundendienstmitarbeiterin den aufgebrachten Kunden mitnahm und sich der Verkäufer wieder Astrid widmen konnte. Er entschuldigte sich und begann damit, der Mystery-Shopperin alle Vorteile des DJI OM 5 vorzuführen, darunter den ausziehbaren Arm. Er suchte auch die Schachtel des Geräts hervor und zeigte das Zubehör, das im Lieferumfang enthalten ist, wie Standfuss und die magnetische Klammer, mit der das Handy am OM 5 befestigt wird. Laut Verkäufer ein sehr praktisches Feature, das momentan nur am OM 5 und am OM 4 SE zu finden sei. Letzteren gab es zwar nicht im Laden, der Verkäufer zeigte Astrid das Modell aber am Computer. Dort erklärte er der Mystery-Shopperin, was sie mit der zu den OM-Geräten gehörigen App alles anstellen könne. Objekttracking, Zoomen und diverse Voreinstellungen seien dort möglich. "Das ganze Konzept von DJI ist wirklich genial", war das Fazit des Media-Markt-Mitarbeiters. Abschliessend fragte Astrid noch nach der Akkulaufzeit. "Die ist bei beiden mega lang", sagte der Verkäufer. Nach kurzem Nachschlagen stellte sich heraus, dass "mega lang" ungefähr 6,5 Stunden sind. Astrid bedankte sich und machte sich auf zur nächsten Station.

Interdiscount

Nach dem positiven Erlebnis bei Media Markt war Astrid wieder guter Dinge. Allerdings nicht besonders lange, denn bei Interdiscount marschierte sie wieder in eine Gimbal-lose Filiale. "Wir haben leider gar nichts da", sagte ihr der einzige Mitarbeiter im Laden. Die Mystery-Shopperin fragte, ob er sich denn mit den Geräten auskenne. "Ja, es geht. Das sind die Dinger, wo man die Kamera dann bewegen kann, oder?", war seine Antwort. Das genügte Astrid. Sie verabschiedete sich und setzte ihre Hoffnungen auf ihren nächsten Stopp, das Foto-Fachgeschäft.

Foto-Fachgeschäft

Im kleinen Foto-Fachgeschäft war ganz schön etwas los. Vier Mitarbeitende kümmerten sich um Kundschaft. Eine fünfte Mitarbeiterin war schnell für Astrid zur Stelle. "Ein Gimbal? Ich bin nicht sicher, ob wir das dahaben", sagte sie und sah im System nach. Der Computer spuckte tatsächlich ein Modell aus: den Zhiyun Smooth 4. Also verschwand die Mitarbeiterin ins Lager, um nachzusehen, ob sie Astrid das Gerät auch direkt vorführen kann. "Ich habe ihn leider nicht gefunden", sagte sie, als sie nach rund fünfminütigem Suchen wieder auftauchte. Sie versicherte der Mystery-Shopperin aber, dass sie den Gimbal bestellen könne. Astrid erkundigte sich danach, welche Smartphone-Grössen denn für den Smooth 4 geeignet seien. Nach kurzem Nachschlagen fand die Verkäuferin eine lange Liste an Geräten, die in den Gimbal passen, darunter fast alle Samsung-Geräte und iPhones, die momentan im Handel erhältlich sind. "Aber das iPhone 11 Max passt nicht, das ist zu gross." Die Mystery-Shopperin sagte, dass sie sich gerne noch ein bisschen weiter informieren wolle. Also druckte ihr die Mitarbeiterin die Spezifikationen des Zhiyun Smooth 4 aus und sagte ihr, dass sie den Gimbal telefonisch bestellen könne. "Wenn unser Lieferant welche an Lager hat, ist er in ein bis zwei Tagen da." Astrid bedankte sich und ging zu ihrer letzten Station.

Digitec Galaxus

Im Showroom von Digitec Galaxus zog Astrid das obligatorische Ticket, kam aber sofort an die Reihe. Als sie ihr Anliegen schilderte, fackelte die Mitarbeiterin nicht lange und sagte: "Die meisten kaufen den von DJI." Gemeint war damit der OM 4 SE, den die Mitarbeiterin Astrid auf dem Computer-Screen zeigte. Auch hier fragte die Mystery-Shopperin, welche Handygrössen in das Gerät passen. Die Mitarbeiterin musste kurz nachschlagen. "Die geben keine Zoll an", sagte sie. Aber die angegebenen 6,9 bis 10 Zentimeter "müssten eigentlich für alle Handygrössen passen". Weitere Modell zeigte die Digitec-Galaxus-Mitarbeiterin Astrid nicht. Auch hier erhielt die Mystery-Shopperin einen Ausdruck des Produkts. Astrid bedankte sich und beschloss, ihre Mystery-Shopping-Tour zu beenden.

Fazit

Einen guten Gimbal beziehungsweise gutes Verkaufspersonal zu finden, das sich mit den Geräten auskennt, erwies sich als schwieriger als gedacht. Enttäuscht wurde Astrid bei Fust, Melectronics und Interdiscount. Die drei Händler hatten weder Gimbals ausgestellt, noch kannten sich die Verkäufer damit aus. Besonders viel Zeit vertrödelte die Mystery-Shopperin bei Melectronics, wo ein sehr nervöser, komplett ahnungsloser Mitarbeiter sein Bestes gab, erst selbst einen Gimbal zu finden und Astrid dann (erfolglos) an einen Kollegen zu verweisen. Im Sortiment des Foto-Fachgeschäfts gab es zwar nur ein Gerät, aber die Verkäuferin konnte Astrids Fragen dazu beantworten und offerierte ihr, den gerade nicht vorrätigen Gimbal zu bestellen. Im Showroom von Digitec Galaxus erhielt Astrid nur Auskunft zum DJI OM 4 SE, obwohl der Onlinehändler ein relativ breites Angebot an ähnlichen Geräten hat. Mit Abstand am besten beraten fühlte sich die Mystery-Shopperin bei Media Markt. Der Verkäufer dort wusste sofort, wonach Astrid suchte, zeigte ihr die im Geschäft vorhandenen Modelle und auch ein Gerät, das es gerade nur im Onlineshop gab.

Nach all den Mystery-Shoppings, anlässlich derer As­trid nichts kaufte – dieses Mal schlug sie zu! Der Osmo 4 SE von DJI sollte es sein. Aber statt noch einmal in einen Laden zu gehen, bestellte sie online bei Digitec. Zwei Stück für insgesamt 216 Franken. Von der guten Beratung her hätte es aber auch Media Markt sein können. Das nächste Mal.

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