One-to-One mit Christoph Geiselmayr

Warum das Gastgewerbe die beste Schule für den Handel ist

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Christoph Geiselmayr ist seit einem Jahr General Managing Director bei Media Markt Schweiz. Er spricht über neue Ladenkonzepte, sagt, wie Media Markt die Kundschaft stärker in den Fokus rücken will, und verrät, wie es ihn vom Gastgewerbe in die CE-Branche verschlug.

Christoph Geiselmayr, General Managing Director von Media Markt Schweiz. (Source: Netzmedien)
Christoph Geiselmayr, General Managing Director von Media Markt Schweiz. (Source: Netzmedien)

In Ihrem Linkedin-Profil steht, dass Sie die Tourismusschule gemacht haben. Wie kommt man von dort in den CE-Handel?

Christoph Geiselmayr: Ich mag das Gastgewerbe nach wie vor und liebe es, am Wochenende für meine Familie zu kochen. Aber es gibt wohl nichts Familienunfreundlicheres als die Arbeitszeiten im Gastgewerbe. Da ich relativ früh Vater geworden bin, wechselte ich die Branche. Ich bin jedoch sehr froh über meine Erfahrungen aus der Zeit. Es gibt keine bessere Schule für den Handel als das Gastgewerbe. Ich empfehle jedem, der im Handel tätig ist, mindestens eine Saison im Gastgewerbe zu arbeiten, denn dort geht es nur um den Kunden. Das beste Schnitzel oder Züri Geschnetzeltes schmeckt nicht, wenn der Kellner unfreundlich ist. Bei Media Markt haben wir uns zum Ziel gesetzt, an allen Kunden-Touchpoints "Best in Class" zu sein. Mir fällt es vermutlich leichter, diese Philosophie vorzuleben als jemandem, der diese Kundennähe nicht gewohnt ist.

Sie sind seit einem Jahr General Managing Director von Media Markt Schweiz. Wie ist es Ihnen in dieser Zeit ergangen?

Gut. Ich bin in der Schweiz angekommen und fühle mich wohl. Ich bin seit dem 1. Oktober 2020 hier und wurde von meinen Schweizer Kollegen gut aufgenommen. Im Konzern selbst bin ich schon seit 13 Jahren. Begonnen habe ich in Österreich, bin dann nach Deutschland gewechselt und bin jetzt eben in der Schweiz.

Was haben Sie hier als Erstes in Angriff genommen?

Den zuvor erwähnten Kundenfokus an allen Touchpoints. Dieser steht auch in unserer zentralen Strategie ganz oben. Dazu gehören die Kundenkommunikation, Serviceleistungen, Lieferversprechen gegenüber den Kunden etc. In puncto Serviceleistungen haben wir uns bereits weiterentwickelt, sind aber noch lange nicht am Ende mit dem Ausbau. Wir wollen der Preferred Partner für Kunden im CE-Markt sein. Die Kundschaft soll sich bei uns stets gut aufgehoben und gut serviciert fühlen.

Welchen Herausforderungen sind Sie in diesem Jahr begegnet?

Wenn man in ein neues Land geht, hat man immer eine romantische Vorstellung davon, wie es sein wird. Diese Romantik verflüchtigte sich aber in Zeiten von Corona schnell. Es war eine Herausforderung, das Team während Homeoffice-Pflicht und sechs Wochen Lockdown kennenzulernen, gerade für jemanden wie mich, der sehr gerne nahe mit Menschen arbeitet.

Wie war die Umstellung auf die Schweiz/den Schweizer Markt?

Es ist ein grosser Unterschied, wenn man aus Österreich oder aus Deutschland kommt, wo Media Markt die klare Nummer eins ist. Der Schweizer Markt ist sehr kompetitiv. Hier geht es nicht nur um den Preis. Die grösste Herausforderung besteht darin, herauszufinden, welche Leistungen man für den Kunden erbringen kann und wo man besser sein muss als die Mitbewerber, um nicht immer auf den Preis reduziert zu werden. Allgemein sind die Durchschnittspreise in der Schweiz deutlich höher. Das gilt allerdings nicht für unsere Branche. Einen Fernseher bekommen Sie heute günstiger in der Schweiz als in anderen Märkten. Ich habe dazu einmal den sehr treffenden Satz gehört: "Der Einzelhandel ist das Paradies der Schweiz, nur nicht in unserer Branche."

In Deutschland sollen bei Media Markt und Saturn bis Herbst 2022 rund 1000 Stellen gestrichen und mehrere Filialen geschlossen werden. Wird es solche Massnahmen auch in der Schweiz geben?

Stand heute gibt es bei uns keine Ladenschliessungen. Aber auch wir optimieren unser Businessmodell. Es ist kein Geheimnis, dass sich der Verkauf von klassischen physischen Ton- und Filmträgern reduziert. Wenn Sie meinem 17-jährigen Sohn eine CD oder DVD in die Hand drücken, dann weiss er nicht, was er damit machen soll. Dem tragen wir Rechnung, indem wir unsere Flächenkonzepte entsprechend anpassen und teilweise auch Fläche reduzieren. In Zukunft werden wir sogar mehr Standorte benötigen, allerdings in anderen Flächenkonzepten.

Wie sehen diese Flächenkonzepte aus?

Hinter dieser Strategie stecken vier Store-Formate: Das grösste davon ist das Lighthouse-Konzept. Es betrifft Märkte ab 5000 Quadratmeter. In diesen wollen wir für den Kunden Erlebnisshopping bieten. Man soll sich dort beispielsweise vor den Computer setzen und Games und Gaming-Equipment selbst ausprobieren können. Zudem wollen wir dort mit Shop-in-Shop-Lösungen arbeiten, um die Brands der Hersteller sichtbarer zu machen. Dann gibt es das Core-Format. Dazu zählen momentan rund 90 Prozent unserer bestehenden Märkte, denn es betrifft Formate ab 1500 Quadratmeter. Das Smart-Konzept sind kleine Läden um die 200 Quadratmeter mit einem sehr starken Fokus auf Service. Dort wollen wir vor allem Sofort-, Express- und reguläre Reparaturen anbieten. Und dann gibt es noch das Express-Format. Dort finden Kunden auf rund 700 Quadratmetern ein Topseller-Sortiment und ein erweitertes Basissortiment. Auch das Express-Format wird stark auf Services ausgerichtet sein.

Christoph Geiselmayr, General Managing Director von Media Markt Schweiz. (Source: Netzmedien)

Wie steht es um Umbaupläne für bestehende Märkte?

Hier ist in den vergangenen zwei Jahren schon sehr viel passiert. Wir hatten schlicht zu viel Fläche. Schweizweit 10 oder 15 Läden mit mehr als 3000 Quadratmetern zu unterhalten, ergibt heute keinen Sinn mehr. Als es das Internet beziehungsweise den Onlinehandel noch nicht gab, war es eine tragende Säule, das breiteste Sortiment zu haben. Mittlerweile ist das grösste Sortiment sowieso digital, egal wo. Wir haben zwar noch immer den Anspruch, ein breites Sortiment zur Schau zu stellen, aber das geht auch auf 900 Quadratmetern. Umgebaut wird bei uns eigentlich dauernd. Erst kürzlich war der Markt in Chur an der Reihe. Die umgebauten Märkte sind besser strukturiert und die Kunden finden die einzelnen Abteilungen und auch ihre Ware einfacher.

Als Grund für die Massnahmen in Deutschland gab Media Markt eine starke Verlagerung zu Onlineeinkäufen an. Wie sieht es da momentan in der Schweiz aus?

Natürlich hat das Onlinegeschäft durch Corona einen speziellen Push erhalten, der sicherlich nachhaltig ist. Allerdings wird sich das Verhältnis von Online- und stationärem Einkaufen wieder auf ein gewisses Mass einpendeln.

Welche Massnahmen haben Sie ergriffen, um mehr Kundschaft in die Läden zu holen?

Wir haben immer wieder Pick-up-Aktionen durchgeführt, zum Beispiel mit unseren Pick-up-Days. Dabei können Kunden online bestellen und ihre Ware dann im Markt abholen. Dieses Angebot wollen wir auch weiterentwickeln. Kunden sollen ein Produkt, das im jeweiligen Markt an Lager ist, online bestellen und innerhalb von 30 Minuten abholen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Konzept in den nächsten Monaten umsetzen können.

Wie steht es um die Arbeitsstellen in der Schweiz?

Auch bei uns hat sich die Anzahl Mitarbeiter leicht reduziert. Das geschah aber in erster Linie durch natürliche Fluktuation. Diese Entwicklung ist auch nicht nur der Verlagerung zu mehr Onlineeinkäufen oder Umsatzeinbrüchen geschuldet, sondern dem, dass wir gewisse Arbeitsprozesse optimiert haben. So haben wir etwa auf elektronische Preisschilder umgestellt. Während andere Retailer tagtäglich neue Preisschilder drucken, ausschneiden und anbringen, können wir diese nun digital ausspielen.

Wie sind Ihre Erwartungen für das Geschäftsjahr 2021?

Wir haben das diesjährige Geschäftsjahr bereits abgeschlossen und ich bin zufrieden. Grundsätzlich haben wir das, was wir erreichen wollten, auch erreicht.

Seit dem 1. März 2021 hat Media Markt Schweiz mit Harald Huber einen neuen Finanzchef. Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden?

Hervorragend - und das sage ich jetzt nicht nur, weil jemand von der Presse hier ist. Natürlich war der Abgang von Erich Zollinger schwierig. In der Schweiz gab es auf der Landesgeschäftsführer-Ebene viele Wechsel, daher bin ich sehr froh, dass wir mit Harald Huber jemanden aus den eigenen Reihen für die Funktion gewinnen konnten. Das signalisiert auch den Mitarbeitenden eine gewisse Stabilität.

In der Pressemitteilung zu Ihrem Stellenantritt hiess es, dass Media Markt die Führungsstrukturen über alle Länder hinweg vereinheitlichen möchte. Dazu gehört das Unterteilen der Geschäftsführung in Sales, Commercial und Finance.

Genau, wir sind in der Schweiz allerdings einer der wenigen Standorte, die von zwei Geschäftsführern geleitet werden. Ich leite die Bereiche Sales und Commercial und Harald Huber eben den Bereich Finance. Ich bin sehr froh, dass wir in den Directory Boards fachlich sehr kompetente Leute haben, auf die ich setzen kann. So ist es durchaus möglich, diese beiden Bereiche gleichzeitig zu verantworten.

Was planen Sie als Nächstes für Media Markt Schweiz?

Natürlich wollen wir unser Konzept weiterentwickeln, gerade auch im Onlinebereich. Hier werden wir einen Marktplatz direkt auf unserer Plattform eröffnen, wie man das bereits von einigen anderen Anbietern kennt. Zudem werden wir unsere Website überarbeiten, um sie nutzerfreundlicher zu gestalten. Dazu gehört unter anderem das Implementieren von Quick-Checkouts. Im nicht-digitalen Bereich haben wir vor Kurzem unser "Passion4Customer"-Programm lanciert. Dabei handelt es sich um ein Schulungsprogramm sowohl für unsere Mitarbeitenden in den Märkten als auch für diejenigen hier in der Zentrale. Denn da müssen wir als Erstes ansetzen: bei der absoluten Kundenorientierung. Das Schulungsprogramm soll uns dabei helfen, unserem Anspruch stets "Best in Class" zu sein, gerecht zu werden. Weiter sind wir jetzt in der Autorisierungsphase als Apple-Reparaturpartner. Ich gehe davon aus, dass wir die Zertifizierung bald erhalten werden, um bei allen Apple-Geräten in unserem Sortiment auch Originalreparaturen anbieten zu können. Gerade in der Schweiz, wo Apple-Produkte sehr weit verbreitet sind, ist das ein wichtiger Service für unsere Kunden.

persönlich

Christoph Geiselmayr (47) ist seit dem 1. Oktober 2020 General Managing Director von Media Markt Schweiz und in dieser Funktion gleichzeitig für Sales und Commercial verantwortlich. Er kam 2009 als Marktgeschäftsführer zu Media Markt Saturn Österreich und wechselte im Mai 2016 als Vertriebsleiter in die österreichische Hauptverwaltung. Ab 2019 war er Vertriebsleiter Saturn bei Media Markt Saturn Deutschland. Geiselmayr ist Vater von drei Kindern und hat eine 23-jährige und 12-jährige Tochter und einen 17-jährigen Sohn. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie, ausserdem ist Geiselmayr bekennender Fussballfan. (Quelle: Media Markt)

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