Sony World Photography Awards 2021

Mexikanische Fotografin erhält Award für herausragende Leistungen

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von Niara Sakho und lha

Der Sony World Photography Award 2021 geht an die renomierte mexikanische Fotografin Graciela Iturbide. Sie gilt weithin als die grösste lebende Vertreterin der lateinamerikanischen Fotografie.

Graciela Iturbide, Self Portrait In The Country, 1996 (Source: Sony)
Graciela Iturbide, Self Portrait In The Country, 1996 (Source: Sony)

Die mexikanische Fotografin Graciela Iturbide wird mit dem Sony World Photography Award für herausragende Leistungen für die Fotografie geehrt, wie die World Photography Organisation mitteilt. "Es ist für mich eine grosse Freude und Ehre, diesen Preis zu erhalten. Diese Art von Anerkennung ist ein enormer Ansporn zum Weiterarbeiten. Alles, was ich in meinem Leben fotografiert habe, hat meinen Geist erfüllt und mich dazu bewegt, den Prozess stets aufs Neue zu wiederholen", sagt Iturbide zur Annahme des Awards. "Die Fotografie hilft mir zu verstehen, was ich sehe, wofür ich lebe und was ich fühle, und sie ist ein guter Vorwand, um die Welt und ihre Kultur kennenzulernen."

25 Bilder aus Iturbides Werken werden in einer virtuellen Ausstellung präsentiert, die ab dem 15. April auf der Website der World Photography Organisation zu sehen ist. Die Auswahl, hat die Fotografin selbst getroffen. Die Ausstellung umfasst bedeutende Meilensteine und Themen aus ihrer fünf Jahrzehnte währenden Karriere. Darunter sind auch einige ihrer bekanntesten Arbeiten wie "Nuestra Señora de las Iguanas" (Unsere Liebe Frau der Leguane) und "Mujer ángel" (Engelsfrau) zu sehen. Iturbide gilt weithin als die grösste lebende Vertreterin der lateinamerikanischen Fotografie. Ihr Werkkatalog ist eine fotografische Dokumentation Mexikos seit den späten 1970er-Jahren und wird als entscheidender Beitrag zur visuellen Identität des Landes gerühmt.

Graciela Iturbide, Nuestra Señora de las Iguanas, Juchitán, México, 1979 (Source: Sony)

Ihre facettenreiche Bildsprache

In Bildern, die das tägliche Leben und die Alltagskultur, aber auch Rituale und Religion darstellen, erkundet Iturbide die zahlreichen Komplexitäten und Widersprüche ihres Landes, hinterfragt dessen Ungleichheiten und hebt die Spannungen zwischen Stadt und Land, Moderne und Indigenität hervor. So beschreibt Sony Schweiz die Fotografien der Künstlerin. Ihre Arbeiten gehen über rein dokumentarische Narrative hinaus und möchten poetische Visionen vermitteln, mitgeprägt von den persönlichen Erfahrungen und Reisen der Fotografin.

Graciela Iturbide

Iturbide wurde 1942 in Mexiko-Stadt als älteste von 13 Geschwistern in eine traditionell katholische Familie geboren. Die Heranwachsende bewunderte die Amateurfotografien ihres Vaters und hütete sorgsam die Schachtel, in der die Familienfotos aufbewahrt wurden. Mit 20 Jahren heiratete Iturbide und wurde Mutter von drei Kindern. Erst im Alter von 27 Jahren, entschied sie sich, ihren künstlerischen Leidenschaften nachzugehen, und schrieb sich am Filmzentrum der Universidad Nacional Autónoma de México ein. Dort studierte sie bei dem Meister der Moderne Manuel Álvarez Bravo, der später ihr Mentor wurde, und beschloss, sich der Fotografie zuzuwenden. Als sie 1970 auf tragische Weise ihre sechsjährige Tochter Claudia verlor, wurde die Fotografie zu einer Form der Therapie für sie.

Kurz darauf wurde Graciela Iturbide Álvarez Bravos Assistentin und begann, ihn auf seinen Reisen durch Mexiko zu begleiten. Sie wurde von Bravos Interesse an indigenen Gemeinschaften und von seiner Philosophie stark beeinflusst, die vom mexikanischen Zeitgefühl geprägt war, bekannt als "Hay tiempo" – „Es ist genügend Zeit. Diese Denkweise, die in der mexikanischen Kunst und Literatur allgegenwärtig ist, half Iturbide, ihre eigene fotografische Sprache zu entwickeln. In den späten 1970er-Jahren wurde Iturbide zu einer der zentralen Figuren einer wachsenden Bewegung lateinamerikanischer Fotografinnen und Fotografen, die sich zusammen taten, um die visuellen Identitäten ihrer Länder von den Blicken ausländischer Fotografen "zurückzuerobern". 1978 wurde Iturbide vom Ethnographischen Archiv des Nationalen Instituts für indigene Völker in Mexiko beauftragt, im Rahmen einer umfassenderen Initiative zur Wiederbelebung der indigenen Kulturen die indigene Bevölkerung des Landes zu fotografieren. In Zusammenarbeit mit dem Anthropologen Luis Barjau beschäftigte sich Iturbide eingehend mit der Gemeinschaft der Seri-Indianer, lernte ihre Bräuche kennen und dokumentierte ihre Lebensweise, mit besonderem Augenmerk auf ihre erzwungene Anpassung an den Kapitalismus.

Heute zählen die Fotoreportage über die Seri sowie eine spätere über die Zapoteken in Juchitán zu Iturbides bekanntesten Arbeiten. Die Fotografin versuche nicht, ihre Themen zu exotisieren, ihre Bilder vermitteln die Sichtweise einer Person, die ihre eigene Kultur verstehe und würdigen möchte. Abgesehen von Aufnahmen indigener Völker in Mexiko umfasst die Auswahl für die virtuelle Ausstellung auch Bilder von Iturbides Reisen nach Italien, in die USA und nach Indien. Diese Fotos fokussieren auf die Welt der Natur und sind geprägt von Iturbides Faszination für deren innewohnende Symbolik und Spiritualität.

Mehr zu den Finalistinnen und Finalisten des World Photography Awards, lesen Sie hier.

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