Schweizer Accessibility-Studie

Nur ein Viertel der Schweizer Onlineshops sind barrierefrei

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Die aktuelle Schweizer Accessibility-Studie hat sich in Zeiten des E-Commerce-Booms auf Onlineshops konzentriert. Dabei stellt sich heraus, dass Menschen mit Behinderung beim Onlineshopping auf teilweise unüberwindbare Hindernisse stossen.

(Source: Mathew Garoffolo / Unsplash)
(Source: Mathew Garoffolo / Unsplash)

Durch die Coronakrise boomt der Onlinehandel dieses Jahr. Einkaufen im Internet ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Deswegen fokussiert sich die aktuelle Schweizer Accessibility-Studie der Stiftung "Zugang für alle" auf dieses Thema. Abgesehen von den Testresultaten zeigt die Studie auch, wie man Onlineshops barrierefrei gestaltet. Zudem wurden eine Accessibility-Checklist und ein Accessibility Developers Guide veröffentlicht.

Die Schweizer Accessibility-Studie wurde bereits zum fünften Mal durchgeführt. Ausser dem nötigen Fachwissen besitzen mehr als die Hälfte der Experten von "Zugang für alle" als Menschen mit Behinderungen auch über persönliche Erfahrungen mit den potenziellen Barrieren im Web. Von Januar bis März 2020 testeten die Studienherausgeber 41 Onlineshops privater und öffentlicher Anbieter. Die Prüfung basierte auf den international anerkannten Richtlinien für barrierefreie Webinhalte WCAG 2.1.

Schlechter Befund für Onlineshops

Im Test wurde eine Gesamtbeurteilung erstellt. In dieser werden die Shops von 1 - sehr schlechte Barrierefreiheit - bis zu 5 - sehr gute Barrierefreiheit - charakterisiert. Zudem haben die Studienautoren die gravierendsten Mängel notiert, die ihnen beim Testen aufgefallen sind. Denn eine Durchschnittsbewertung von 5 heisst nicht, dass die Website komplett barrierefrei ist. Es können immer noch Mängel bestehen, die das Einkaufen verunmöglichen, aber im Schnitt nicht so hoch gewichtet werden.

Ein grosser Teil der Onlineshops kommt im Test nicht gut weg. Nur knapp ein Viertel der getesteten Plattformen ist für Menschen mit Behinderung gut oder sehr gut nutzbar. Von diesen 10 Onlineshops erhält nur der Besucherparkkarten-Shop der Stadt Bern die bestmögliche Bewertung. 17 weitere Onlineshops wurden mit 3-3,5 bewertet. Dies heisst, dass die Tester sie als teilweise nutzbar sehen. Hier sind die Barrieren so hoch, dass der Kaufabschluss erschwert oder gar verunmöglicht wird. Mehr als ein Drittel der Onlineshops wurde mit 2,5 oder tiefer bewertet. Was heisst, dass 14 der getesteten Onlineshops Behinderte von der Nutzung ausschliessen.

(Source: Zugang für alle)

Was solche Barrieren für die User bedeuten

Die Studie nennt auch Beispiele, um darzustellen, was die Bewertung in der Praxis heisst. Der Onlineshop von Ikea hat demnach eine Bewertung von 4 Punkten erhalten. Der Shop und die Suchanfragen sind mit assistierenden Geräten problemlos zu bedienen. Aber PDF-Dateien wie Montageanleitungen, die Ikea zu fast jedem Produkt anbiete, haben Barrieren. Screenreader können sie beispielsweise nicht lesen.

Ein Shop, der den Kaufabschluss erschwert, ist der von Swisscom mit einer Bewertung von 3 Punkten. Ein Captcha, eine Aufgabe, die Menschen von Maschinen unterscheiden soll, verhindert die Nutzung des Shops für Personen, die auf einen Screenreader angewiesen sind. Die Bedienung vom Onlineshop von Globus ist mit einem Screenreader ebenfalls schwierig. Die Auswahl wird mit bunten Quadraten gefiltert. Da der alternative Text fehlt, liest der Screenreader nicht vor, was die Auswahlmöglichkeiten bedeuten. Ausserdem sei der Kontrast schlecht, was es Sehbehinderten erschwert, die Quadrate zu erkennen.

Der Onlineshop von Digitec gehört mit einer Bewertung von 2,5 Punkten zu den Onlineshops, die Menschen mit Behinderung von der Nutzung ausschliessen. Die Registrierung ist mit dem Screenreader nicht bedienbar. Auswahloptionen wie "Versand" sind für behinderte Tastaturnutzer nicht bedienbar. Zudem können daueranimierte Inhalte wie der Liveticker den Einkauf für Menschen mit kognitiver Behinderung oder Aufmerksamkeitsdefizit erschweren oder gar verhindern.

Die Verteilung nach bewerteter Kategorie (Source: Zusammen für alle)

Die Shops der öffentlichen Verwaltung liegen vorne

Die genannten Shops weisen nicht alle Barrieren auf, die es beim E-Commerce gibt. Denn diese sind vielfältig. Bei der Produktbeschreibung können beispielsweise mehrere Barrieren entstehen. Wenn ein Produkt nur durch ein Video erklärt wird, das über keine Untertitel verfügt, fehlen hörbehinderten Menschen Informationen, die sie zum Kauf benötigen. Andererseits sind komplexe Sprache und Struktur in der Produktbeschreibung ein Problem für Menschen mit einer kognitiven Behinderung.

In der Rangliste sind die Shops der öffentlichen Verwaltung weit vorne. Es fällt auch auf, dass die Onlineshops der privaten Unternehmen besser abschneiden, wenn sie im internationalen Raum tätig sind. In anderen Ländern wird die Accessibility stärker reguliert und die Sensibilisierung auf das Thema Barrierefreiheit ist grösser.

Gute Accessibility ist ein Vorteil für alle

Die Anbieter von Onlineshops sind also gefordert, die Barrierefreiheit zu verbessern. Die Studie hält fest, dass sie davon nur profitieren können. Denn durch einen barrierefreien Onlineshop erreichen die Betreiber Menschen mit Behinderung und vergrössern so ihren Kundenstamm. Aber auch die allgemeinen Nutzererfahrungen werden durch einen barrierefreien Onlineshop verbessert. Denn viele dieser Barrieren stellen auch Abbruchpunkte für Menschen ohne Behinderung dar.

Die Rangliste

(Source: Zugang für alle)

Rund die Hälfte der in Schweizer Onlineshops angebotenen Produkte wird nachhaltig produziert. Das sagen die Onlinehändler in einer Erhebung, die im Rahmen eines Forschungsprojekts der HSLU und der HWZ im Auftrag der Post durchgeführt wurde. Nachholbedarf gibt es beim Versand der Artikel. Mehr zum Thema erfahren Sie hier.

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