Verkaufsförderung für Fachhändler, Teil 3: Der Wandel

Der Wandel zum Käufermarkt als Geburtsstunde der VKF

Uhr | Aktualisiert
von Fedja Haueter, Sellnova

Die Verkaufsförderung (VKF), wohl eine der dynamischsten Erscheinungen in der Entwicklung des Marketings in den letzten 70 Jahren. Doch woher kommt sie, wie wurde sie geprägt und wohin kann sie unsere Geschäfte führen – "Return on Investment" oder nur ein weiteres schwarzes Loch für das Marketing-Budget?

In der letzten Ausgabe haben wir uns unter anderem mit den Zielkonflikten in der Zwangsgemeinschaft zwischen Hersteller und Handel beschäftigt. Es ging darum, die Grenzen und negativen Auswirkungen durch eine Reduktion der Verkaufsförderung (VKF) auf Massnahmen in der Preispolitik aufzuzeigen. Dabei entwickelte die VKF in ihrer Entstehungsgeschichte und den Entwicklungen im Markt­umfeld enormes Potenzial.

In der Nachkriegszeit lag auf der Seite der Hersteller der Fokus klar auf der Leistungserbringung. Die Beschaffung der knappen Rohstoffe und die rasche Vergrösserung der Fertigungskapazität bildeten die grössten Herausforderungen. Die sogenannten Konsumwogen (Nahrungsmittel, Bekleidung, Einrichtung, Mobilität) kennzeichneten den gros­sen Nachholbedarf, der sich in den Kriegsjahren anstaute. In praktisch allen Branchen herrschte der Verkäufermarkt. Doch bereits gegen Ende der 50er-Jahre war ein Wandel feststellbar. Das Angebot nahm schneller zu als die Nachfrage. Im Mittelpunkt stand nicht mehr die Frage, wie Hersteller genügend Produkte fertigen, sondern wie sie diese an die Konsumenten bringen können. Das Machtverhältnis kippte auf die Seite der Konsumenten, der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt war besiegelt. Überangebote durch intensiven Wettbewerb, gesättigte Märkte und veränderte Kaufgewohnheiten waren schon damals zu beobachten. In diesem Umfeld wurde die VKF geboren. Zwei kolossale Entwicklungen, die Globalisierung und die Digitalisierung, beflügelten das heute vorherrschende Wirtschaftssystem der kapitalistischen Marktwirtschaft und eröffneten ungeahnte Möglichkeiten für die VKF.

Innovationen und der Angebot-Nachfrage-Zyklus

Die Situation des Käufermarktes ist heute in vielen Industrien und Märkten die Regel, aber niemals stetig. Hersteller verlassen gesättigte Märkte, in denen ein Preiszerfall stattfindet, oder sie sterben darin. Totgesagte Märkte lassen sich durch diesen Angebotsrückgang und einer wieder wachsenden Nachfrage wiederbeleben. So entsteht ein Zyklus, in dem sich Angebot und Nachfrage hinterherjagen. Daneben gibt es immer noch wahrhafte Innovationen, die uns begeistern und eine breite Masse dazu verleitet, ein gewisses Produkt zu erwerben. Weiter gibt es auch überlegt agierende Unternehmen, die übersichtliche Innovationen gut verkaufen und geschickt am Markt agieren. So halten sie die Nachfrage, das Preisniveau und die Marge ihrer Produkte auf hohem Niveau und bestimmen den Markt als Verkäufer weitgehend.

Innovationen und das Pingpong zwischen Angebot und Nachfrage beherrschen unsere Märkte mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Evolution des Marketings nimmt an vielen Fronten seinen Lauf. Der Konsument steht immer mehr im Mittelpunkt, was Stossrichtungen wie 360-Grad-­Marketing oder Shopper-Marketing belegen. Die VKF lässt sich als weitere solche Stossrichtung betrachten. Auch wenn sie in vielerlei Ausprägungen schon geschichtsträchtig ist, wird sie durch jede soziologische und technologische Entwicklung neu erfunden und erweitert.

Auf zu neuen Ufern

In der CE-Branche zeichnet sich in vielen Teilmärkten eine Sättigung ab oder ist bereits Realität. Das Überangebot führt zu Preiszerfall, die Geschichte nimmt ihren bekannten Lauf. Nun kann ein Hersteller oder Händler weiterziehen oder seine Produktionsstätten und Verkaufslokale früher oder später schliessen. Wer nichts unternimmt, muss wohl Letzteres tun. Also bleibt nur das Weiterziehen. Dies muss nicht bedeuten, sein Kerngeschäft komplett aufzugeben. Im Gegenteil wäre dies wohl sogar ein Fehler. Vielmehr sollten weitere Standbeine dazukommen. Dies kann zum einen mit der Erweiterung des Produktportfolios oder des Dienstleistungsangebots geschehen. Beides bedingt allerdings den Aufbau von Kompetenzen, was wohl mit die grösste Hürde darstellt und einer der Hauptgründe ist, dass diese eigentlich bekannten Entwicklungsschritte so spärlich umgesetzt werden. Gerade der Aufbau eines Dienstleistungsangebots bietet aus meiner Sicht riesiges Potenzial. Hier ist die Nachfrage klar vorhanden, doch ein qualifiziertes Angebot nur rar zu finden. Solch eine Neuorientierung kann und muss nicht von heute auf morgen geschehen. Ein Marketingplan ist eine wichtige Stütze, um Ziele zu definieren. Darin enthalten ist immer auch die VKF und erhält dabei eine grösser werdende Bedeutung.

In der nächsten Ausgabe widmen wir uns der Ausarbeitung eines VKF-Konzepts und tauchen in die Welt der Mittel und Massnahmen ein.

Persönlich

Fedja Haueter, mit Bachelor-Abschluss in Business Administration, war seit der Hochbauzeichner-Lehre
in der CE-Branche im Trade beziehungsweise Retail Marketing tätig. Auf sieben Jahre bei Sony Schweiz, wo er als Promoter, Trainer und Schulungsleiter arbeitete, folgten bis April 2015
sechs Jahre bei Samsung Schweiz, wo er auch eine Schulungsabteilung auf­baute. Zeitweise verantwortete Haueter auch die personalgestützte Promotion und das Merchandising. Seit Mai 2015 ist Haueter Geschäftsführer und Teilhaber der Sellnova AG, die Dienstleistungen rund um die Verkaufsförderung anbietet. 

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