Besuch im Handel

Mystery-Shopping: Smart schlägt Technik

Uhr | Aktualisiert

Fernseher sind die wichtigsten Umsatzträger im CE-Geschäft, aber die Margen werden immer dünner. Wie also besteht der Fachhandel gegenüber grossen Discountern in dieser Paradedisziplin? CEtoday ging ein Jahr nach der letzten TV-Stoppingtour mit der professionellen Mystery-Shopperin Astrid T. wieder los.

Astrid T. braucht eigentlich keinen neuen Fernseher. Aber die Angebote der Discounter sind dermassen verführerisch, dass sie sich überlegt, zu ihrem erst einjährigen TV noch einen weiteren zu kaufen. Dieses Jahr dürfte es für die gleichen 2000 Franken wohl einen Grösseren oder einen besser Ausgestatteten geben.

Vor einem Jahr standen Samsung-Fernseher hoch im Kurs bei den Verkäufern, die alle genügende Noten erzielten. Die bekannten Klischees bestätigten sich: Der Fachhandel überzeugte damals mit Dienstleistungen und die Discounter mit Kampfpreisen. Was ist seither geschehen? CEtoday begleitete Astrid auf ihrer Shoppingtour, die sie zu Melectronics, Media Markt, Interdiscount, Euronics-Interfunk- und EP-Fachhändler führte.

Die erste Station war eine gut besuchte Melectronics-Filiale. Nach kurzer Wartezeit fragte ein älterer, freier Verkäufer nach Astrids Wünschen. Aha, ein neuer Fernseher. "Schauen Sie nur Filme, oder wird der Fernseher auch anderweitig genutzt?" – "Naja, die Kinder spielen damit auch auf der Playstation", war Astrids Antwort. "Dann ist ein Gerät mit mindestens 400 Hertz Pflicht", sagte er, begleitete sie zur Fernsehwand und steuerte zum Samsung-3-D-Smart-TV UE-50F6740. Der wurde auf der ersten Seite des Melectronics-Prospekts zum Aktionspreis von 1499 Franken feilgeboten; plus Samsung-Soundbar HW-F350 gratis dazu. Zur Technik des LED-LCDs schwieg sich der Verkäufer aus. Falls die verbesserten Smart-TV-Funktionen nicht so wichtig seien, würden auch ältere Modelle völlig ausreichen. Schliesslich riet der Verkäufer: "Warten Sie am besten noch zwei Wochen, dann kommen die neuen Preislisten mit massiv günstigeren Preisen." Wenig überraschend: Astrid ging mit leeren Händen aus der Melectronics-Filiale.

Fernsehwand-Panorama

Nächste Station war Media Markt. In der kundenfreien Fernsehabteilung fand Astrid einen Verkäufer vor, dem sie ihre Wünsche auftrug. Der Verkäufer mittleren Alters empfahl ihr an der Fernseherwand das 47-Zoll-LED-LCD-Modell KDL-47W807A von Sony. Er sprach etwa die Übertragung mit NFC an und erklärte die LCD-LED-Edge-Technologie. Andere Modelle seien gleich teuer und nicht besser. Zudem sei das Modell von Sony brandneu und nur noch diese Woche zum Aktionsangebot von 1699 Franken erhältlich. Dazu gäbe es einen Gutschein im Wert von 200 Franken. Als Astrid sich nach kommenden Technologien wie brillenlosem 3-D erkundigte, geriet der Verkäufer ins Schwärmen: "Das wird erst nächstes Jahr so weit sein, zuvor kommen noch diesen Herbst gestochen scharfe OLED-Displays und 4K-Auflösung, was für brillenloses TV Voraussetzung ist. Bis diese Geräte bezahlbar sind, dauert es aber noch drei Jahre." Astrid bedankte sich für die rund siebenminütige Beratung. Weiter ging ihre Shopping-Odyssee zu einem gut besuchten Interdiscount.

Dort fand Astrid nach kurzer Wartezeit eine junge Verkäuferin vor und erklärte ihre Wünsche. Auch diesmal gingen sie zur Fernsehwand. Die Verkäuferin empfahl den 3-D-Smart-TV UE-46F7080 mit 46-Zoll-Bilddiagonale für 1899 Franken. "Ich habe das ältere Modell zuhause stehen und bin glücklich damit", sagte sie mit leuchtenden Augen. Sie erklärte die LED-LCD-Technologie, sagte, dass die Smart-TV-Funktionen jetzt noch besser seien, führte die Gestensteuerung vor und drückte Astrid die Fernbedienung in die Hand. Astrid konnte die Begeisterung der Verkäuferin spüren, mit der sie über ihren Fernseher berichtete. Astrid verabschiedete sich nach rund zehnminütiger Beratung, um ihre Tour im Fachhandel fortzusetzen.

Zeit für Services

Das Schaufenster des EP-Fachhändlers zeigte B&O und Loewe-TVs – eigentlich zu teuer für Astrids Budget. Der Laden war klein, ordentlich und übersichtlich sortiert. Eine junge Frau begrüsste Astrid herzlich. Sie fragte nach Astrids Wünschen und ging schnurstracks auf die ausgestellten B&O-TVs zu. "Nein, nein, B&O ist mir zu teuer", sagte Astrid. Daneben standen Loewe-TVs, die ihr vom Design her gefallen hätten, aber mit 4000 Franken für den 46-Zöller zu teuer waren. Ob sie keine Samsung-TVs hätten, fragte Astrid. "Nein, Samsung führen wir nicht. Wir haben mit dem Reparaturservice schlechte Erfahrungen gemacht. Kunden raten wir von der Marke ab."

Was denn mit diesen Panasonic-Fernsehern hinten an der Wand sei? Panasonic hätten sie zur Abrundung des Sortiments. Ob es denn ein Plasma- oder ein LED-LCD sein solle? Die meisten Kunden würden sich für LED-LCDs interessieren, sagte die Verkäuferin, doch der Plasma habe das bessere Bild. Das Bild dieses TX-P50VTW60 mit 50-Zoll-Display sei zwar etwas grösser als das von Astrid favorisierte 46-Zoll-Bild, doch das Gehäuse des Gerätes sei kaum grösser als ihr jetziger Fernseher. Während des gesamten Gespräches hatte Astrid keine Gelegenheit, ihre Preisvorstellung zu äussern. Die Verkäuferin erzählte auch kaum etwas von technischen Features, nur, dass das Gerät eine Bildwechselfrequenz von 3000 Hertz für ein flackerfreies Bild biete. Warum das Bild dann dennoch flackere, fragte Astrid. Das sei wegen der Leuchtstoffröhren der Ladenbeleuchtung. Zuhause würde das Gerät nicht flackern und ein gestochen scharfes, kontrastreiches Bild zeigen, wie es halt nur ein Plasma könne. Für einen guten Ton brauche es idealerweise ein Home-Cinema-System. Das Gerät interessierte Astrid. Sie fasste Mut und fragte nach dem Preis: 2817 Franken – deutlich über ihrem Budget. Doch sie war beeindruckt von der angenehmen, unaufdringlichen rund 30-minütigen Beratung und vom Service: Der Händler würde nach Hause liefern, installieren, Sender programmieren, Funktionsweise erklären und auch das alte Gerät mitnehmen; für pauschal 190 Franken. Hier würde Astrid gerne kaufen. Doch noch nicht heute.

Die nächste Station: ein Euronics-Interfunk-Fachhändler. Im kundenleeren Laden stand ein junger Verkäufer hinter der Kasse, der viel Zeit hatte für Astrid. Ganze 30 Minuten beriet er sie, nachdem sie ihre Wünsche geäussert hatte. Er fragte, wofür der Fernseher gedacht sei und zeigte ihr ein Panasonic-Modell namens Smart Viera 3-D-Full-HD-LED-LCD ETW Series für 1917 Franken. Mit einer Garantieverlängerung von zwei auf sechs Jahre kämen 245 Franken dazu. Panasonic biete das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, sagte er auf die Frage, ob weitere Geräte in dieser Preisklasse empfehlenswert seien. Und LED-LCDs seien mittlerweile besser als die Plasma-Technik. Eine Begründung zu dieser Behauptung gab es allerdings nicht. Überhaupt ging er wenig auf technische Aspekte ein. Der Verkäufer pries stattdessen das Design des Fernsehers und erklärte Smart-TV-Funktionen. Dass die Beratung so lange dauerte, lag auch daran, dass er mehrmals für längere Zeit in einen Nebenraum ging, um bei einem Arbeitskollegen nachzufragen. Schliesslich kam ein älterer Verkäufer hinzu und drängte zum Kaufabschluss, nicht ohne mögliche Zusatzverkäufe wie ein Soundsystem zu vergessen. Astrid bedankte sich für die ausgiebige Beratung und beendete ihre Shoppingtour.

Ihr Fazit fällt zwiespältig aus. Die Klischees bleiben. Der Discounter trumpft mit Aktionspreisen und der Fachhandel überzeugt mit Dienstleistungen und guter Beratung. Im Gegensatz zu vergangenem Jahr geizte der Fachhandel aber mit technischen Details und stellte Smart-Funktionen und Bildqualität in den Vordergrund. Standen damals vor allem Samsung-TVs in der Gunst der Verkäufer, wurden Astrid nun auch Sony- und Panasonic-Geräte angeboten.

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