Besuch im Handel

Mystery-Shopping: "Nokia-Handys sind besser"

Uhr | Aktualisiert

Astrid T. sucht ein Handy als Kameraersatz. Doch kann eine Handykamera überhaupt einen adäquaten Ersatz für einen "richtigen" Fotoapparat darstellen? CEtoday begleitete Astrid auf ihrer Mystery-Shopping-Odyssee.

Neben Samsung- und Sony-Handys ist Microsofts Lumia 930 beliebt im Handel. (Quelle: Microsoft)
Neben Samsung- und Sony-Handys ist Microsofts Lumia 930 beliebt im Handel. (Quelle: Microsoft)

Astrid T. verreist schon bald in die Sommerferien. Die Vorfreude auf Meer, Sonne und Freizeit ist gross, deshalb will sie nichts dem Zufall überlassen und plant alles genauestens. Entsprechend reibungslos scheint auch ihre Reisevorbereitung zu verlaufen. Nur etwas fehlt: eine Kamera, damit sie die schönsten Momente festhalten und auf Facebook mit anderen teilen kann. Eine Kamera sollte also unbedingt dabei sein, wären da nur nicht die Platzprobleme. Nur schon für die Kleider dürfte es eng im Koffer werden, befürchtet sie. Und ausreichend Platz für Souvenirs und neue Kleider sollte schliesslich auch noch bleiben.

Also spielt Astrid mit dem Gedanken, statt einer Spiegelreflexkamera ein neues Handy zu kaufen. Das ist sowieso ihr ständiger Begleiter und braucht auch nicht viel Platz, so Astrids Gedankenspiel. Dafür müsste aber die integrierte Kamera im Smartphone ein vergleichbares Resultat wie eine günstige Spiegelreflexkamera liefern. Denn sollte das nicht der Fall sein, würde sie erst in den Ferien feststellen, dass die Qualität der Handyfotos ungenügend ist und sich ärgern, dass sie keine neue Kamera gekauft hat. Die Erinnerung an die schönsten Ferienmomente wären ihr durchaus einen gewissen Geldbetrag wert.

Ihre Frage lautet also, ob Smartphones mittlerweile wirklich ein Kameraersatz sein können – und zwar auch bei schlechten Lichtverhältnissen. Dies sollte ihr der Handel beantworten. Astrid machte den Praxistest und ging kurz vor Ferienbeginn in Begleitung von CEtoday auf Mystery-Shopping-Tour, die zu Digitec, Media Markt, zwei Mobiltelefon-­Fachhändlern, Mobilezone sowie zum EP- und Euronics-Fachhändler führte.

Media Markt

Zuerst ging es zum gut besuchten Media ­Markt. Hier hätte Astrid entsprechend lange auf einen freien Verkäufer warten müssen. Doch nach einer Weile riss ihr der Geduldsfaden und sie entschied sich, einen freien Verkäufer am Orange-Desk anzusprechen. Astrid fragte: "Ich suche ein Handy mit einer guten Kamera als Kameraersatz. Welches Gerät können Sie mir empfehlen?" Darauf stellte der Verkäufer die Gegenfrage: "Mögen sie Samsung?" Ohne Astrids Antwort abzuwarten, erklärte er, dass der Hersteller mit seinem Topmodell Galaxy S5 die beste Handykamera liefere. Er führte Astrid die Zoomfunktion vor, lobte die Bildqualität und erwähnte Funktionen wie die Serienaufnahme. Zudem eigne sich das Handy perfekt für den Einsatz am Strand, da es wasserdicht bis zu 2 Meter Tiefe sei. Den Vergleich mit einer Kamera vermied er jedoch, weshalb Astrid nachhakte. "Aber ist das Bild denn wirklich vergleichbar mit dem einer Digitalkamera?", stellte Astrid die Kardinalfrage. Da stutzte der Verkäufer. Statt die Frage zu beantworten, erwähnte er das ältere Galaxy-Modell Zoom mit aufgesetztem Objektiv, das speziell für Fotografie ausgelegt wurde. Über das Gerät könne er aber nichts sagen, es sei derzeit nicht am Lager. Der Verkäufer wollte das Gespräch mit einem Vertragsabschluss beenden und sagte: "Aber neben dem Galaxy Zoom ist auch das S5 fantastisch", worauf er einen 200-Franken-Rabatt erwähnte, falls sie sich sofort für Orange entscheide. Astrid bedankte sich und wimmelte den Verkäufer ab, indem sie sich bereit erklärte, Orange-Prospekte mitzunehmen.

Digitec

Die nächste Station, Digitec, war schlechter frequentiert als der Media Markt. Doch obwohl Astrid die einzige Kundin im Laden war, zog sie geflissentlich eine Nummer. Gleich darauf blinkte ihre Nummer auf, worauf sie zum Verkäufer schritt, der hinter dem Kassentresen auf sie wartete. Astrid fragte erneut: "Ich suche ein Handy mit einer guten Kamera als Kameraersatz. Welches Gerät können Sie mir empfehlen?" Die Antwort des Verkäufers kam wie aus der Pistole geschossen: "Nokia". Er nutze selbst ein Nokia-­Handy und outete sich auch offen als Fan der Marke, die neu zu Microsoft gehört. "Nokia-Handys machen mit Abstand die besten Bilder", urteilte er und ging sogar so weit, zu behaupten, dass die Qualität besser als bei den meisten Digitalkameras sei. Empfehlenswert sei etwa das Lumia 1020 mit sagenhaften 41 Megapixeln, Bildstabilisator und mehr. Schon bald komme aber das Modell Lumia 930 mit fast so guter Kamera, besserem Prozessor und besserem Stabilisator auf den Markt. Es biete zudem mit Windows Phone ein einzigartiges, neues Betriebssystem. Der Verkäufer bemerkte: "Auf Dauer sind Android und iOS doch langweilig." Er schritt hinter dem Kassentresen hervor, zeigte Astrid die ausgestellten Nokia-Handys und drückte ihr eines zum Ausprobieren in die Hand. Bevor er sich verabschiedete, meinte er, Astrid solle doch in zwei Wochen nochmals kommen, um auch das neue Lumia 930 auszuprobieren. Astrid hatte genug gehört, Smartphones können es also allemal mit herkömmlichen Kameras aufnehmen oder diese sogar übertreffen, wie der Digitec-Verkäufer versicherte.

Mobiltelefon-Fachhandel 1

Als Nächstes versuchte Astrid ihr Glück im auf Mobiltelefonie spezialisierten Fachhandel. Dieser könnte ihr bestimmt noch detailliertere Auskunft geben, hoffte sie. Dort empfiehl ihr der Verkäufer ebenfalls das Lumia 930. Das neue Betriebs­system Windows 8.1 sei zwar ein bisschen komplizierter als ­beispielsweise Android, dafür sei die Kamera fantastisch. Selbst bei schlechten Licht­verhältnissen mache diese noch sehr gute ­Bilder. Auch Sony  entwickle ansprechende Handykameras, wobei der Verkäufer auf das Flaggschiff-Modell Z2 verwies. Dessen Kamera komme auch an "normale" Digitalkameras heran. Die würden heutzutage zwar das Doppelte an Pixeln im Vergleich zu den 20 Megapixeln  der Smartphone-Kamera bieten, aber das Ergebnis sei klar zu vergleichen. "Lassen Sie sich vom Displaybild nicht täuschen", sagte er, "das Foto sieht auf dem PC noch viel besser aus." Nun war Astrid überzeugt vom Smartphone als Kameraersatz, wollte sich aber doch noch eine weitere Fachmeinung einholen.

Mobiltelefon-Fachhandel 2

Im nächsten Mobiltelefon-Fachhandel empfahl ein Verkäufer auf Anfrage wiederum Samsungs Galaxy S5 oder Sonys Xperia Z2.  Er präsentierte die beiden Modelle, die eine vergleichbare Kamera böten, favorisierte aber das Samsung-Handy, das er auch selbst nutze. Der Verkäufer erwähnte technische Spezifikationen wie 16 Megapixel, den Bildstabilisator, die spezielle Linse und einen "sehr schnellen Autofokus". Auf die Frage, ob die Smartphone-Kameras denn vergleichbar mit Kompakt- oder Spiegelreflexkameras wären, sagte er überzeugt: "Das sind sie natürlich nicht. Noch lange nicht. Es ist schlicht unmöglich, in ein so kleines Gerät die gleiche Technologie wie in eine richtige Kamera zu stecken." Der Verkäufer riet zur professionellen Kamera, falls Astrid mit der Belichtung spielen oder die Bilder bearbeiten wolle. Für Facebook und Co. würden aber die Kameras der genannten Smartphone-Modelle allemal ausreichen. Astrid war perplex, hatte ihr dieser Verkäufer doch das genaue Gegenteil dessen erzählt, was ihr zuvor von den beiden anderen Verkäufern erklärt wurde. Irgendwie schien ihr ­dieser nun aber glaub­würdiger zu sein. Auch sie konnte sich nicht vorstellen, dass die gesamte Technik, die in einer Kamera steckt, in einem Mobiltelefon Platz findet. Kommt dazu, dass dieses ja noch Platz für Mobilfunktechnologie und mehr braucht.

Mobilezone

Also musste sie sich eine weitere Meinung einholen. Mobilezone sollte sie überzeugen. Dort wurde Astrid erneut Samsungs Galaxy S5 oder ein be­liebiges Nokia-Handy empfohlen. Der Verkäufer war ebenfalls überzeugt: "Ein Handy kann niemals eine Fotokamera ersetzen." Langsam, aber sicher kam Astrid zum Schluss, dass das Smartphone wohl doch kein so guter Kameraersatz bei schlechten Lichtverhältnissen sein könne.

Euronics-Fachhändler

Diesen Eindruck wollte sie sich vom Fachhandel bestätigen lassen. Beim Euronics-­Fachhändler wurde sie von einer Art "Re­zeptionistin" hinter einem Tresen ohne Kasse begrüsst. Astrid trug erneut ihr Anliegen vor, worauf die "Rezeptionistin" nach einem Verkäufer rief. In der Zwischenzeit erklärte Astrid, dass sie sich auch für ­eine Kamera entscheiden würde, sollte die Qualität der Smart­phone-­Kamera ungenügend sein. Doch als der Verkäufer erschien, fragte seine Kollegin hinter dem Tresen lediglich, ob sie Smartphones führen. "Nein", antwortete der Verkäufer, "das führen wir nicht." Enttäuscht verabschiedete sich As­trid und ver­suchte es im nahegelegenen EP-Fachhändler.

EP-Fachhändler

Doch auch hier erklärte ihr eine junge Verkäuferin, dass sie keine Handys führten. Obwohl Astrid darauf hinwies, dass sie sich auch für eine Kamera interessiere, verwies sie die Verkäuferin auf den Orange- oder Swisscom-Shop um die Ecke.

Fazit

Astrid beendete ihre Mystery-Shopping-­Tour ohne Kaufabschluss. Zu verwirrt war sie, ob Smartphones als Kameraersatz ausreichen. Der Handel konnte ihr nicht weiterhelfen, die Lager sind geteilt. Zwei rieten zum Smartphone, während zwei Verkäufer die Qualität von Smartphone-Kameras für professionelle Ansprüche infrage stellten. Enttäuscht war Astrid von Media Markt und dem Fachhandel. Während bei Media Markt nicht auf den Kameravergleich eingegangen wurde, nahm sich der Fachhandel nicht einmal Zeit für eine Bedarfsabklärung. Dann hätten diese bemerkt, dass Astrid durchaus Interesse an einer Kamera gezeigt hätte. Stattdessen brillierten die auf Mobiltelefonie spezialisierten Händler.

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