Planertag 2020

Altbauten und fossile Heizungen vs. Klimaneutralität

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Am 10. März hat der 15. Schweizer Planertag stattgefunden. Zahlreiche Referenten kamen nach Brugg, um über Energieeffizienz und Klimaziele zu informieren. Die meisten von ihnen waren sich einig: Die Schweiz ist auf einem guten Weg, zu tun gibt es trotzdem noch einiges.

Der 15. Schweizer Planertag stand ganz im Zeichen von Energieeffizienz und Klimaneutralität. "Wir stehen einer gewaltigen Herausforderung gegenüber", sagte der erste Redner des Tages, Kurt Bisang, Stellvertretender Leiter Energieeffizienz & erneuerbare Energien, Leiter Geräte & wettbewerbliche Ausschreibungen, UVEK, Bundesamt für Energie. "Wenn wir so weiter machen wie bisher, würde der CO2-Ausstoss in den nächsten Jahren stark ansteigen." Um einen nachhaltigen Weg zu gehen, brauche es vor allem Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Auch wenn einen der Blick auf aktuelle Studien zu Emissionen laut Bisang hoffnungslos stimmen kann, gibt es einen Lichtblick: Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden – auch in der Schweiz.

Gebäude tragen hierzulande zu den CO2-Emissionen bei. "Wir haben immer noch einen grossen Bestand an fossilen Heizungen", sagte Bisang. Wenn die Schweiz ihre Klimaziele bis 2050 erreichen wolle, dürften ab 2030 keine fossilen Heizungen mehr installiert werden. Um CO2-Emissionen im Gebäudebereich zu reduzieren, brauche es nicht nur Vorschriften, sondern auch finanzielle Anreize. "Ausserdem sind Sie jetzt gefragt", sagte Bisang zum Publikum. "Es braucht Fachkräfte, die sich mit den Produkten und Möglichkeiten auskennen und dabei mithelfen, die breite Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren."

Sabine Suler von der Hochschule Luzern, Kurt Bisang vom Bundesamt für Energie, Matthias Möller vom Kanton Zürich, Jürgen Ragaller vom Kanton Luzern und Stefan Mennel von der Hochschule Luzern (v.l., Source: Netzmedien)

Der Wechsel zur Wärmepumpe ist ökonomisch vertretbar

Etwas genauer auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen von Schweizer Gebäuden ging Sabine Sulzer, Leiterin Wissens- und Technologietransfer der koordinierten Energieforschung an Gebäuden und Arealen (SCCER FEEB&D), Studiengangleiterin Energy and Environmental Systems Engineering an der Hochschule Luzern, ein. Laut Sulzer gibt es viele Beispiele klimaneutraler Gebäude in der Schweiz. Nicht gerade umweltschonend sind Altbauten. Wie Sulzer an einer Grafik zeigte, emittiert ein nicht-sanierter Altbau pro Jahr ungefähr 10 Tonnen CO2 pro Quadratmeter. Saniere man die Gebäudehülle, verringerten sich die Emissionen um 6,6 Tonnen. Würde dann noch die Ölheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt und das Gebäude mit Solarstrom versorgt, lägen die Emissionen nur noch bei etwas mehr als 0,5 Tonnen CO2 pro Jahr und Quadratmeter.

"Diese Massnahmen sind auch ökonomisch vertretbar", sagte Sulzer. Ersetze man eine Ölheizung durch eine Wärmepumpe, seien die Investitionskosten zwar am höchsten, allerdings seien die Betriebskosten verglichen mit einer Ölheizung gering. "Dasselbe gilt bei Photovoltaik." Ölheizungen und Gasheizungen sind der Studiengangleiterin momentan der grösste Dorn im Auge, wenn es um den CO2-Ausstoss geht. "Im Neubau-Bereich gehen wir in die richtige Richtung", sagte sie. Hier würden nur noch selten solche Heizungen eingebaut.

Folgende Punke gehören laut Sulzer zu den grössten Hürden im Bereich klimaneutrale Gebäude:

  • Gebäudeeigentümer haben ein mangelndes Verständnis betreffend des Renovationspotenzials und warten mit der Erneuerung bis zum Ausfall.

  • Installateuren fehlt oft die globale Renovationsperspektive für ein Paket von Massnahmen.

  • Anbieter sehen sich oft mit dem Problem konfrontiert, dass standardisierte Massnahmenpakete schwer zu integrieren sind.

  • Facilitatoren mit Gesamtüberblick zur Koordination der einzelnen Akteure fehlen oft.

  • Garantien sind oft fragmentiert und es gibt keine Gesamtgarantie.

  • Es gibt Risiken und Unsicherheiten betreffend Paybacks von Investoren.

Umweltschonende Energie ist ein Konfliktherd

Auf das Thema Hindernisse kam auch Matthias Möller, Abteilungsleiter Energie, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft beim Kanton Zürich, zu sprechen. Er bezeichnete umweltschonende Energie als "Problemkind". So zeigten sich hier viele Interessenskonflikte: Der Gewässerschutz verbietet teils Erdsonden. Luftreinhaltung und Holzheizungen sind sich feind. Die Angst vor Erdbeben verhindert den Fortschritt in der Geothermie. Lärmschutz ist ein grosses Thema bei Luftwasserwärmepumpen. "Sie sehen es ist ein grosser Strauss an Konflikten, die es bestmöglich zu bewältigen gilt", sagte Möller.

Thomas Brack, Spitaldirektor vom Spital Limmattal, der von seinen Erfahrungen beim Neubau des Spitals Limmattal berichtete, sieht noch ein weiteres Hindernis, wenn es ums nachhaltige Bauen geht: "In allen hochtechnologisierten Branchen sehe ich ein Problem", sagte er. "Leute, die dort arbeiten, haben eine technische Ausbildung und zum Teil nicht die Fähigkeit, sich mit dem Kunden auszutauschen und zu verstehen, was er eigentlich braucht." Er appellierte damit in erster Linie an die Ausbildung der Planer.

Während der Pausen konnten sich die Besucher an einigen Ständen über Angebote im Gebäudetechnik- und Energiebereich informieren. (Source: Netzmedien)

Das digitale Abbild der Stadt Zürich

Am Nachmittag erwarteten die Besucher drei Foren zu den Themen Innovation und Nachhaltigkeit im Planungs- und Bauprozess, Warmwasser und Energie und Effizienz. Zu den Rednern in ersterem zählten Christian Hürzeler, Projektleiter, Amt für Städtebau, Zürich und Robert Urbanek, Architekt, Amt für Hochbauten, Stadt Zürich. "Wussten Sie, dass die Stadt Zürich ein digitales Abbild hat, also einen digitalen Zwilling?" fragte Hürzeler das Publikum. Das digitale Abbild der Stadt sei durch eine Anhäufung digitaler Zwillinge unterschiedlicher Bauprojekte entstanden. Urbanek und Hürzeler sprachen darüber, wie die Stadt Zürich AR, VR und Digital Twins in der Planung und im Städtebau einsetzt. Laut Hürzeler gibt es für diese Zwillinge "Anwendungsbeispiele wie Sand am Meer". Bei der Städteplanung, der Polizei, im Sicherheitsbereich, in der Archäologie, im Hoch- und Tiefbau, sowie bei Projekten rund um Umwelt und Klima kommen oder könnten sie zum Einsatz kommen.

Christian Hürzeler, Projektleiter, Amt für Städtebau, Zürich und Robert Urbanek, Architekt, Amt für Hochbauten, Stadt Zürich (v.l., Source: Netzmedien)

Ausgerüstet mit App und VR-Brille ist es der Stadt Zürich heute möglich, detaillierte Modelle für unterschiedliche Bauprojekte in die echte Umgebung einzubetten. Der Vorteil daran: Dinge, die sich an Gipsmodellen nur schwer darstellen lassen, wie beispielsweise der Schattenwurf eines Gebäudes bei unterschiedlichem Sonnenstand, können simuliert werden. "AR erweitert die Beurteilungsmöglichkeiten eines Modells", sagte Urbanek. Ausserdem sinke die Hemmschwelle bei Passanten. "Sie fragen häufig, was wir da machen und wollen auch selber durch die Brille schauen."

Weiter bot der Nachmittag eine Plattform für vier Schweizer Start-ups, die sich mit Nachhaltigkeit und umweltfreundlicher Energie beschäftigen. Marloes Fischer, Präsidentin und Gründerin, Madaster Switzerland, zeigte auf, wie ihr Unternehmen Materialien registriert, um eine ressourcenschonende Planung zu erlauben. "Abfall ist einfach Material ohne Identität. Deshalb möchten wir Material eine Identität geben", sagte sie. Der Geschäftsführer von Smart Energy Link, Tobias Stahel zeigte auf, wie sich unter anderem mit Hilfe von Photovoltaik ein Netto-Null-Gebäudepark bauen lässt. Pascal Kienast ist COO und Co-Funder von Clemap. Er thematisierte, wie sich Energiedaten in Zukunft messen lassen. "Wir haben das Gefühl, dass das Potenzial der Energiedaten heute gar nicht ausgenutzt wird", sagte er. So würden 90 Prozent der Energiedaten momentan noch manuell erfasst. Der Vierte im Bunde war Patrik Kuster, Leiter Vertrieb bei LEDCity. Das Unternehmen fokussiert sich laut Kuster auf die Reduktion der Energieverschwendung durch Licht. Die Lichtsteuerung optimiere LEDCitiy mit Sensorik und Automatisierung.

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