"Ich bin natürlich kein Internet-Hasser"
Foto Video Zumstein am Casinopatz in Bern blickt auf bald 80 Jahre Unternehmensgeschichte zurück. 1936 gründete Leo Zumstein das Unternehmen. Heute führt es Markus Säuberli. Wie viele andere Fachhändler steht auch Säuberli den Entwicklungen durch den Internethandel kritisch gegenüber. Er sieht für die Fotobranche jedoch auch einige Chancen, die es zu nutzen gilt.










2007 haben Sie die Foto Video Zumstein AG gekauft. Wie kamen Sie dazu?
Markus Säuberli: Ich bin seit 37 Jahren in der Branche tätig und habe eigentlich nie etwas anderes gemacht. Nach meiner Ausbildung wurde ich mit 19 Jahren Filialleiter bei der Foto Ruckli AG und war später während 16 Jahren Geschäftsführer und Partner der Photo Vision AG in Biel. Während all diesen Jahren träumte ich aber immer davon, irgendwann einmal ganz selbstständig zu werden. 2007 habe ich mir diesen Traum dann erfüllt.
Foto Video Zumstein blickt auf mehr als 70 Jahre Unternehmensgeschichte zurück. Wie hat sich das Geschäft im Laufe der Zeit und nach Ihrer Übernahme verändert?
Zumstein ist ursprünglich aus dem Fotolaborbereich entstanden und war zunächst als grosses Laborunternehmen ausgerichtet. Der Hardwarebereich kam erst nach und nach dazu. 2005 wurde der Laborbereich allerdings an die Bildwerk AG hier in Bern ausgelagert. Als ich dann vor sieben Jahren das Geschäft von Beat Zumstein kaufte, merkte ich relativ schnell, dass wir das "Klumpenrisiko" Hardware auf verschiedene Standbeine verteilen mussten. Darum stellte ich zügig einen hauptamtlichen Kursleiter ein. Durch modular aufgebaute Fotokurse und den Verzicht auf Freelancer kommen unsere Kursteilnehmer so immer zum gleichen Kursleiter und es entsteht sehr enger Zusammenhalt. Die Astroabteilung, die Zumstein 1994 ins Leben rief, konnten wir ebenfalls übernehmen und weiter ausbauen. Im Untergeschoss des Gebäudes haben wir heute einen grossen Showroom mit über 30 ausgestellten Teleskopen. Dazu kommt ein Grossraumfotostudio, das vor dem Kauf fremdvermietet war. Wir haben es zurückgenommen und nutzen das Studio jetzt selbst.
Dank des Profistatus bei Canon und Nikon, können wir inzwischen auch Profifotografen eine gute Basis bieten. Im Videobereich halten wir ebenfalls den Profistatus von Canon und Sony und haben eine Profi-Videoabteilung gegründet. Und vor etwas mehr als einem Jahr haben wir Zumirent.ch auf die Beine gestellt. Über das Portal vermieten wir alles, was man für professionelle Fotografie und Videoaufnahmen benötigt. Wichtig ist für uns aber auch das Geschäft mit Occasionen. Ich glaube für jemanden der nur Hardware verkauft, wird es in den nächsten Jahren wirklich schwierig werden. Durch die Marktsättigung, durch Smartphones, durch den Preisveriss – man kann ja eigentlich nichts mehr verdienen, wenn Kunden die Dienstleistungen nicht werten und nur die Preise mit dem Internet vergleichen. Wir versuchen uns mit unserer breiten Aufstellung dagegen abzusichern.
Bei so vielen Abteilungen benötigen Sie doch sicher auch eine Menge Personal?
Ja das ist wohl der einzige Wermutstropfen dabei. Wir haben insgesamt 15 Mitarbeitende. Wenn man das Ganze immer mit dem gleichen Personal machen könnte, wäre das natürlich wesentlich interessanter.
Wie haben Sie den Wechsel zur Digitalfotografie erlebt?
Als ich den Laden übernahm, war er noch eher weniger auf digital getrimmt. Das ist aber ein Stück weit typisch für ältere Geschäfte in der Branche. Und auch auf Herstellerseite konnte man das ja beobachten. Kodak zum Beispiel versuchte lange die Digitalfotografie zu verhindern und schauen Sie, wo Kodak heute steht. Die meisten Händler haben aber schnell bemerkt, dass sie keine Filme mehr verkaufen, keine Entwicklungen mehr machen und die Kunden auch nicht mehr drei Mal pro Woche in den Laden kommen. Wenn man sich nicht anpasst, kommen die Kunden dann irgendwann gar nicht mehr. Darum hat man doch relativ schnell den Betrieb auf digital umgestellt. Wichtig dabei ist vor allem sehr gut geschultes Personal, das die Unterschiede darlegen kann. Da jeder Hersteller X-Kameras hat, die mitunter sehr nah beieinander liegen. Das Geheimrezept vom Fachhändler ist deshalb meiner Meinung nach auch langfristig noch die Fachkompetenz.
Aber kommen Kunden heute nicht schon mit sehr viel Vorwissen in den Laden?
Ja, viele Kunden kommen heute zu uns und wollen ihre selbst erarbeiteten Informationen mit der Realität abgleichen. Sie wollen oftmals nur die Kamera schnell in die Hand nehmen und wissen, wie sie sich anfühlt und wie schwer sie ist. Danach gehen sie wieder, weil sie sich sämtliche anderen Informationen ja schon erarbeitet haben. Dieser Beratungsdiebstahl hat in den letzten Jahren stark zugenommen und ist ein ernstzunehmendes Problem. Hier muss der Verkäufer wirklich fähig sein, die Kunden mit zusätzlichen Informationen zu binden. Und das ist es auch, was wir in Bezug auf unser Gesamtkonzept versuchen. Denn der Kunde ist heute weitgehend autark. Er kauft die Kamera, eine Speicherkarte und vielleicht noch einen Zusatzakku. Danach sieht man ihn im Prinzip nicht mehr, bis er wieder etwas Neues benötigt. Die Herausforderung in allen Bereichen ist es, Stammkunden zu mobilisieren.
Und wie sieht es mit der Konkurrenz im Internet aus?
Ich bin natürlich kein Internet-Hasser. Wir profitieren bis zu einem gewissen Grad sogar vom Internet. Wir verkaufen beispielsweise unsere Occasionen übers Internet und können so auch unsere Ladenhüter loswerden. Aber ich sehe ein grosses Problem: Das Internet hat eine unglaubliche Dynamik, die selbst die Lieferanten nicht mehr beherrschen können. Am meisten Sorgen bereitet mir die dabei Wertvernichtung. Im Internet werden Produkte zu Preisen verkauft, die in vielen Fällen unter unseren Einkaufspreisen liegen. Wenn ich das jemandem erzähle, glauben mir das die wenigsten. Es ist aber leider die traurige Realität. Es findet einfach keine Wertschöpfung mehr statt. Trotzdem glaube ich, dass sich die Branche wieder beruhigen wird. Die Marktsättigung ist inzwischen so gross, dass die Nachfrage nach Fotoapparaten immer weiter zurückgehen wird. Das heisst, dass auch Internethändler weniger verkaufen werden und deshalb vielleicht das Interesse an der Fotobranche mit der Zeit ein wenig verlieren. Wir hatten in diesem Zusammenhang den Vorteil, dass wir die Schweizer Generalvertretung für B.I.G. übernehmen konnten. So konnten wir uns ein weiteres Standbein als Distributor aufbauen. Inzwischen beliefern wir 15 Händler und führen mehr als 1000 Produkte, die wir bei uns im Keller am Lager haben. Zudem sind wir Exklusiv-Händler für Samyang Objektive. Grundsätzlich denke ich, dass es heute so viele Möglichkeiten gibt, dass sich jeder Detailhändler einfach überlegen muss, wie und wo er etwas exklusiver werden kann.
Ihr Laden ist am Casinoplatz in Bern an einer zentralen und exponierten Lage. Profitieren Sie davon spürbar?
Wir haben eine gute Frequenz durch den öffentlichen Verkehr. Zudem ist direkt unter unserem Haus ein Parkhaus mit 400 Plätzen. Und es ist natürlich sensationell, wenn man dem Kunden sagen kann, dass die nächste Parkmöglichkeit direkt unter unserem Haus liegt. Das ist eine grosse Chance für uns, "frisches Blut" in den Laden zu holen. Über die 77 Jahre Unternehmensgeschichte hat sich aber auch eine mehr als solide Basis von Stammkunden angesammelt. Obwohl diese Stammkundschaft zwar langsam älter wird, sehe ich doch immer wieder auch junge Gesichter bei uns im Laden und das gibt mir eine gewisse Ruhe.
Stichwort junge Generation: Bilden Sie auch Lehrlinge aus?
Wir beschäftigen in jedem Lehrjahr Auszubildende. Kürzlich haben wir unser Fotolabor im Parterre entfernt. Die Lernenden führen jetzt das Parterre als Lehrlingsbetrieb. Aktuell könnte man wohl noch Geld verdienen mit einem Labor, aber in fünf Jahren sicher nicht mehr. Urlaubsbilder landen heute schon überwiegend auf Facebook und Schnappschüsse werden via Whatsapp geteilt. Die Lehrlinge betreuen das Geschäft im Parterre eigenständig und versuchen sich an Crossover-Konzepten. Wir haben zum Beispiels ab und zu auch mal Kopfhörer im Sortiment oder mal ein DAB+-Radio. Wir wechseln da jedoch häufig. Ich finde wenn man auf Crossover setzt, muss das mit einer gewissen Frequenz verbunden sein.
Sehen Sie eine Bedrohung in den immer besser werdenden Handy-Kameras?
Handys sind die schwarzen Wolken, die ich seit vier Jahren am Horizont aufziehen sehe. Man hofft immer, dass in letzter Minute der Wind dreht und die Wolken fort bläst. Doch Foto und Video sind inzwischen essenzielle Bestandteile des Handys. Die Qualität der Geräte wird zudem immer besser. Und das vor allem durch Rechenleistung. Es heisst zwar immer, dass die Objektive besser werden müssen, ich glaube aber, dass in ein paar Jahren Objektive eine untergeordnete Rolle spielen werden. Der Computer hinter der Linse rechnet alles Störende raus. Bildrauschen wird in einigen Jahren kein Thema mehr sein. Objektivqualität wird dann einfach durch mehr Rechenleistung erreicht. Dennoch sehe ich Vorteile an dem Ganzen. Es haben nämlich noch nie so viele Leute fotografiert wie heute. Von 100'000 Handy-Fotografen werden ein paar Hundert echte Fotografen, die sich dann für richtige Kameras interessieren. Die müssen die Fachhändler dann rechtzeitig abholen und an sich binden.
Das Telefon ist also nichts, was man einfach ignorieren darf. Es ist ein Produkt, dass jeder immer dabei hat. Als Fotohändler neben dem Mobiltelefon bestehen zu können, erachte ich für meinen Teil deshalb als grösste Herausforderung meiner beruflichen Karriere. Wir werden in Zukunft versuchen, spezielle Kurse für Handy-Fotografie und andere Dienstleistungen rund um das Thema anzubieten. Man darf keine Angst haben vor dem Trend, sondern muss stattdessen versuchen, sich anzupassen und das Beste aus der Situation zu machen.

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