Für 29 Franken pro Monat

BMW verkauft Sitzheizung als Abo

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von oli / watson

Nach dem Einsteigen ins Auto im Winter den Hintern mit der Sitzheizung wärmen? Macht 29 Franken im Monat. Jedenfalls, wenn es nach BMW geht. Doch auch andere Hersteller setzen auf Abos für Zusatzfunktionen.

(Source: Christian Wiediger / unsplash)
(Source: Christian Wiediger / unsplash)

«BMW verkauft ab sofort Sitzheizungs-Abonnements für 18 Dollar pro Monat», titelte das US-Techportal The Verge am Dienstag. Der Schlagzeile folgte eine Tsunami verärgerter und hämische Kommentare. Es scheint absurd 18 Dollar pro Monat – bei uns gar 29 Franken – für die Sitzheizung auszugeben, zumal diese bereits im Auto verbaut, aber durch eine Software-Blockade gesperrt ist.

Während sich das halbe Internet schlapp lacht über das teure Sitzheizungs-Abo, geht vergessen, dass man die Funktion einen Monat gratis testen und danach statt zu mieten auch kaufen kann – oder ganz darauf verzichtet.

Im Alltag dürfte also kaum jemand dauerhaft 29 Franken pro Monat für eine Sitzheizung zahlen, aber allenfalls macht es in manchen Regionen Sinn, die Funktion nur ein, zwei Monate im Jahr zu abonnieren.

Zusatzfunktionen können hinzugekauft oder als Abo gemietet werden

Sitzheizung kann einen Monat gratis getestet werden. (Source: Screenshot bmw)

Dass BMW Zusatzfunktionen wie Fahrassistenz-Systeme, Fernlichtassistent oder Lenkradheizung optional im Abo anbietet, ist übrigens nichts vollkommen Neues. BMW hat in einigen Testmärkten bereits vor zwei Jahren das für den Autohersteller lukrative Abo-Modell eingeführt, allerdings sorgt es erst jetzt für Schlagzeilen.

Im Schweizer Online-Shop kostet beispielsweise der erweiterte Fahrassistent – er hält den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, die gewünschte Geschwindigkeit und die Spur – 49 Franken pro Monat oder beim Kauf einmalig 1049 Franken. Auch hier gilt, dass man das teure System drei Monate gratis testen kann und danach entscheidet, ob man es mieten oder kaufen möchte.

Aus Konsumentensicht kann es praktisch sein, Features nachkaufen zu können, von denen man zunächst dachte, man brauche sie nicht. Bislang musste man im Voraus entscheiden, ob man eine gewünschte Zusatzfunktion gegen Aufpreis hinzukaufen will, nun kann man Extras nachträglich erwerben oder temporär mieten, wenn sich die Bedürfnisse ändern sollten.

BMW verkauft diverse Extras im Abo-Modell

Abonnements für erweiterte Assistenzsysteme, Navikarten-Updates, Lenkradheizung, Motorgeräusche etc. (Source: Screenshot bmw)

Autohersteller verdienen Milliarden mit Abos

Funktionen nachträglich im Abo freischalten heisst auch: Kundinnen und Kunden kaufen ein voll ausgestattetes Auto, können aber nicht alle Features nutzen, da sie nicht freigeschaltet sind. Die Sitzheizung ist verbaut, funktioniert aber ohne Aufpreis oder Abo nicht. Dass dies von vielen als unfair empfunden wird, liegt auf der Hand.

Für die Hersteller macht sich das Abo-Modell bezahlt: «Durch die Einheitlichkeit der technischen Ausstattung sparen die Hersteller in der Produktion und können trotzdem unterschiedliche Preise je nach Ausstattungsumfang verlangen», schreibt t-online. Anders gesagt: In allen Autos die gleiche Technik einbauen und per Software-Update je nach Abo gewisse Funktionen freischalten kommt wohl günstiger, als zig Varianten mit unterschiedlicher Ausstattung zu produzieren.

BMW erntet für seine Abo-Preise überwiegend Kritik. Der Premium-Hersteller versuche mit Standard-Features wie Sitz- und Lenkradheizung oder drahtloses Apple CarPlay Kasse zu machen, so der Tenor im Netz.

Andere Hersteller setzen auch auf Abos

Auf mehr Akzeptanz dürften kostenpflichtige Online-Funktionen im Auto stossen, die für die Hersteller laufende Kosten verursachen oder besonders innovativ sind. Tesla-User zahlen beispielsweise 12.99 Franken pro Monat für sogenannte Premium-Funktionen wie Internet über Mobilfunk.

VW hat bereits angekündigt, dass Kunden künftig das autonome Fahren kostenpflichtig für bestimmte Fahrten freischalten können, sprich für die Funktion bezahlen, wenn sie sie effektiv nutzen.

Aus Herstellersicht eröffnet das Abo-Modell neue Einnahmequellen, die stetig und langfristig Geld in die Kassen spülen werden. Der Autokonzern Stellantis (u.a. Fiat, Peugeot, Opel) will bis zum Ende dieses Jahrzehnts jährlich rund 20 Milliarden Franken mit Software-gestützten Produkten und Abonnements verdienen.

Abomodelle im Auto sind auch bei der Konkurrenz im Kommen: Audi etwa «verlangt für die Freischaltung des LED-Matrixlichts 258 Euro im Jahr, 700 Euro für drei Jahre oder rund 1'300 Euro für alle Zeiten», schreibt t-online. Mercedes biete für 89 Euro pro Jahr Pakete an, die zum Beispiel mehrere Spiele beinhalten und einen alternativen Motorsound bringen.

Übrigens: Auch Apple will seiner Kundschaft iPhones, iPads und andere Hardware offenbar künftig im Abomodell anbieten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Watson.ch.

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