One-to-One mit Vittorio Buonfiglio

Wie Media Markt das Onlinegeschäft aufpolieren will

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Vittorio Buonfiglio ist seit Anfang 2022 zurück bei Media Markt Schweiz. Der neue General Managing Director verrät, wie er das Onlinegeschäft des Retailers aufpolieren und die Lücke zwischen Zentrale und Filialen schliessen will.

Vittorio Buonfiglio, General Managing Director bei Media Markt Schweiz. (Source: Netzmedien)
Vittorio Buonfiglio, General Managing Director bei Media Markt Schweiz. (Source: Netzmedien)

Sie sind seit Januar 2022 General Managing Director von Media Markt Schweiz. Wie war Ihr Start?

Vittorio Buonfiglio: Es war mein zweiter Start bei Media Markt Schweiz. Ich war von Ende 2018 bis 2020 bereits hier - erst als Co-Chief Operating Officer und später als Interim-CEO. Daher kenne ich einen Grossteil des Teams bereits und weiss, wie der Schweizer Markt tickt. Ich habe mich sehr gefreut, die bekannten Gesichter hier wiederzusehen. Die Schweiz ist ein enorm anspruchsvoller Markt. Nichtsdestotrotz gefällt es mir hier sehr gut.

Was macht die Schweiz zu einem anspruchsvollen Markt?

Die Schweiz ist ein relativ kleines Land mit vielen Anbietern. Wir kämpfen also alle mehr oder weniger um den gleichen Kunden. Unsere Konkurrenten hier sind in erster Linie die Pure Player. Der Markt ist aber noch nicht ausgeschöpft. Wir erwarten - gestützt auf Zahlen von Marktforscher GfK - eine Wachstumsrate von 2 Prozent für die kommenden drei Jahre im Markt für elektronische Konsumgüter. Anspruchsvoll ist auch die Kundschaft in der Schweiz. Konsumentinnen und Konsumenten sind es gewohnt, Produkte schnell und problemlos zu erhalten. Die Erwartungshaltung gegenüber Anbietern ist daher hoch.

Sie waren auch für Media Markt Italien und Benelux im ­Einsatz. Welche Unterschiede stellen Sie zwischen den Ländern fest?

Die Benelux-Staaten und die Schweiz sind sich bezüglich Marktentwicklung sehr ähnlich, während Italien in puncto Digitalisierung noch nicht ganz so weit entwickelt ist. Aber auch in Italien hat der Onlinehandel während der Pandemie einen Schub erlebt. Was die Schweiz klar von den Niederlanden und Belgien abhebt, sind die Preise. Während in der Schweiz die meisten Güter teurer sind als in anderen Ländern, ist es bei Elektronik genau umgekehrt. Ich konnte kaum glauben, wie günstig die Produkte hier sind. Für die Zukunft erwarten wir, dass sich alle Märkte in eine ähnliche Richtung entwickeln werden. Es wird zwei dominante Anbieter geben: einen Pure Player - beispielsweise ein Onlinemarktplatz - und einen Omnichannel-Anbieter. Diese Entwicklung beobachten wir bereits in den USA und in Asien.

Wie war die Rückkehr in die Schweiz für Sie persönlich?

Meine Familie ist noch immer in Süditalien. Sie wollte die elf Monate schönes Wetter und ihr persönliches Umfeld nicht aufgeben. Ich versuche jedes Wochenende zurückzureisen. Von der Schweiz aus ist das definitiv einfacher als aus den Niederlanden. Ich entschied mich bereits vor acht Jahren für eine internationale Karriere. Erst ging ich nach Norditalien, dann zog ich in die Schweiz, später in die Niederlande und jetzt bin ich wieder hier. Ein solcher Lebensstil birgt gewisse Herausforderungen, aber für mich ist es grundsätzlich eine positive Erfahrung. Wenn man unterschiedliche Länder entdecken sowie Kulturen und Unternehmenszweige kennenlernen kann, entwickelt man sich schneller weiter.

Apropos weiterentwickeln: Was haben Sie in den ersten Monaten bei Media Markt Schweiz erreicht?

Nach acht weniger guten Monaten konnten wir unseren Marktanteil im Januar und Februar steigern. Mittlerweile ist Media Markt Schweiz zurück auf Vor-Pandemie-Niveau. Ausserdem haben wir in Europa mit 63 Punkten Media-Markt-intern den zweiten Platz bezüglich NPS erreicht. NPS steht für Net Promoter Score, womit die Kundenzufriedenheit gemessen wird. Die Zufriedenheit der Kundschaft ist einer unserer wichtigsten KPIs (Key Performance Indicators). Daher sind wir sehr glücklich über das gute Resultat. Über 60 Punkte ist nicht nur intern, sondern auch verglichen mit anderen Retailern eine hohe Wertung. Man merkt, dass die Mitarbeitenden in den Filialen voll bei der Sache sind, um die Kundschaft glücklich zu machen. Das liegt wohl in erster Linie an unserem "Passion4Customer"-Programm. Innerhalb meiner ersten Monate kamen zudem viele neue Mitarbeitende dazu - sowohl neue Leute, wie auch Mitarbeitende, die bereits einmal für Media Markt Schweiz tätig waren. Wir haben jetzt ein solides Team, das das Unternehmen in die Zukunft führen wird.

Sie erwähnten "Passion4Customer". Was ist das genau?

Es ist ein Schulungsprogramm sowohl für die Mitarbeitenden in den Märkten als auch für jene in der Zentrale. Das Programm konzentriert sich darauf, wie Kundinnen und Kunden am besten betreut werden - von der Begrüssung bis zum Moment, in dem sie die Filiale verlassen. Wenn Sie heute in einen Media Markt gehen, werden Sie den Unterschied bestimmt spüren. Wir arbeiten zudem stark an unserer internen Kommunikation, um die Lücke zwischen der Zentrale und unseren Filialen zu schliessen. Mehr als 80 Prozent unserer Mitarbeitenden arbeiten in den Märkten. Damit auch sie wissen, welche Strategie wir verfolgen und wie sich die Firma entwickelt, führen wir monatlich einen Livestream mit allen Mitarbeitenden durch, in dem alle Führungspersonen - mich eingeschlossen - die Unternehmensergebnisse teilen. Der Stream wird zudem aufgenommen und in verschiedene Sprachen übersetzt, damit jeder und jede weiss, ob wir auf Kurs sind, was wir in nächster Zeit erreichen wollen etc.

Was sind Ihre Ziele mit Media Markt Schweiz?

Ich möchte ein Unternehmen aufbauen, das bezüglich Kundenzufriedenheit an der Spitze ist. Als Retailer sind für uns Verkaufsvolumen und Umsatzwachstum natürlich essenziell. Media Markt Schweiz hat ein enormes Potenzial, das wir bisher nicht voll ausschöpfen. Wir verfolgen eine Omnichannel-Strategie und sind der ideale Player, um der Kundschaft diesen Service anzubieten. Unsere Märkte sind bereits sehr bekannt und beliebt. Kundinnen und Kunden können dort Produkte erleben und von unseren Dienstleistungen profitieren. Online können wir aber noch einiges verbessern. Daher konzentrieren wir uns nun darauf, der Kundschaft dieselbe Qualität, die sie im Laden antreffen, auch online zu bieten. Um diese Verbesserungen so schnell wie möglich umzusetzen, haben wir das schwedische Unternehmen Curamando ins Boot geholt. Es handelt sich dabei um einen erfahrenen Anbieter für die Optimierung des Onlinegeschäfts.

Was kann die Kundschaft vom neuen Onlineangebot erwarten?

Zu viel kann ich nicht verraten. In einer ersten Phase wird es viele Änderungen geben, die der Kundschaft nicht gross auffallen dürften, die aber die Customer Journey vereinfachen und die Leistung der Website verbessern. Später kommen dann die grösseren Veränderungen, die auch optisch auffallen werden.

Im Geschäftsbericht 2020/21 von Ceconomy heisst es, dass mittlerweile rund ein Drittel des Gesamtumsatzes aus dem Onlinegeschäft stammt. Ist der Onlineanteil bei Media Markt Schweiz auch so hoch?

Wir sind bezüglich Onlineanteil nicht weit vom Durchschnitt der anderen Länder entfernt und sind zuversichtlich, dass wir bald aufholen werden. Es gibt aber noch Spielraum für Verbesserungen.

Apropos Online- und Offlinegeschäft: Wie hat sich das Verhalten der Kundschaft durch die Pandemie verändert?

Die Kundinnen und Kunden werden nicht mehr zum Einkaufsverhalten vor der Pandemie zurückkehren. Stationäre Geschäfte verlieren kontinuierlich an Frequenz. Diesen Trend gab es bereits vor der Pandemie. Seit über zehn Jahren verlieren Händler jährlich Kundenfrequenz - ich spreche hier nicht nur von Media Markt. Die Pandemie verstärkte aber die Tendenz zu mehr Onlineshopping zusätzlich. Wer weiterhin Kundschaft im Geschäft haben will, muss sich anstrengen, sich von der Konkurrenz abheben und den Konsumenten einen Grund geben, in den Laden zu kommen. Media Markt bietet Kundinnen und Kunden ein Erlebnis, wenn sie in die Märkte kommen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, das in der Schweiz besonders ins Gewicht fällt, ist unser Service- und Lösungsangebot.

Media Markt ist auch im B2B-Bereich tätig. Welchen Stellenwert hat diese Sparte?

Auch wenn es nicht unser Kerngeschäft ist, spielt der B2B-Bereich eine sehr wichtige Rolle für uns. Die Schweiz ist mit ihrer B2B-Strategie anderen Ländern gegenüber relativ weit voraus, da sie bereits ein designiertes B2B-Team aufgebaut hat, das mittelgrosse und grosse Unternehmenskunden betreut. Wir arbeiten aber immer noch an der vollständigen Implementierung all unserer Dienstleistungen und des Konzepts. Diese wird voraussichtlich bis Anfang des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Unser B2B-Bereich befindet sich im Wachstum, legt jedoch noch nicht auf dem Niveau zu, das wir gerne hätten.

Wie sieht Ihre Zielgruppe im B2B-Bereich aus?

Wir konzentrieren uns auf kleine und mittelgrosse Unternehmen. Für diese können wir den optimalen Service bieten. Für uns ist B2B nicht bloss ein Transaktionsgeschäft. Wir wollen uns um die Unternehmenskunden kümmern, ihnen massgeschneiderte Lösungen bieten, inklusive Reparaturservice, individueller Finanzierung, Geräteaustausch etc. In unseren Märkten kümmern wir uns bereits um kleinere Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden.

Was nehmen Sie in den nächsten Monaten in Angriff?

Wir werden das Angebot "Abholung in 30 Minuten" offiziell lancieren. Dabei kann die Kundschaft online bestellen und der gewünschte Artikel steht innerhalb von 30 Minuten in der Filiale zur Abholung bereit. Das ist nicht nur für die Kundschaft praktisch, sondern hilft uns auch dabei, wieder mehr Frequenz in die Filialen zu bringen. Kommen Kundinnen und Kunden zur Abholung in einen Markt, können wir zudem mögliche Fragen zum bestellten Produkt beantworten und entsprechendes Zubehör empfehlen. Das Angebot existiert bei Media Markt zwar bereits, aber es ist noch nicht wirklich bekannt. Wir werden also diverse Marketingaktivitäten starten, um das zu ändern. Allgemein möchte ich mehr in die Kommunikation investieren. Media Markt Schweiz hat viele Verbesserungen vorgenommen, die nie wirklich nach aussen getragen wurden. Hier möchte ich ansetzen und mehr Transparenz schaffen, um zu zeigen, was Media Markt alles leisten kann und weshalb sich die Kundschaft heute für uns entscheiden soll.

persönlich

Vittorio Buonfiglio (39) blickt auf eine 22-jährige Karriere im Retail zurück, die im Jahr 2000 als Kassierer bei Trony begann und ihn über Funktionen wie Abteilungs- und Marktleiter später bei Auchan, schliesslich 2014 zunächst als Store Manager und später als Regional Sales Manager zu Media Markt Saturn in Italien führte. Im Jahr 2019 wurde er Co-COO und Interim-CEO bei Media Markt Schweiz, gefolgt von einem Aufenthalt im Jahr 2021 als COO für Benelux, bevor er Anfang 2022 als General Managing Director zu Media Markt Schweiz zurückkehrte. ­Buonfiglio ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist ein leidenschaftlicher Basketballspieler. (Source: Media Markt)

Apropos Media Markt: Seit Kurzem repariert der Retailer auch iPhones. Mehr zum Service lesen Sie hier.

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