Florian Teuteberg

Digitec-Galaxus-CEO reagiert auf negativen Bericht zu Logistikzentrum

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Sonntagsblick hat die Arbeitsbedingungen im Logistikzentrum von Digitec Galaxus in Wohlen angeprangert - nachdem die Zeitung mit sechs der 800 dortigen Logistik-Mitarbeitenden gesprochen hat. Florian Teuteberg, CEO von Digitec Galaxus, hat auf die Vorwürfe geantwortet.

(Source: Tristan3D / Fotolia.com)
(Source: Tristan3D / Fotolia.com)

Diese Woche hat "Sonntagsblick" mit sechs Mitarbeitenden der Logistik von Digitec Galaxus gesprochen und anhand der Aussagen einen Bericht erstellt, der im Unternehmen "unzumutbare" Umstände anprangert. Einige der Vorwürfe können Sie hier nachlesen. Nun bezieht Digitec-Galaxus-CEO Florian Teuteberg Stellung - in einem Artikel mit dem Titel "Ein Blick hinter einen einseitigen Bericht über unsere Logistik". Darin will er in voller Transparenz offenlegen, "was wirklich Sache ist".

Florian Teuteberg, CEO von Digitec Galaxus. (Source: Digitec Galaxus)

Wachstumsschub war eine Herausforderung

Teuteberg sei sich bewusst, dass auch im Logistikzentrum in Wohlen nicht immer alles top laufe. Gerade in den letzten beiden Jahren gab es während der Pandemie einen gigantischen Wachstumsschub, was eine enorme Herausforderung für die Mitarbeitenden und den gesamten Betrieb war. In dieser Zeit stellte Digitec Galaxus hunderte neue Logistikkräfte ein. "Dass uns dabei auch der eine oder andere Fehler unterlaufen ist, bestreiten wir gar nicht", schreibt Teuteberg.

Es mache ihn traurig, dass die im Sonntagsblick Zitierten die existierenden internen Feedback-Kanäle nicht als ausreichend empfinden, um ihre Kritik zu äussern. Er denke dabei an Gespräche mit Vorgesetzten, den Personalverantwortlichen, mit Teuteberg selbst und vor allem an die regelmässig durchgeführten Mitarbeiterbefragungen.

Danach geht Teuteberg auf die einzelnen zentralen Punkte ein, die medial kritisch aufgenommen wurden.

"Nur die Kundenzufriedenheit zählt, hoher Leistungsdruck und keine Rücksicht auf ältere und angeschlagene Mitarbeitende"

Die Zufriedenheit der Kundschaft sei natürlich enorm wichtig. Ohne die hohe Effizienz und Qualität der Mitarbeitenden würde die Konkurrenz schnell davonsegeln. Die Zufriedenheit und Gesundheit der Crew sei aber genauso wichtig, heisst es weiter. Es sei die tiefste Überzeugung von Digitec Galaxus, dass die ambitionierten Ziele nur mit motivierten und gesunden Mitarbeitenden erreicht werden. Die Werte der Firma  würden voll darauf aufbauen. Selbstverständlich nehme Digitec Galaxus in allen Abteilungen Rücksicht auf ältere und kranke Kolleginnen und Kollegen oder jene, die Angehörige betreuen.

"Kündigung, wer über mehrere Monate seine Leistung nicht erbringt"

Jeder und jede Angestellte, nicht nur bei Digitec Galaxus, hat eine vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Gleiches gilt auch für den Lehrer, die Schreinerin oder den Pflegefachmann, führt Teuteberg aus. Auch sie würden regelmässig beurteilt und können ihre Stelle bei ungenügender Leistung verlieren.

Sei die Leistung eines Kollegen oder einer Kollegin ungenügend, würden sie darauf angesprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. In offensichtlichen Fällen würde ausserdem geprüft, ob ein Wechsel in eine andere Funktion sinnvoll ist. Bleibe die Leistung weiterhin über längere Zeit ungenügend und gebe es hierfür keinen plausiblen Grund, erfolge eine schriftliche Ermahnung. Dort wird festgehalten, was vom Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin an Verbesserung erwartet wird. Und es werden angemessene Fristen angesetzt, in der er oder sie sich verbessern kann. Die Kündigung bei einer Festanstellung sei das letzte Mittel und erfolge nur, wenn die Leistung dauerhaft ungenügend bleibt.

"Schichtleiter beobachten ihre Leute und treiben sie an"

Die Schichtleiterinnen und -leiter stellen den reibungslosen Betrieb sicher, organisieren die Arbeitsprozesse und unterstützen ihre Leute dort, wo Not am Mann oder an der Frau ist. Das Logistikzentrum in Wohlen sei eine abgestimmte Produktionsanlage: "Nur wenn so viele Mitarbeitende wie geplant in den entsprechenden Bereichen tätig sind, können wir das tägliche Bestellvolumen stemmen, die fristgerechte Lieferung garantieren sowie höchstmögliche Arbeitssicherheit gewährleisten", schreibt Teuteberg. Dass Schichtleiterinnen und -leiter einschreiten, wenn die Arbeit liegen bleibe, sei verständlich. "Das hat aber immer anständig und im Einklang mit unseren Werten zu geschehen", heisst es weiter. Um dies bestmöglich zu gewährleisten, würden die Führungskräfte kontinuierlich geschult.

"Überwachung per Ampelsystem"

Das Ampelsystem im Wareneingang sei keine öffentlich sichtbare Anzeige, sondern die Ampelfarbe werde im monatlichen Einzelgespräch zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft diskutiert. Digitec Galaxus sei es wichtig, Mitarbeitenden in mehreren Dimensionen, wie etwa Leistung und Qualität, ein regelmässiges und objektives Feedback zu geben. Im Fall von Problemen würden gemeinsam Verbesserungsmassnahmen besprochen. Es handelt sich bei diesen Feedbacks gemäss Bericht um vertrauliche Informationen, die nicht öffentlich kommuniziert werden. In der Vergangenheit wurden in diesen Gesprächen konkrete Leistungszahlen genannt. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden sei als Alternative die Idee einer Ampellogik (grün/gelb/rot) entwickelt und umgesetzt worden.

"Telefonieren am Arbeitsplatz ist verboten"

Das treffe nicht zu: "Mitarbeitende in Wohlen dürfen ihr privates Mobiltelefon am Arbeitsplatz mit sich tragen". Wie für alle Angestellten üblich seien private Telefonate möglichst in der Pausenzeit zu tätigen. Dringende Anrufe (etwa mit Familienmitgliedern) könnten selbstverständlich auch während der Arbeitszeit getätigt oder angenommen werden.

"Abmelden bei WC-Gang und Rauchpause – ausstempeln, um Wasser zu holen"

Alle Mitarbeitenden hätten Anrecht auf ihre Hauptpausen, so wie es das Gesetz verlangt. Abseits dieser Hauptpausen kann jede und jeder aufs WC oder die Wasserflasche auffüllen – selbstverständlich ohne auszustempeln, wie es weiter heisst. Dass sich die Logistikerinnen und Logistiker bei Kurz- oder Rauchpausen abmelden müssen, habe Gründe: Die Arbeitsplätze müssten wie geplant belegt sein, damit es keine Staus gibt in nachfolgenden oder vorgelagerten Anlagebereichen. Es handle sich um eine abgestimmte Produktionsanlage. Die Waren müssten vom Wareneingang über die Lagerung bis zur Verpackung gut koordiniert durchlaufen. "Nur wenn auch so viele Mitarbeitende wie geplant in den entsprechenden Bereichen tätig sind, können wir das tägliche Bestellvolumen stemmen, die fristgerechte Lieferung garantieren sowie höchstmögliche Arbeitssicherheit gewährleisten", schreibt Teuteberg.

"6-Tage-Woche, kurzfristige Einsätze an Weekends, Familienleben nicht planbar"

Generell werde im Verteilzentrum in Wohlen von Montag bis Samstag gearbeitet – also an sechs Tagen die Woche. Die Mitarbeitenden seien an fünf Tagen pro Woche eingeplant. Sind Mitarbeitende an einem Samstag eingeplant, arbeiten sie an einem Wochentag nicht. "In der Spitzenzeit kann es zu 6-Tage-Arbeitswochen kommen", heisst es weiter. Diese seien jedoch frühzeitig geplant und auch kommuniziert. In der Regel komme dies pro Mitarbeitendem von Oktober bis Dezember zweimal vor. Ausserhalb der Spitzenzeiten könne auch einmal ungeplant bei höherem Arbeitsanfall eine Samstagsschicht nötig werden: "Hierbei zählen wir auf freiwillige Mitarbeitende, die Stunden vorholen möchten", so Teuteberg. Bei Mitarbeitenden, die aus privaten Gründen Minusstunden aufgebaut haben, die nicht vom Unternehmen angeordnet wurden, werde eine zeitnahe Nacharbeit vereinbart. Selbstverständlich könne allfällige Überzeit vollumfänglich kompensiert werden.

"Im Pick Tower müssen alle rennen"

Die Arbeit im Pick Tower sei körperlich intensiv. Pro Arbeitstag würden die Logistikprofis rund 12 Kilometer zu Fuss zurücklegen – also rund 1,5 Kilometer pro Arbeitsstunde. Um das Pensum zu erfüllen, müsse also niemand rennen. Digitec Galaxus habe den Sonntagsblick-Journalisten mehrfach eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu machen und mit den Leuten zu sprechen. Die Einladung habe er aber ausgeschlagen.

"Mehr Leistung pro Kopf"

"Tatsache ist, dass der Umsatz pro Vollzeitkraft seit unserer Gründung von rund 3 Millionen Franken pro Vollzeitstelle stetig abgenommen hat", heisst es weiter. 2017 erreichte Digitec Galaxus den bisher tiefsten Wert von 1 Million Franken pro Vollzeitstelle. Seit 2017 sei der Wert wieder leicht angestiegen auf 1,2 Millionen pro Vollzeitstelle. Diese Werte seien aber bezüglich Leistungserwartungen an die Logistik ziemlich unbrauchbar. Die Firma hätte nämlich in dieser Zeit weit über 100 Millionen Franken in die Logistikanlagen investiert. Der Betrieb sei heute zu einem guten Teil automatisiert, weshalb sich die Werte nicht vergleichen lassen. "Die Produktivitätssteigerungen dürfen dabei aber nicht zu Lasten der Mitarbeitenden gehen", schreibt Teuteberg. "Besser werden wir, indem unsere Fachkräfte clevere Prozessverbesserungen vornehmen, Arbeitsplätze und Hilfsmittel optimieren und den Betrieb durch zusätzliche Automatisierungsschritte effizienter machen."

"Es klappt alle paar Tage jemand zusammen"

"In den Jahren 2020 und 2021 gab es im Logistikzentrum Wohlen jeweils rund 30 dokumentierte Fälle von Übelkeit, Kreislauf- oder Blutdruckproblemen, bei denen die Betriebssanität im Einsatz war", heisst es weiter. Bei rund 100'000 Arbeitstagen, die im Logistikzentrum jedes Jahr in Summe geleistet werden, bedeute dies, dass ein Mitarbeitender durchschnittlich einmal alle zehn Jahre an Übelkeit, Kreislauf- oder Blutdruckproblemen leide.

Digitec Galaxus nehme alle gesundheitsbedingten Vorfälle sehr ernst. "Jeder Fall ist einer zu viel", so der CEO. Selbst wenn die Zahlen für einen Logistikbetrieb nicht auffällig hoch sind, würden die Fachleute für betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) alle Vorfälle genau untersuchen. "Dass Kreislaufprobleme bei körperlicher Arbeit im Hochsommer häufiger vorkommen, erscheint uns nachvollziehbar und ist wahr", heisst es weiter.

Deshalb habe die Firma längst Massnahmen ergriffen: Neben Stosslüften und dem Einsatz eines Kühlaggregats stehen Ventilatoren an den Arbeitsplätzen bereit. Zudem gebe es reichlich Wasserspender, damit alle ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen können. "Was uns positiv stimmt: Die Anzahl Fälle ist in den letzten Jahren stabil geblieben – obwohl sich die Zahl der Mitarbeitenden seit 2020 verdoppelt hat", schreibt der CEO. "Nichtsdestotrotz arbeiten wir intensiv daran, die Arbeitsbedingungen bei uns in der Logistik weiter zu optimieren."

"Das Unternehmen hat schlicht kein Interesse an mehr Festangestellten"

Diese Aussage sei nachweislich falsch: Seit 2020 bis heute hat Digitec Galaxus 400 temporäre Mitarbeitende in feste Arbeitsverhältnisse übernommen. Das seien 55 Prozent aller temporären Mitarbeitenden, die in diesen Jahren befristet eingestellt wurden (insgesamt 722). "Gerne hätten wir noch mehr Temporäre bei uns als Festangestellte im Team aufgenommen", so Teuteberg. "Dass diese nach dem Lockdown aber zurück in ihre angestammten Berufe wechseln wollten, liegt auf der Hand." Der Einsatz von temporären Mitarbeitenden sei für einen Betrieb wie Digitec Galaxus, mit so starken saisonalen Schwankungen, unumgänglich. Im Dezember hätte das Unternehmen ein über doppelt so hohes Bestellvolumen zu bewältigen wie unterjährig.

"Mitarbeitende trauen den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragungen nicht"

Die interne Mitarbeiterbefragung "Stimmungsbarometer" führe Digitec Galaxus drei Mal pro Jahr anonymisiert und ohne jegliches Mitwirken der Führungskräfte durch. Die Mitarbeitenden können die Umfrage an ihrem Arbeitsplatz ausfüllen oder ihr privates Gerät nutzen. "Bei der einmal jährlich durchgeführten Sonar-Umfrage, der umfassenden Engagement-Befragung, bieten wir den Logistikerinnen und Logistikern an, die Umfrage auf zusätzlich eingerichteten Arbeitsstationen in einem Sitzungszimmer auszufüllen und sich dabei von der Personal- und Organisationsentwicklung (POD) unterstützen zu lassen", schreibt der CEO.

POD werte das Stimmungsbarometer aus. Die Sonar-Umfrage dagegen würde durch einen externen Partner analysiert. In der Folge bekommen die Führungskräfte sämtliche Reports in komplett anonymisierter Form zugestellt. Die umfangreichen Rückmeldungen helfen, die wichtigen Handlungsfelder zu identifizieren und konkrete Verbesserungsvorschläge umzusetzen.

Insgesamt würden die Ergebnisse der Befragungen zeigen, dass es um die Logistik keineswegs schlecht steht. Die Zufriedenheitswerte im Stimmungsbarometer sind in den letzten zwei Jahren von knapp 7 auf 7,5 gestiegen, auf einer Skala von 1 bis 10. "Im Zuge der Sonar-Befragung hat unsere Logistikabteilung in 9 der 11 Dimensionen sowohl die Logistiknorm (Logistikunternehmen international) als auch die Schweiz-Norm (Schweizer Unternehmen branchenübergreifend) übertroffen oder erreicht", heisst es weiter. Bei den verbleibenden zwei Dimensionen liege die Logistikabteilung wenige Prozentpunkte unter diesen Durchschnittswerten. "Diese Resultate zeigen auf, dass die Arbeitsatmosphäre im Logistikzentrum grossmehrheitlich als positiv wahrgenommen wird. Die verbleibende Minderheit nehmen wir ernst und wir sind dankbar für deren Verbesserungsvorschläge", schreibt Teuteberg.

"Der Führungsstil der Führungskräfte ist nicht akzeptabel"

Mit dem rasanten Wachstum während der Corona-Jahre habe die Logistik nicht nur innert kürzester Zeit die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdoppelt, sondern auch die Zahl der Führungskräfte. Einige Führungskräfte aus sehr unterschiedlichen Unternehmenskulturen und mit unterschiedlichen Erfahrungslevels seien zur Firma gestossen. Und nicht jede oder jeder war in der Lage, sich im Einklang mit den Werten der Firma zu verhalten. "Deshalb haben wir intensiv mit den neuen Führungskräften gearbeitet, um ihnen unsere Kultur näherzubringen", so der CEO.

Und das werde sich auch nicht ändern. "Wir investieren viel Zeit und Energie in Führungsentwicklung und Training. Dass sich diese Investitionen auszahlen, sieht man an den stetig steigenden Zufriedenheitswerten in unseren Mitarbeiterbefragungen und vor allem auch in den täglichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen", hält Teuteberg fest. Mangelnde Sozialkompetenz oder Fehlverhalten würden sehr ernst genommen. "Leider mussten wir uns in den letzten zwei Jahren von einigen Führungskräfte trennen, weil es trotz Training und klaren Richtlinien zu individuellem Fehlverhalten gekommen war."

Teuteberg verspricht seinen Kollegen und Kolleginnen im Namen der Geschäftsleitung von Digitec Galaxus ausserdem: "Niemand, der Kritik anbringt, allfällige Missstände anspricht oder Verbesserungsvorschläge einbringt, hat Nachteile zu befürchten. Im Gegenteil, wir brauchen euer Engagement und euer Feedback. Sprecht mit uns! Das gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Sonntagsblick in Kontakt waren. Nur wenn wir wissen, wo euch der Schuh drückt, können wir es gemeinsam zum Guten verändern."

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