Editorial

Immer "Lämpe" mit dem Waschplan

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(Source: Netzmedien)
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Der Nachbar hat seine Wäsche einfach in der Maschine gelassen? Die Nachbarin wäscht gerade, obwohl es eigentlich Ihr Waschtag wäre? Das Münz oder die Jetons für die Waschmaschine fehlen? Und wem gehören eigentlich die Socken, die bereits seit mehreren Monaten auf dem Wäscheständer hängen? Allen, die in einem Mietshaus mit mehreren Parteien wohnen, beziehungsweise einmal gewohnt haben, dürften diese Situationen bekannt vorkommen. Denn hierzulande ist es gang und gäbe, dass sich Mieterinnen und Mieter eine Waschmaschine teilen.

Die gemeinschaftliche Waschküche scheint allerdings ein Schweizer Phänomen zu sein. Als ich kürzlich für einen Beitrag zu eben diesem Thema bei meinen deutschen und österreichischen Freunden nachfragte, wie es denn bei ihnen um die Waschmaschine stehe, zeigten sich alle verdutzt darüber, dass sich Mieterinnen und Mieter in der Schweiz (wo sich die Leute doch alles leisten können) eine Waschmaschine teilen müssen. "Bei uns ist das nur in Studentenwohnheimen so", kommentierte eine Freundin aus Österreich. "In der Gegend, wo ich wohne, gibt es keine Waschkeller. Da hat jeder eine Maschine in der Wohnung", bestätigte mir ein Freund aus Deutschland. Auf Wikipedia las ich ausserdem: "Die Gemeinschaftswaschküche und die damit verbundenen Regelungen werden als Schweizer Eigenart bezeichnet, da solche Küchen im Ausland unüblich sind oder sich im starken Rückgang befinden." Im Wikipedia-Beitrag findet sich auch ein Abschnitt mit dem Titel "Konflikte".

Genau um solche zu vermeiden, bieten einige Start-ups und Waschmaschinen-Hersteller wie Wewash und Miele Apps als digitale Alternative zum klassischen Waschplan. Auch wenn dadurch die Abrechnung für Vermieter und Mieter einfacher wird und sich Mieterinnen und Mieter bequem vom Handy aus fürs Waschen eintragen können, sind die Apps kein Garant dafür, dass sich auch alle im Haus an den Plan halten.

Dass Vermieter nicht für jede Wohnung im Haus eine Waschmaschine anschaffen wollen, ist aus Kostengründen verständlich. Dem Haussegen und den Umsätzen der Hersteller und Händler würde es jedoch guttun, wenn sich die Schweiz von dieser Tradition verabschieden würde.

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