Marktreport: Luca Giuriato, GfK Schweiz

Rekordhoch im Schweizer Markt für Heimelektronik 2020

Uhr
von Luca Giuriato, Senior Market Consultant, GfK Schweiz

Das Jahr 2020 ist mit Sicherheit eines der bewegtesten der letzten Jahrzehnte gewesen. Wir blicken im Heimelektronikmarkt auf ein Jahr mit vielen Höhen und Tiefen zurück. Unterm Strich stieg der Umsatz mit technischen Konsumgütern gegenüber 2019 um 8,5 Prozent.

Luca Giuriato, Senior Market Consultant, GfK Schweiz (Source: Netzmedien)
Luca Giuriato, Senior Market Consultant, GfK Schweiz (Source: Netzmedien)

Mit einem Marktvolumen von rund 5,5 Milliarden Franken hat der Schweizer Heimelektronikmarkt im Jahr 2020 den Branchen-Umsatzrekord geknackt, der zuletzt mit rund 5,3 Milliarden Umsatz im Jahr 2010 erzielt wurde. Natürlich hätte man sich die positive Entwicklung unter anderen Umständen gewünscht. Allerdings steigerten die Covid-19-Effekte wie Homeoffice und Homeschooling die Nachfrage nach Computern und Peripheriegeräten enorm.

Nicht nur im Arbeitsumfeld, sondern auch im Bereich Freizeit hat Corona Spuren hinterlassen. Aufgrund von Reiserestriktionen und ausbleibenden Ferien im Ausland wurde eindeutig mehr ins Eigenheim und in Hobbys investiert. Abgesehen von Produkten wie Bikes, Sport- und Fitnessgeräte, Garten- und Heimbedarf gehörten auch Gaming-Computer, Videospielkonsolen, Fernseher und Haushaltskleingeräte zu den Kategorien, die im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr bezüglich des Umsatzes zweistellig zulegen konnten.

(Source: GfK)

Aufgrund von Corona beschleunigte sich die Digitalisierung bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Dies macht sich sowohl im Musik- wie auch im Filmkonsum bemerkbar, wo Netflix und Spotify im Jahr 2020 Rekordzuwächse vermelden. Aus Sicht des Heimelektronik-Handels liegt es auf der Hand, dass der Lockdown im Frühjahr zu einer höheren Onlinenachfrage führte. Das hatte zur Folge, dass einige Erstkäufer aktiviert wurden, die bislang nur stationär gekauft hatten.

Der Trend des zunehmenden Onlinekaufs wurde somit im Jahr 2020 über den Lockdown hinaus verstärkt. Im Bereich der Heimelektronik ist der Anteil von Online-Sales von 35,7 Prozent (2019) auf 47,8 Prozent (2020) angestiegen. Aber Achtung! So schwarz-weiss lässt sich die Verlagerung nicht interpretieren. Sehr oft spielt der stationäre Handel beim Kaufentscheid doch noch eine sehr wichtige Rolle, und wer das Cross Channeling beherrscht gehört zu den Gewinnern. Matchentscheidend ist, die Kunden online abzuholen und in den Laden zu bringen, ihnen dort ein positives Erlebnis zu bieten und den Kauf dann entweder im Laden physisch oder online abzuschliessen oder dem Kunden Click & Collect anzubieten. So oder so, gemäss einer aktuellen GfK-Umfrage scheinen Verfügbarkeit, Beratung (sei es online wie auch stationär) wie auch ein fairer Preis nach wie vor die Erfolgsfaktoren zu sein.

IT-/Office-Markt

Als grösster Teilmarkt legte der IT-/Office-Markt Schweiz im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 12,6 Prozent zu. Das Marktvolumen ist dabei auf ein Rekordhoch von 2,430 Milliarden Franken gestiegen, was grösstenteils dem Homeoffice und Homeschooling zuzuschreiben ist. Im Schweizer IT-/Office-Markt kam es daher coronabedingt zu einer regelrechten Marktausweitung. Gegenüber 2019 wurden rund 100 000 Desk-Computer und Notebooks mehr verkauft, die grösstenteils zu Arbeits- und Fernunterrichtszwecken in Schweizer Haushalten dienen. Die Nachfrage war derart gross, dass es bei vielen Produkten wie Computern, Monitoren, Webcams oder Headsets teils zu Lieferengpässen kam.

Der zweite, grössere Umsatztreiber im IT-Markt war das Thema Computer-Gaming. Nicht nur dedizierte Desk-Computer oder Notebooks, sondern auch Monitore, Gaming-Mäuse, Tastaturen, Headsets und vieles mehr sorgten für ein Wachstum von satten 48,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der PC-Gaming-Markt befindet sich nun mehr als vier Jahre in einem positiven Trend. Dieser wurde im Jahr 2020 jedoch massiv verstärkt, sodass sogar ein noch höheres Wachstum möglich gewesen wäre, wenn die ultimative Grafikkarten-Generation in ausreichender Menge verfügbar gewesen wäre. Mit einem Onlineanteil von rund 60 Prozent wurden im Jahr 2020 zum ersten Mal mehr IT-/Office-Produkte im Internet als im stationären Handel gekauft.

(Source: GfK)

Telekommarkt

Mit einem Marktvolumen von rund 1,3 Milliarden Franken zählt der «offene» Telekommarkt (ohne Telekom-Provider) zum zweitgrössten Teilmarkt der Heimelektronik. Gegenüber dem Vorjahr legte dieser dank der ungebrochen hohen Nachfrage nach Bluetooth-Kopfhörern und Headsets um 3,2 Prozent zu. Mit einem Umsatzvolumen von 254,6 Millionen Franken und einem Wachstum von über 6 Prozent gehören Headphones/Headsets zu einer der margenträchtigsten und attraktivsten Warengruppen der gesamten Heimelektronik.

Ebenfalls gut entwickelten sich die sogenannten Wearables. Damit sind vor allem Smartwatches und Fitnesstracker gemeint, die im Jahr 2020 die 100-Millionen-Umsatzgrenze erstmals knackten. Mit einem Wachstum von 8,6 Prozent liegt die Nachfrage nach diesen Produkten in einem weiterhin nachhaltigen positiven Trend.

Der grösste Telekom-Teilmarkt gehört den Smartphones. Im Jahr 2020 lagen die Mengen und auch der Umsatz im GfK-Panelmarkt rund 1 Prozent unter dem Vorjahr. Bemerkenswert dabei ist, dass jedes vierte Handy 700 Franken oder mehr kostet und dass rund 40 Prozent des Marktvolumens der Smartphones, die ohne Abos verkauft werden, mit Geräten erzielt wird, die über 800 Franken kosten. Sowohl der Anteil von «Premium-Handys» wie auch der Durchschnittspreis von Smartphones ohne Abos, der 2020 bei 507 Franken lag, bleibt zum Vorjahr auf hohem Niveau unverändert.

Neu gibt es zum Handy-Zubehör-Markt ebenfalls Marktzahlen. Das Panelmarktvolumen im Jahr 2020 liegt bei knapp 90 Millionen Franken und beinhaltet Zubehör wie Handyhüllen, Screenprotectoren, Chargers und vieles mehr. Da diese Kategorie bislang nicht erhoben wurde, kann zur Marktentwicklung und zum Vorjahresvergleich keine Aussage gemacht werden.

Consumer Electronics und Foto

Seit mehr als zehn Jahren zeigt sich der Consumer-Elec­tronics-Markt zum ersten Mal wieder in einem positiven Trend. Das Marktvolumen von 1,180 Milliarden Franken entspricht einem Umsatzplus von 3,6 Prozent gegenüber 2019. Das Umsatzvolumen ist allerdings keineswegs mit demjenigen von 2010 vergleichbar, als der Markt noch 2,030 Milliarden Franken gross war.

Innerhalb des Bereichs Consumer Electronics und Foto konnten fast alle Teilmärkte mit Ausnahme von Digital Imaging und Incar Electronic zulegen. Ein regelrechter Boom war bei den Fernsehgeräten zu spüren, deren Nachfrage im Vorjahresvergleich in der Menge um 20 Prozent zunahm und diesem Teilmarkt 14,8 Prozent mehr Umsatz bescherte. Der positive Trend hatte bereits Mitte 2019 eingesetzt und verstärkte sich im Jahr 2020 massiv. Der TV-Markt dürfte auch im Jahr 2021 weiterhin hoch bis sogar wachsend bleiben. Die wachsende Nachfrage geht auf einen Ersatzkaufzyklus zurück, dessen Basis in den Jahren 2010 bis 2014 liegt. In diesen Jahren wurden nämlich jährlich bei 3,3 Millionen Haushalten zwischen 800 000 und 900 000 Geräte zu einem Durchschnittspreis von rund 1100 Franken abgesetzt. Im Jahr 2020 wurden vergleichsweise 583 000 TV-Geräte bei 3,8 Millionen Schweizer Privathaushalten zu einem durchschnittlichen Preis von rund 900 Franken verkauft.

(Source: GfK)

Nicht nur TV-Geräte, sondern auch Audioprodukte und Zubehör gehörten zu den Gewinnern. Aufgrund einer ähnlichen Nachfragekurve liegt die These nahe, dass wohl einige Käufer eines neuen Fernsehers sowohl eine Wandhalterung wie auch eine Soundbar in den Warenkorb gelegt haben. Andere wiederum sehen die Soundbar als Ergänzung zu einem Multi-Room-System wie Sonos. Die Nachfrage in diesem Bereich explodierte in den Monaten November und Dezember mit starkem zweistelligem Wachstum förmlich.

Die reduzierten Ferien und Reisen ins Ausland hatten auf die Nachfrage nach Fotografieren und Filmen einen deutlich negativen Impact. Der Bereich Digital-Imaging, wozu Fotokameras, Objektive und auch Actioncams gehören, ging im Jahr 2020 um 14,6 Prozent zurück und schrumpfte auf 184,9 Millionen Franken. Der Markt steht aufgrund der Substitution durch Smartphones seit Jahren unter Druck und verliert insbesondere im Einsteigerbereich kontinuierlich an Boden. Die Systemkameras hingegen waren in den vergangenen Jahren in konstantem Aufwind und sie wären es wohl ohne Pandemie auch im Jahr 2020 gewesen. Am Jahresende lag dieses Segment jedoch im Umsatz um minus 2,9 Prozent unter Vorjahr.

In der Gesamtbetrachtung des Digital-Imaging-Marktes schien zu Jahresbeginn die Talsohle langsam in Sichtweite zu sein, jedoch verschärfte Covid-19 die Lage für alle Marktteilnehmer im Fotomarkt vorerst weiter. Es ist davon auszugehen, dass wenn das Reisen wieder möglich ist, auch die Lust am Fotografieren wächst, sodass der Bereich Digital Imaging von einem Nachholbedarf profitieren wird.

Webcode
DPF8_205505