Interview mit Philipp Maurer, Country Manager, Panasonic Schweiz

"Mit uns kann man Geld verdienen"

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Philipp Maurer ist seit Anfang Juni neuer Schweiz-Chef bei Panasonic. Im Interview sagt Maurer, wie er Panasonic verändern möchte und warum ihm dafür gute Geschichten wichtig sind.

Philipp Maurer, Country Manager, Panasonic Schweiz. (Source: Netzmedien)
Philipp Maurer, Country Manager, Panasonic Schweiz. (Source: Netzmedien)

Wie haben Sie die ersten 100 Tage als Chef von Panasonic Schweiz erlebt?

Philipp Maurer: Der Eintritt in die Panasonic-Familie wird einem leicht gemacht. Ich habe ein sensationelles Team vorgefunden, das mich auch als Mensch extrem herzlich empfangen hat und mir von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite stand. Das ist nicht selbstverständlich. Auch als ich zwei Tage am Hauptsitz unseres Clusters in Hamburg war, nahmen sich alle viel Zeit für mich, obwohl Druck und Pace wie überall in der Branche auch bei uns hoch sind.

Haben Sie mit Ihrem Vorgänger Urs Fischer zusammen­gearbeitet?

Ja, wir arbeiteten im Juni bis zu seinem letzten Arbeitstag zusammen und ich danke Urs dafür. Während dieses Monats gab er mir viele Tipps und Tricks. Er war der Gründer, als aus John Lay Panasonic Schweiz wurde. Deshalb macht es mich stolz, dass ich sein Erbe antreten darf.

Wie wollen Sie Panasonic Schweiz ausrichten?

Wir wollen der unkomplizierte Partner für den Handel sein, wenn es darum geht, hochwertige und emotionale Produkte gemeinsam zu vermarkten.

Was wollen Sie bei Panasonic Schweiz ändern?

Personell bleibt alles wie es ist. Wir haben erfahrene Leute, da wäre es schlecht, etwas zu ändern. Man kennt uns im Markt. Es wäre auch nicht angebracht, wenn man bei einem Brand wie Panasonic mit dem Besen durch die Firma ginge.

Was wollen Sie sonst verändern?

Wir kommen manchmal etwas technisch daher, können die Anschlüsse am Gerät aufzählen und über deren perfekte Abdeckung sprechen. Aber wir haben hochemotionale Produkte. Dazu wollen wir Geschichten erzählen.

Was sind das für Geschichten?

Unsere Geräte sind zum Beispiel mit einem Netflix Calibrated Mode ausgestattet, was allen Nutzern ein authentisches Bilderlebnis garantiert. Unser Bild ist nicht nur farbig, sondern gibt das Dargestellte genauso wieder, wie es sich der Produzent vorgestellt hat. Auch die meisten Hollywood-Studios mischen ihre Filme auf unseren Displays ab. Wer kann das schon von sich behaupten? Solche Storys sind genial. Solche emotionalen Dinge müssen wir den Verkäufern an der Front sagen, damit sie es den Endkunden weitergeben können, unabhängig davon, ob beim Fachhändler, auf der Fläche oder online.

Wie soll das gelingen?

Das ist primär ein Marketing-Thema, bei dem wir stärker werden müssen. Unsere Produkte sind top, wir müssen aber die passende Geschichte dazu erzählen. Das kann man in Newsletter, Kataloge, am POS und in weitere Formate verpacken. Wir brauchen Partner, die Lust am Erzählen haben. Und wir wollen die Kunden, die ein hochwertiges Produkt suchen, bei dem es etwas zu erzählen gibt. Wer nur einen (OLED-)Fernseher für 999 Franken zum Mitnehmen sucht, ist nicht unser Kunde. Dafür legt Panasonic zu viel Wert auf Nachhaltigkeit und Qualität. In diesem Segment können wir nicht mitspielen, und da müssen und wollen wir auch nicht hin.

Wann wird es solche Marketing-Tools von Panasonic Schweiz geben?

Wir wollen nicht ein Konzept für alle bieten, sondern massgeschneiderte Vermarktungskonzepte für jeden Partner, damit er die passende Geschichte erzählen kann. Ich gehe davon aus, dass man noch im Laufe dieses Jahres die nächsten Dinge sehen wird.

Sie waren acht Jahre bei Alltron und Brack.ch und davor neun Jahre bei Electronicpartner. Wie hilft Ihnen diese Erfahrung nun bei Panasonic?

Meine Wurzeln liegen im TV-Fachhandel, ich kenne mich aber auch im E-Commerce und bei den Mass Merchandisern aus. Deshalb habe ich ein breites Know-how über die Schweizer Handelslandschaft und kenne die Stärken und Schwächen der einzelnen Kanäle.

Auf welche Vertriebskanäle werden Sie Ihren Fokus legen?

Wir stehen zum Fachhandel, aber wir sind auf alle anderen Kanäle angewiesen. Panasonic braucht eine gewisse Breite. Wir machen jedem Kanal, der hochwertige Produkte verkaufen kann, die passenden Angebote. Aber so, dass sie sich nicht in die Quere kommen. Wir haben ein breites Sortiment und können die verschiedenen Kanäle adäquat bespielen. Etwa mit unseren Fachhandels-Exklusiv-TVs im OLED-Bereich. Mit uns kann man Geld verdienen.

Wird Panasonic Business eigenständig bleiben?

Ja, Consumer- und Business-Cluster sind bei Panasonic bis nach Japan hinauf getrennt und das wird auch in Zukunft so sein. Ich habe die volle Verantwortung für die komplette Consumer-Sparte und bin sozusagen der Hüttenwart von Panasonic Business. Die Arbeitsverträge und die Autos sind in meiner Organisation, aber ich habe keine Geschäftsverantwortung für Panasonic Business.

Wie verlief das vergangene Geschäftsjahr für Panasonic Schweiz bis Ende März?

Es ist nicht an mir, die Vergangenheit zu kommentieren. Aber es ist schön, dass unser Abschluss besser als erwartet war. Wir sind stabil unterwegs. Aber das ist der Verdienst von Urs Fischer und des Teams.

Was bedeutet stabil?

Wir sind gut unterwegs, sind gesund. Aber von Wachstum zu sprechen, wäre vermessen.

Welche Entwicklung erwarten Sie im laufenden Geschäftsjahr?

Wir kämpfen dafür, dass wir in den Wachstumsbereich kommen. Obwohl das Marktumfeld anspruchsvoll ist, können wir wachsen, weil wir zur tollen Mannschaft auch Top-Produkte haben, gerade im TV-Bereich. Wir haben aber auch im Fotosegment mit der S1 neu eine Vollformatkamera, die uns in eine neue Preis- und Qualitätsklasse befördert. Auch vom Technics-Klassiker SL-1200 bieten wir seit diesem Frühling ein neues Highlight. Im Moment ist die Verfügbarkeit des Plattenspielers aber kritisch, weil die Kunden uns schier die Bude einrennen. Wir wünschen uns ausserdem weitere Handelspartner, die Technics in einem entsprechenden High-End-Umfeld präsentieren können.

Wie viel mehr Fachhändler für Technics wollen Sie?

20 bis 30 weitere Händler wären toll. Aber ich habe lieber nur 5 und dafür die richtigen. Wir brauchen Partner, die hinter Technics stehen und mit der Marke Gas geben möchten.

Technics-Produkt-Manager Andrew Iten hat Panasonic Ende 2018 verlassen. Haben Sie einen Ersatz für ihn gefunden?

Wir haben mit Renato Pioggia von Digitalcom eine Lösung für den Technics-Vertrieb gefunden. Wir finden, dass es keinen Sinn ergibt, Technics als einzige Marke zu betreuen. Dazu braucht es weitere Audioprodukte insbesondere im High-End-Segment, um Synergien nutzen zu können.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Digitalcom?

Renato Pioggia arbeitet auf eigene Rechnung und betreut die Handelspartner. Er übernimmt den Vertrieb, aber die Ware liefert immer noch Panasonic Schweiz aus. Wir autorisieren auch weiterhin jeden Handelspartner. Wir wollen weiterhin den Hut aufhaben und würden Technics auf keinen Fall an einen Distributor abgeben.

Ist dieses Vertriebsmodell auch für andere Bereiche geplant?

Nein, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass wir im Bereich Logistik Partnerschaften eingehen. Wir suchen nach Lösungen, um Synergien zu nutzen, damit wir unsere Liefergeschwindigkeit verbessern und die Verfügbarkeit erhöhen können. Das ist wichtig, weil der Kunde heutzutage nicht mehr lange auf ein Produkt warten will. Deshalb führen wir derzeit Gespräche mit infrage kommenden Partnern. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen.

Was sind die Wachstumsfelder von Panasonic in der Schweiz?

Wir haben verschiedene Wachstumsfelder, die wir anpacken können. Zum einen haben wir im TV-Bereich noch nicht alles abgeschöpft, was mit unseren Produkten möglich wäre. OLED- und grossformatige Fernseher sind wichtige Themen für uns. Auch Technics ist uns wichtig, und mit der S1 erschliessen wir das Marktsegment der Vollformatkameras. Dazu kommt der Bereich Weisswaren/Elektrokleingeräte, wo wir Luft nach oben für weiteres Wachstum haben.

Vor zwei Jahren sagte Urs Fischer im Interview mit «Elektro Heute», dass er den Weisswarenbereich stark ausbauen möchte. Was hat sich seither getan?

Weisswaren sind sehr wichtig für uns, damit wir uns diversifizieren und auf verschiedene Standbeine setzen können. Wir bauen den Bereich deshalb weiter aus. Bei Mikro­wellen haben wir schon ein sehr gutes Standing, aber bei den Rasierern haben wir noch nicht den Marktanteil, den wir mit unseren tollen Produkten erreichen könnten. Da haben wir noch Arbeit vor uns.

Sie sind bei Rasierern die Nummer drei im Markt. Wie wollen Sie die Marktführer Philips und Braun überholen?

Zuerst wollen wir sie nicht überholen, sondern näher an sie heranrücken. Wir haben auch bei unseren Rasierern tolle Geschichten zu erzählen mit der speziellen Klingentechnologie der japanischen Messer.

Welche Neuheiten wird Panasonic an der IFA in Berlin ­zeigen?

Es lohnt sich definitiv, uns zu besuchen, weil es viel zu entdecken geben wird. Ich freue mich auf die Händler, die am Händlerrundgang teilnehmen werden, den wir wieder zusammen mit Electronicpartner planen. Natürlich sind auch alle Händler willkommen, die nicht im EP-Verbund sind.

Was sind die Produktneuheiten von Panasonic an der IFA?

Dazu kann ich im Moment noch nichts sagen.

Was raten Sie dem Handel?

Es gibt kein Universalrezept für den Handel in der Schweiz, weil er sehr fragmentiert ist. Entscheidend ist, dass Händler nicht nur hinter dem Ladentisch auf Kunden warten, weil es keine organische Frequenz mehr gibt. Sie müssen innovativ sein und bereit, sich etwas ausserhalb des Tellerrandes zu überlegen, damit sie auch in Zukunft ein gutes Auskommen haben. Insbesondere das mittlere und obere Preissegment ist nach wie vor ein gutes Pflaster für den Handel in der Schweiz. Die Schweizer Kundschaft ist bereit, für Dienstleistungen zu bezahlen, aber es muss professionell vermarktet und umgesetzt sein.

Können Sie ein Beispiel machen?

Als Händler brauchst Du heute einen professionellen Onlineauftritt. Das muss kein Shop sein, aber man muss seine Leistung präsentieren, zeigen, wie man sich positioniert und im Markt abgrenzt. Was ist mein Segment und wie erzähle ich die passende Geschichte für meine relevante Zielgruppe? Was ist mein Differenzierungsmerkmal? Das muss sich jeder Händler überlegen, egal ob die Zwei-Mann-Bude oder ein Onlineanbieter mit 1000 Mitarbeitern. Vielleicht sind auch Kooperationen möglich, mit Architekten, Innendekorateuren, Elektrikern und weiteren, um gemeinsam als Gesamtdienstleister auftreten zu können. Auch Spezialisierungen etwa auf Altersheime sind eine Möglichkeit. Aber der Auftritt muss immer professionell umgesetzt sein. Dann hat man gute Chancen im Markt.

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