ICT-Reseller-Index April

Schweizer Reseller müssen sich vom Channel-Gedanken lösen

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von Coen Kaat

Das Schweizer IT-Reseller-Geschäft ist im April leicht abgetaucht, wie der ICT-Reseller-Index von Proseller zeigt. Der Monatsumsatz ist zwar gestiegen im Vergleich zum Vorjahr, doch das ist nur bedingt eine frohe Botschaft.

(Source: Creativa Images / Fotolia.com)
(Source: Creativa Images / Fotolia.com)

Im vergangenen Monat ist der ICT-Reseller-Index auf 65 Punkte gefallen. Der April-Wert liegt somit 9 Prozent unter dem Vergleichswert im Vormonat, wie Proseller mitteilt. Das Unternehmen aktualisiert seinen Index jeden Monat – basierend auf den anonymisierten Suchaktivitäten der IT-Reseller über die Concerto-Software-Suite.

Dieser April-Taucher, wie Proseller ihn nennt, fiel 2018 moderater aus als im Vorjahr. Der aktuelle Monatswert liegt folglich nur 5 Prozent unter dem April-Wert von 2017. Trotzdem bleibt das Vorjahr ausser Reichweite, wie das Unternehmen schreibt. Denn der kumulierte Indexwert liegt für das laufende Jahr 17 Prozent unter dem Vergleichswert von 2017.

Der Durchschnittspreis der verkauften Artikel kletterte laut Mitteilung im Zeitraum eines Jahres hingegen um fast 15 Prozent. Dies führte dazu, dass der Umsatz im April 2018 rund 4 Prozent höher lag als im Vergleichswert im Vorjahr.

Absatzmenge sinkt konstant

Die Freude darüber hält sich jedoch in Grenzen, da die Absatzmenge unaufhörlich abnimmt. "Eine konstant sinkende Absatzmenge verengt per se den Markt, das heisst die gleiche Anzahl Reseller versuchen eine sinkende Anzahl Projekte zu bedienen", erläutert Thomas Czekala auf Anfrage. Czekala ist Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des Index.

Der kumulierte Umsatz bleibt deutlich hinter den Vergleichswerten in den Vorjahren zurück. (Source: Proseller)

Der Wettbewerbsdruck steige also, wodurch auch die Margen immer mehr unter Druck gerieten. "Im ICT-Umfeld wird Hardware zum Teil jetzt schon mit Nullmarge gehandelt, nur um weiter im Geschäft zu bleiben."

Wer rein als Händler unterwegs ist, hoffe "einen längeren Atem als die anderen zu haben", sagt Czekala. Eine problematische Strategie. Denn viele Händler haben bereits lukrative Service-Geschäfte aufgebaut, weswegen sie nicht mehr auf die Handelsmargen angewiesen sind. "Die Nullmargen-Kultur droht zur Normalität zu werden", sagt Czekala.

Service-Geschäft bietet Platz für alle Reseller

So gewappnet, übernehmen IT-Reseller immer mehr die Rolle des Mediators inmitten der digitalen Transformation. Er wird zum Solution Designer, der die Fragestellung des Kunden und die geforderten Schnittstellen zu anderen Systemen erfassen und verstehen muss, schreibt Proseller.

"Theoretisch wäre Platz für alle IT-Reseller im Service-Business und sogar noch einige zusätzliche", sagt Czekala. Dafür müssten sie aber ihre Komfortzone verlassen und neue Fähigkeiten erlernen. "Viele Reseller sind bereits in der neuen Zeit angekommen, andere sind gerade erst dabei, die Blickrichtung zu wechseln und eine letzte Gruppe versucht mit allen Tricks in der alten Zeit zu bleiben."

Viele Führungskräfte machen zudem ihren Job immer noch wie vor 40 Jahren

"Leider besteht immer noch der Glaube, dass digitale Transformation ein rein kreatives und technisches Thema sei", sagt Czekala. Sich für ein neues IT-System zu entscheiden und anzuweisen, die Prozesse zu ändern, genüge nicht. "Kunden und Mitarbeiter sind Menschen, die nicht unbedingt positiv auf Veränderungen reagieren", sagt er.

"Viele Führungskräfte machen zudem ihren Job immer noch wie vor 40 Jahren", sagt Czekala. Diese Führungskräfte würden versuchen, mit den früher bewährten Methoden in einem grundsätzlich neuen Umfeld weiter erfolgreich zu sein.

Thomas Czekala, Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des ICT-Reseller-Index. (Source: Proseller)

"Die neue globale Marktplatz- und Netzwerkökonomie bedeutet aber, dass sich Süsswasserfische aus einem begrenzten Teich auf ein Leben im Ozean mit Salzwasser umstellen müssen." Neben der neuen Wasserqualität gebe es nun zusätzlich noch ganz andere Tiere kennenzulernen, die das Leben zusätzlich erschweren.

Czekalas aktuelle Handlungsempfehlung für Reseller im Mai

"Zum 200. Jahrestag von Karl Marx liegt mir eine sehr polarisierende Aussage auf der Zunge: 'Reseller aller Kantone vereinigt euch'", sagt Czekala. Reseller müssten ihren Kunden empfehlen, weitere Partner miteinzubeziehen, wenn sie weiterhin als Qualitätspartner wahrgenommen werden wollen.

"Zukünftig erfolgreich werden die sein, die sich als erste vom starren linearen Channel-Gedanken in die neue Zeit der Netzwerkökonomie transformieren können", sagt Czekala. "Die Hürde klingt klein, ist aber riesig."

Dazu gehöre auch die Bereitschaft, gewisse Freiheiten aufzugeben sowie den eigenen Umsatz mit anderen Partnern zu teilen. "Autonomie war gestern und die Option, sich nicht in das Netzwerk zu integrieren, gibt es zukünftig nicht mehr."

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