Kopfhörer statt Lautsprecher

Trendwende im Static-Audio-Markt

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Der Schweizer Static-Audio-Handel hat derzeit wenig Grund zu lachen. Lautsprecher, Tuner, Amplifier und Receiver verkaufen sich nicht mehr so gut. Das gilt erst recht für Audio- und Heimkinosysteme. Nur eine Nische widersetzt sich dem Trend.

(Source: archideaphoto)
(Source: archideaphoto)

Der Schweizer Static-Audio-Markt hat seine Wachstums­phase vorerst hinter sich. Dazu gehören laut den Marktforschern von GfK Switzerland Audioheim- und Heim-kinosysteme, vernetzte Audioheimsysteme, Tuner, Amplifier und Receiver, Plattenspieler, Lautsprecher, Tisch-CD-, -Kassetten- und -Minidisk-Spieler. Für dieses Jahr prognostiziert Luca Giuriato, Senior Market Consultant bei GfK Switzerland, einen Rückgang der Verkaufszahlen um 26 000 Geräte. Dann würden im Jahr 2017 noch 420 000 Produkte verkauft.

Verkauft der Markt weniger Geräte, fällt meist auch der Umsatz. In diesem Fall prognostiziert GfK für dieses Jahr einen Umsatzrückgang um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dann würde der Markt noch 157 Millionen Franken mit Static-Audio-Geräten umsetzen. Das sind 11 Millionen Franken weniger als noch im Vorjahr.

Kopfhörer statt Lautsprecher

Auch für das kommende Jahr rechnet GfK Switzerland mit einem Rückgang. Dieser soll mit 407 000 verkauften Geräten zwar nicht ganz so stark ausfallen wie dieses Jahr. Das entspräche einem Rückgang von 3,1 Prozent, der Umsatz fiele damit auf 150 Millionen Franken (minus 4,3 Prozent).

Würden Kopfhörer zum Audiomarkt dazugezählt, wäre die Entwicklung weniger dramatisch. Der Kopfhörer- und Headset-Markt in der Schweiz legte im vergangenen Jahr stark zu, laut GfK um 12,8 Prozent auf 81,8 Millionen Franken. Das ist mehr als die Hälfte des Umsatzes, den der Static-Audio-Markt erzielt.

Der Rückgang ist umso bemerkenswerter, da die Entwicklung zuletzt nach oben zeigte. 2016 fiel der Umsatz im Static-Audio-Markt zwar ebenfalls leicht um 2,5 Prozent, der Handel konnte aber zumindest die Anzahl verkaufter Geräte um 2,4 Prozent steigern. Das gilt für 2016 wie auch für die zwei Jahre davor. 2014 war der Umsatz mit 184 Millionen Franken auf einem Zehnjahreshoch. Es schien, als könne der Markt dem Negativtrend trotzen. Das Wachstum erklärte GfK-Experte Giuriato damals mit High Resolution Audio und dem Vernetzungstrend als Antreiber. Dank hochaufgelöster Musik erlebe auch hochwertiges Audio eine Renaissance, sagte Giuriato. Diese Entwicklung scheint aber schon wieder vorbei.

Lauter Verlierer

Die Teilbereiche "vernetzte Audioheimsysteme" und "Smart Audio" legten in den vergangenen Jahren stark zu. 2016 aber nur noch wenig, insgesamt verkaufte der Schweizer Handel zwar weit mehr Geräte, die zu diesem Bereich zählen, der Umsatz stieg aber nur noch leicht um 2 Millionen auf 68 Millionen Franken. Dieses Jahr soll der Umsatz nun erstmals um 4 Millionen Franken sinken, im nächsten Jahr ebenso, heisst es vonseiten GfK Switzerland.

Der zweite grosse Teilbereich, die Lautsprecher, erfreut den Handel zurzeit ebenso wenig. Die Entwicklung verlief ähnlich. Nach fast zehnjährigem Wachstum in den vergangenen Jahren fiel der Umsatz 2016 erstmals wieder um 3 Millionen auf 62 Millionen Franken. Dieses und nächstes Jahr soll der Umsatz insgesamt um weitere 3 Millionen Franken zurückgehen.

Fast parallel zu den Lautsprechern verläuft die Umsatzentwicklung im Bereich Tuner, Amplifier und Receiver. Der Umsatz stieg vergangenes Jahr zwar um 1 Million auf 19 Millionen Franken, soll bis nächstes Jahr aber auf 17 Millionen Franken sinken. Damit wäre der Umsatz fast nur noch halb so hoch wie fünf Jahre zuvor. Tisch-CD-, -Kassetten- und -Minidisc-Player haben seit einigen Jahren praktisch keine Bedeutung mehr im Static-Audio-Markt. Das dürfte bald auch für Audioheim- und Heimkinosysteme ohne Vernetzungsmöglichkeit gelten, mit denen der Handel laut GfK nächstes Jahr nur noch 9 Millionen Franken umsetzen soll. Vor zehn Jahren war diese Zahl noch zehnmal so hoch.

Nur Retro gewinnt

Der einzige Teilbereich mit Wachstum ist ein alter Bekannter. Wie Giuriato schon vor einiger Zeit bemerkte, ist Retro wieder ein Trend, den in der Unterhaltungselektronik etwa Hersteller mit Produkten im Vintage-Stil bedienen. Aus diesem Grund ist auch die Schallplatte wieder beliebt. Der Umsatz mit Plattenspielern schoss im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2015 von unter einer Million auf 6 Millionen Franken. Dieses Jahr soll sich der Umsatz auf demselben Niveau bewegen und nächstes Jahr um 1 Million auf 7 Millionen Franken steigen. Das reicht aber bei Weitem nicht, um den Rückgang im Static-Audio-Markt aufzuhalten. Plattenspieler sind nach wie vor ein Nischenprodukt.

Trotz der ausser bei Lautsprechern negativen Entwicklung im Static-Audio-Markt macht Giuriato dem Schweizer Handel Hoffnung. Er sei zuversichtlich, dass der Markt wieder etwas Schub bekomme. "Einerseits ist eine der wichtigsten Anforderungen beim Kauf eines neuen TV-Geräts ausser dem guten und ­grossen Bild ein guter Ton", begründet Giuriato seine Annahme. Andererseits rechnet er dem Thema Multiroom weiterhin grosse Chancen zu: "Wenn der Handel das Thema richtig thematisiert, hat er noch viel Potenzial", sagt Giuriato.

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