Marktreport

Der Schweizer Musikmarkt strauchelt

Uhr | Aktualisiert

Der Verband der Schweizer Musiklabels hat die Jahreszahlen für 2015 vorgelegt. Trotz anhaltendem Vinyl-Trend gingen die Umsätze erneut zurück. Mit dem digitalen Sektor könnte der Musikmarkt aber wieder wachsen.

(Quelle: Pixabay/ CC0 Public Domain)
(Quelle: Pixabay/ CC0 Public Domain)

Für das Fiskaljahr 2015 hat der Schweizer Ableger der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI Schweiz) seine Jahreszahlen vorgelegt. Wie es in einer Mitteilung heisst, erzielten die rund 35 Labels des Verbands einen Gesamtumsatz von 81,8 Millionen Franken. Das sind 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Schweizer Musikmarkt hat zu kämpfen, während die Branche weltweit auf ein erfolgreiches Jahr 2015 zurückblicken kann. Sie verzeichnet einen Umsatz von 15 Milliarden US-Dollar und legte damit um 3,2 Prozent zu. Es sei das erste signifikante globale Wachstum der Branche seit fast zwei Jahrzehnten.

Streaming-Dienste beliebt

Trotz eines Gesamtrückgangs verkündet der IFPI Schweiz aber auch positive Resultate. So konnte gerade der hiesige Digitalmarkt wieder zulegen. Lag dieser 2014 mit 3 Prozent im Minus, stieg er 2015 um knapp 7 Prozent auf 39,9 Millionen Franken, wie der Verband berichtet. Er führt das Umsatzplus auf das starke Streaming-Segment zurück, dessen Umsatz 2015 um 3,5 Millionen auf 15,3 Millionen Franken anstieg. Das entspricht plus 30 Prozent. Der Streaming- Sektor hätte damit auch den Umsatzrückgang im Download-Geschäft von minus 4 Prozent (minus 1,1 Millionen Franken auf insgesamt 24,6 Millionen Franken) wieder wettgemacht, heisst es weiter. Insgesamt trage Streaming 38 Prozent und das Download-Geschäft 62 Prozent zum Digitalsegment bei. Der IFPI nennt ausser den Diensten von Spotify und Deezer auch Apple als neuen und wichtigen Player im Streaming-Geschäft.

Ein Blick nach Übersee untermauert den Streaming- Trend. Der diesjährige globale IFPI-Report nennt für den Digitalsektor in Nordamerika ein Umsatzwachstum von 4,3 Prozent. Im weltweit grössten Musikmarkt stellt Streaming die grösste Umsatzquelle dar: In den USA stiegen seine Umsätze um 46,6 Prozent. Weltweit trägt das digitale Musikgeschäft inzwischen 45 Prozent zu den Gesamtumsätzen bei, physische Tonträger dagegen 39 Prozent. Wie in der Schweiz war der Verkauf digitaler Musikstücke auch im gesamten Markt rückläufig: Die Umsätze von heruntergeladenen Musikinhalten sank international um 10,4 Prozent auf 3 Milliarden US-Dollar.

Werbeeinnahmen durch Youtube-Channels fielen für die Schweizer Musiklabels des IFPI-Verbandes hingegen klein aus. Zwar erfreut sich der Musikkonsum via Youtube auch in der Schweiz grosser Beliebtheit. Doch die Einnahmen aus werbefinanziertem Video-Streaming – mit Youtube und Vevo als stärkste Portale – trugen lediglich 600 000 Franken zu den Gesamtumsätzen bei, also weniger als 1 Prozent.

Vinyl weiter auf dem Vormarsch

Bei den physischen Tonträgern verzeichnet der Verband einen weiter sinkenden CD-Umsatz. Er fiel von 47,5 Millionen auf 42 Millionen Franken, das entspricht einem Minus von 12 Prozent. Gemäss Mitteilung entspräche der Umsatzrückgang dem Trend des Online-Musikkonsums. Dieser löse die CD ab, heisst es weiter. Auch auf globaler Ebene verzeichnet der IFPI bei physischen Tonträgern einen Umsatzrückgang um 4,5 Prozent. Damit nahmen die Umsätze jedoch weniger stark ab als in den Vorjahren (2014: minus 8,5 Prozent, 2013: minus 10,6 Prozent).

Schallplatten liegen hingegen weiter im Trend. Der Umsatz aus Vinyl-Verkäufen lag letztes Jahr bei 2,5 Millionen Franken – ein Anstieg von 50 Prozent im Vorjahresvergleich. Damit machen die Verkäufe von Langspielplatten 3 Prozent des Gesamtmarkts aus, wie es in der Mitteilung heisst. Zwar nur ein marginaler Anteil, dennoch habe der Verband letztmals 1993 einen ähnlich hohen Umsatz mit Vinyl erzielt.

Wie der IFPI Schweiz berichtet, sind in seinen Zahlen jedoch die Direktimporte der CD-Händler und der Konsumenten aus dem Ausland nicht enthalten. Diese Direktimporte hätten aufgrund der Euro-Schwäche stetig zugenommen und sollen gegenwärtig etwa 30 Prozent aller CD-Käufe der Schweizer betragen.

Physischer Markt stärker

Der physische Markt sei in der Schweiz aber auch im elften Jahr der IFPI-Messung immer noch stärker als der Digitalmarkt, heisst es weiter. Physische Tonträger hätten immer noch rund 51 Prozent zu den Gesamtumsätzen des IFPI beigetragen. In Deutschland fällt der Beitrag der CD zum Musikmarkt noch stärker aus: Gemäss dem weltweiten IFPI-Musikreport sei sie dort für 60 Prozent aller erzielten Umsätze verantwortlich. Ziehe man für die Schweiz Parallelimporte bei, wäre aber auch hier der Vorsprung der CD noch deutlicher, wie es im Schweizer Bericht heisst.

Wie der Verband mitteilt, schafften es 2015 zwei Acts in die Jahres-Top-10 der von GfK Entertainment ermittelten  offiziellen Schweizer Album-Hitparade: Lo & Leduc und Patent Ochsner. In den Top 100 seien 20 Schweizer Interpreten vertreten gewesen – weniger als in den Vorjahren. Der Verband führt dies darauf zurück, dass einige der grössten Schweizer Interpreten 2015 keine Veröffentlichung hatten. Weltweit führt Adele die Rangliste der beliebtesten Künstler und der Bestseller. Auf die Britin folgen Ed Sheeran und Taylor Swift.

Ausser mit den wenigen Veröffentlichungen von Alben von bekannten Schweizer Künstlern sieht sich der IFPI Schweiz auch mit illegalen Angeboten auf Piraterieportalen und in Peer-to-peer-Netzwerken konfrontiert. Diese stellen eine Belastung für das ganze Musikgeschäft dar, vor allem aber für das Digitalgeschäft, wie es im Bericht heisst. Im Gegensatz zum restlichen Europa mangelt es in der Schweiz an griffigen und leicht umsetzbaren Massnahmen, wie etwa einer Sperrung des Zugangs zu Piraterieportalen. Der Bundesrat hat im Dezember 2015 zwar einen Vernehmlassungsentwurf mit entsprechenden Ansätzen vorgelegt. Doch bis dieser in Kraft tritt, vergehen weitere zwei bis vier Jahre, wie der Schweizer Branchenverband befürchtet.

Der Schweizer Musikmarkt schrumpfte seit 2001 stetig – insgesamt um 73 Prozent. Der Umsatzrückgang fiel letztes Jahr jedoch nicht mehr so hoch aus. Wie sich Lorenz Haas, Geschäftsführer von IFPI Schweiz, im Bericht zitieren lässt, kann dann mit einer Rückkehr zum Wachstum gerechnet werden, "wenn die Einnahmen aus Streaming diejenigen aus dem Download überflügeln". Es sei also möglich, dass die Branche bereits 2017 wieder zu einem Wachstum zurückkehre.

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