Porträt

Der letzte Audiohändler

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In Zürich-Schwamendingen ist nur noch ein Audio-TV-Fachgeschäft übrig. Ein Dutzend ist verschwunden. Übrig blieb die "Audiotechnik", die trotz vieler Brüche auch nach 40 Jahren erfolgreich ist.

Das Audiotechnik-Team (v. l.): Nikola Grkovic, André Stutz und Hanspeter Staub. (Quelle: Netzmedien)
Das Audiotechnik-Team (v. l.): Nikola Grkovic, André Stutz und Hanspeter Staub. (Quelle: Netzmedien)

Vor 40 Jahren hat sich die AEG Telefunken im Umbruch befunden. Thomson hatte den deutschen Traditionshersteller gekauft, der sich kurz darauf vom Hi-Fi-Segment verabschiedete. Für die beiden ausgebildeten Audio-Techniker Hans­peter Staub und André Stutz war dies Grund genug, etwas Neues zu wagen. Das Hi-Fi-Thema hatte sie zu sehr gepackt. Sie verliessen die Telefunken-Generalvertretung, mieteten sich im Januar 1976 in eine Werkstatt in Zürich Seebach ein und gründeten das Radio-Fernseh-Fachgeschäft "Audiotechnik".

Schon von Beginn an setzten sie zudem als zweites Standbein auf eine eigene Hi-Fi-Manufaktur und entwickelten eigene Schallwandler-Systeme. Sie dachten, die Schweiz warte auf Aktiv-Lautsprecher aus reiner Schweizer Produktion zum vernünftigen Preis. Unter ihrem Label "Leisesprecher" fertigten sie Exklusives wie den ersten Stereo-Verstärker mit Aktiv-Filtern und je fünf Endstufen pro Kanal. Praktisch alles entstand in Eigenregie. Für passende Aktiv-Filter späterer Entwicklungen kontaktierten sie auch schon mal die Radarabteilung des Schweizer Militärs.

Vermehrt hochwertige Reparaturen

Doch zum Durchbruch ihrer Marke kam es nicht. Aktuell sind vier Lautsprecher-Modelle und eine Mono-Endstufe im "Leisesprecher"-Sortiment. Der jüngste Lautsprecher ist zwei Jahre alt. «Der Schweizer will die Produkte, die er kennt», sagt Stutz. Frustriert zeigen sie sich nicht. Ohne Eigenbau würde die Seele des Unternehmens fehlen, wie sie sagen. Zudem könnten sie sich so von der Konkurrenz abheben und viele wertvolle Erfahrungen sammeln.

Ihre Zuversicht rührt wohl auch daher, dass sie von Beginn an und auch heute wieder zum Grossteil von der Werkstatt leben. Kunden und Händler aus dem Einzugsgebiet Zürich kommen mit hochwertigen Geräten ins Stadtquartier Schwamendingen. Dort ist die Audiotechnik seit 1977 angesiedelt. Dank der Website für Reparaturen kommen auch Kunden aus entfernten Ecken der Schweiz zu ihnen. Auf einen Webshop verzichten sie hingegen, weil sie nicht in den Preiskampf einsteigen wollen, wie sie sagen.

Der Anteil an hochwertigen Reparaturen nehme zu, bei hochwertigen Produkten sei der Kunde bereit, zu investieren. Wohl die meisten ihrer Kunden hören klassische Musik. Es sind die Menschen, die genau hinhören und hohe Ansprüche haben, wie sie sagen. Viele sind im Alter der Inhaber. Doch es gibt auch junge Kunden. Einige kämen nach einer Erbschaft erstmals in Kontakt mit einer guten Audioanlage. Ein Kunde unter 30 Jahren sei erst kürzlich mit einem Gerät im Wert von 2000 Franken zur Reparatur gekommen. Die Reparatur hätte 600 Franken gekostet, wären die benötigten Ersatzteile lieferbar gewesen. Statt der Reparatur sei es zum Verkaufsabschluss gekommen, weil den Kunden ein Accuphase-Verstärker für 11'000 Franken "einfach umgehauen" habe.

Nur noch ein TV-Modell

Eine Zeit lang reparierten die drei Inhaber auch für Generalvertretungen, doch davon verabschiedeten sie sich. Wie von vielem. Es gab manche Brüche bei der Audiotechnik. Einer war, als Staub pensioniert wurde und seither nur noch sporadisch vorbeikommt. Dafür unterstützt Nikola Grkovic das Team seit über 25 Jahren. In der Werkstatt sind sie aber alle noch gerne. Einen weiteren Bruch gab es vor rund 5 Jahren, als sich die Audiotechnik grösstenteils von der Video-Consumer-Electronics lossagte. Seither führen sie praktisch nur noch ein Panasonic-TV-Modell, dieses könnten sie dafür jederzeit und in allen Grössen liefern.

Gleichberechtigt sind alle drei, und das funktioniert. Als sie anfingen, gab es 13 Audio-TV-Fachgeschäfte in Schwamendingen. Heute ist die Firma Audiotechnik das einzige UE-Geschäft im Quartier. "Für uns ist der Standort ideal", sagen die drei Inhaber. Und sie sind zuversichtlich, ihre Bereiche Eigenbau, Verkauf und Service weiter steigern zu können.

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