Betriebswirtschaft für Fachhändler, Teil 30: Unternehmensstrategie

Jährliche Überprüfung

Uhr | Aktualisiert
von Ruedi Haeny, Haeny Management Consulting

"Industrien und Unternehmen, die auf dem freien Markt konkurrieren, wissen, dass sie sich wandeln und anpassen müssen, sie müssen die neuen Neigungen der Kundschaft kennen oder sie werden untergehen." Zitat: William Doyle Ruckelshaus

Sie haben sich sicher auch schon gefragt, warum immer wieder über Jahre, ja sogar Jahrzehnte erfolgreiche Unternehmen ins Straucheln geraten oder sogar von der Bildfläche verschwinden. Dabei trifft es Hersteller wie auch Handelsunternehmen gleichermassen. In den meisten Fällen ist der Grund mangelnde Anpassungsfähigkeit. Es wird übersehen, zu spät erkannt oder schlicht nicht geglaubt, dass keine Erfolgsgeschichte so gut ist, dass sie unendlich fortgeschrieben werden könnte. Das geschäftliche Umfeld und das Verhalten der Kunden verändern sich laufend. Dem kann sich keine Firma entziehen. Man muss die Trends rechtzeitig erkennen, die Herausforderungen annehmen und entsprechend handeln.

Das heisst, dass es nicht genügt, das Jahresziel und den Kurs dahin fest im Auge zu behalten und bei Bedarf anzupassen, wie es unser Musterhändler Scheidweg anhand des Kennzahlen-Cockpits (CET 06/2015) nun jeden Monat macht. Ein Mal pro Jahr sollten das bisherige Tun kritisch analysiert, zukünftige Verbesserungsmöglichkeiten definiert und initialisiert werden. Sowohl aus erreichten wie auch aus verpassten Zielen lassen sich Lehren ziehen. Die beste Quelle für Anregungen sind Kundenreaktionen. Wie können wir Positives erhalten und sogar verstärken, wie Negatives abbauen?

Warum kommen die Kunden zu uns?

Zumindest jedes zweite Jahr ist es angezeigt, sich noch grundsätzlichere Fragen zu stellen. Die Firmenstrategie bedarf, wie einleitend bemerkt, ebenfalls einer periodischen Überprüfung und allenfalls Überarbeitung. Überlegen Sie sich, welche Daseinsberechtigung Ihre Firma bis heute hatte und wie es damit in Zukunft aussehen wird. Fragen Sie sich konkret: «Warum kommen die Kunden zu uns und was erwarten sie? Was erwarten sie in 3 bis 5 Jahren, und warum sollen sie dann immer noch zu uns kommen?» Damit testen wir, ob die unserer Strategie zugrunde liegenden Annahmen weiterhin gültig sind. Das Resultat wird eine nachgeschärfte, entsprechend den neuen Gegebenheiten justierte Ausrichtung der Firma sein. Aufmerksame Leser (also Sie alle) werden jetzt darauf hinweisen, in den Anfangszeiten dieser Kolumne gelesen zu haben, man solle einmal gefasste Ziele nicht ändern, höchstens den Plan, wie man sie erreichen wolle. Richtig! Da war aber von kurzfristigeren Einzelzielen die Rede, die dazu da sind, in ihrer Summe die Umsetzung der Strategie zu erreichen. Jetzt geht es um eine periodische Kontrolle und allenfalls Anpassung der generellen Marschrichtung. Die Versuchung, diese häufig zu ändern, dürfte schon wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht allzu gross sein. Dafür sind die Ausreden, diese Aufgabe aufzuschieben, mannigfach. Planen Sie den Termin deshalb fix in Ihrem Jahresablauf ein.

Der Firmenchef als normaler Teilnehmer

Ihre Firmenstrategie haben Sie seinerzeit nicht in zwei Stunden erarbeitet. Sie zu überarbeiten benötigt demnach auch genügend Zeit. Reservieren Sie sich dafür mindestens einen ganzen Tag, der Aufwand lohnt sich. Sorgen Sie dafür, dass Sie ungestört und konzentriert arbeiten können. Am besten geschieht dies ausserhalb der gewohnten Arbeitsräume. Ein Abstecher hinaus in eine schöne Umgebung wirkt inspirierend. Nach Möglichkeit sind alle Mitarbeitenden, bei grös­seren Betrieben zumindest das komplette Führungsteam, einzubeziehen. Wer an einem für die Firma so wichtigen, weil wegweisenden Tag dabei war und seine Ansichten und Ideen einbringen konnte, wird doppelt motiviert mithelfen, die gefassten Beschlüsse in die Praxis umzusetzen. Sehr zu empfehlen ist auch der Beizug eines externen Moderators. Dieser kann dank seiner Erfahrung Betriebsblindheit gegensteuern, Ideen aus einem anderen Blickwinkel einbringen und als Sparringpartner kritische Fragen stellen. Nicht zuletzt erlaubt dies dem Firmenchef, selbst in die Rolle eines normalen Teilnehmers zu schlüpfen. Die Diskussion kann sich freier entwickeln, als wenn er das Meeting selbst leiten und damit, wenn auch ungewollt, in seinem Sinne steuern würde. Versuchen Sie es. Viel Erfolg!

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wie aus Ihren ­Plänen Realität wird.

Persönlich

Ruedi Haeny ist lic.oec. HSG und begann seine berufliche Laufbahn in der Marktforschung, wechselte dann in Marketing und Verkauf, wo er verschiedene leitende Positionen inne­hatte, zuletzt während 16 Jahren bei Philips Consumer Electronics. Er war aktiv im Vorstand des Swico und leitete die IG CE. Im Februar 2013 gründete er die Haeny Management Consulting GmbH. Heute unterstützt er Firmen bei der Durchführung von Projekten und begleitet sie bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden gehören Fachhändler, Handelsgruppen und Importeure.

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