Vis-à-vis

"Hardware wird es immer brauchen"

Uhr | Aktualisiert

Frank Studerus ist ein Urgestein der Schweizer IT-Branche. Dieses Jahr feiert er das 25-jährige Bestehen seines Unternehmens. Im Interview spricht er über die Anfänge, die grössten Herausforderungen und seine Zukunft.

"Alles, was teurer als 100 Franken ist, wandert ins Internet ab" - Frank Studerus, Gründer und Geschäftsführer des Distributors Studerus. (Quelle: Netzmedien)
"Alles, was teurer als 100 Franken ist, wandert ins Internet ab" - Frank Studerus, Gründer und Geschäftsführer des Distributors Studerus. (Quelle: Netzmedien)

25 Jahre Studerus. 25 Jahre in der IT-Branche. 25 Jahre der gleiche Job. Wie haben Sie das ausgehalten?

Frank Studerus: Das frage ich mich manchmal auch. Aber die Branche ist sehr spannend und gerade die ersten zehn Jahre waren ziemlich turbulent für uns. Da war es keine Sekunde langweilig.

Was war denn so turbulent?

Das Aufsetzen der internen Organisation. Das war eine grosse Herausforderung. Plötzlich brauchen Sie einen Abteilungsleiter für den Support. Dann brauchen Sie jemanden, der sich um Reparaturen kümmert. Irgendwann wird Ihnen das Marketing zu viel. Das People-Management ist in einer Wachstumsphase, so wie wir sie erlebten, äusserst schwer.

Was ist so schwer daran?

Sie haben talentierte Mitarbeiter und kommen zum Schluss, dass Sie einen Manager brauchen. Gleichzeitig wollen Sie die Mitarbeiter nicht vor den Kopf stossen und ihnen einen Chef vorsetzen.

Das alles betrifft Ihre interne Entwicklung. Die IT-Welt drehte sich in den 25 Jahren auch weiter.

Die Produkte, die wir verkaufen, sind einem starken Veränderungsprozess unterworfen. Wir bieten heute etwa einen LTE-Router für unterwegs an. Das ist für uns ein völlig neues und gleichzeitig spannendes Feld. Gleiches gilt für Fiber-Endgeräte. Es gibt laufend neue Produkte und Technologien. Das macht die IT-Branche so spannend. Insbesondere für uns, da wir ja nicht 10 000 Produkte führen.

Wenn es so spannend ist, halten Sie dann nochmal 25 Jahre durch?

In 25 Jahren bin ich 69. Mit 69 werde ich sicher nicht mehr 100 Prozent arbeiten. Ich fände es erschreckend, meine Arbeit im gleichen Mass so lange weiterzuführen.

Aber Sie wollen mit 69 noch arbeiten?

Ja, in einem gewissen Masse werde ich sicher noch aktiv sein wollen. Aber vielleicht mehr in der Funktion eines Verwaltungsrats.

Wer übernimmt dann Ihren Posten als Geschäftsführer?

Bis jetzt habe ich noch niemanden ins Auge gefasst. Meine zwei Kinder sind sieben und neun Jahre alt. Bisher habe ich sie noch nicht mit Nachfolgewünschen konfrontiert.

Das wäre wohl auch ein wenig früh.

Ja, das wäre es. Aber ich würde mich natürlich freuen, wenn es dazu käme. Andererseits kenne ich viele Menschen, die durch ihre Familien in Positionen gezwängt wurden, in denen sie heute nicht wären, wenn sie selbst gewählt hätten. Deshalb weiss ich nicht, ob meine Kinder wirklich glücklich würden und es gut für die Firma wäre, wenn ich sie dazu dränge. Aber die IT-Branche ist ohnehin so schnelllebig, dass ich noch nie einen Businessplan für mehr als drei bis vier Jahre erstellt habe. Auch im Kopf nicht.

Wie sieht so ein 3-Jahres-Plan aus?

Den Standort und die Räumlichkeiten muss man längerfristig planen. Da ich davon ausgehe, in den nächsten Jahren auf einem ähnlichen Level zu sein wie heute, sind wir hier in Schwerzenbach gut aufgehoben. Beim Personal gibt es immer Veränderungen. Wir gehen aber davon aus, dass dies bei uns relativ stabil bleiben wird.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit?

Wir sind 45 Mitarbeiter.

Und da verändert sich nichts, wie Sie sagen?

Ja, die Zahl ist relativ konstant. Mit Zyxel France bauten wir jedoch in Frankreich ein weiteres Geschäft auf. Dort beschäftigen wir derzeit 25 Mitarbeiter und befinden uns auf Wachstumskurs.

In der Schweiz haben Sie heute als Zyxel-Generalimporteur eine starke Stellung. Wie haben Sie das geschafft?

Ein Jahr nach unserer Firmengründung fingen wir an, Zyxel-Produkte zu vertreiben. Zyxel war damals ein Start-up und wuchs parallel zu uns. Dem Unternehmen gelang es, immer genau die Produkte zu liefern, die der Schweizer Markt wollte: Premium-Produkte, keine Massenware. Produkte, die auf KMUs ausgerichtet sind. Zudem entwickelte sich die Gesetzgebung damals zu unseren Gunsten.

Inwiefern?

Zu Beginn verkauften wir Modems, die von Swisscom noch nicht offiziell zugelassen waren. Mit dem Fernmeldegesetz durften plötzlich nur noch zugelassene Modems verkauft werden. Dadurch entstand ein geschützter Markt. Für uns war das ein grosser Vorteil, da es uns gelang, eine Zulassung für unsere Modems zu bekommen. Wir hatten dann nur ein paar wenige Mitbewerber. Als dann ADSL aufkam, konnten wir mit Providern wie Swisscom und Sunrise viele grosse Projekte umsetzen. Das half der Marke Zyxel und bescherte uns einen Riesenumsatz.

Was unterschied Sie von den wenigen Mitbewerbern?

Viele Mitbewerber hatten einen DACH-Sales-Manager, der vielleicht an einem Tag pro Woche in der Schweiz herumfuhr. Vielleicht hatten sie sogar ein Verkaufsbüro in der Schweiz mit ein, zwei Mitarbeitern. Aber typischerweise hatten unsere Mitbewerber keine Präsenz im Schweizer Markt. Sie hatten keinen technischen Support, der Schweizerdeutsch sprach oder der bei Projekten innerhalb eines Tages vor Ort sein konnte.

Und Sie hatten all das?

Wir veranstalteten damals viele Roadshows und waren bei den Kunden vor Ort. Dadurch waren wir vor allem auch für Partner viel näher als unsere Mitbewerber. Das gilt auch heute noch.

Unterhalten Sie heute immer noch ein lokales Support-Team?

Wir haben heute immer noch ein grosses Support-Team. Dieses zeichnet sich durch drei Kompetenzen aus: den Support via Telefon oder Tickets, die Projektbegleitung und das Training. Wir haben drei Standorte – Zürich, Bern, Lausanne –, wo wir technische Schulungen für Händler anbieten.

Wie sieht diese Projektbegleitung aus?

Wir haben viele Partner, die selten grosse Projekte wie etwa die Vernetzung eines Hotels oder einer Lagerhalle umsetzen. Da muss man wissen, wo man Access Points platzieren muss und ob man spezielle Antennen benötigt. Diese Partner greifen dann gern auf unsere Unterstützung zurück.

Ist diese Unterstützung gratis?

Nein, das sind keine Gratis-Dienstleistungen. Wir berechnen sie dem Händler. Er kann diese seinem Endkunden weiterverrechnen.

Einer der grossen Trends in der IT-Branche ist derzeit die digitale Transformation. Welche Bedeutung hat das Thema für Studerus?

Das haben wir uns intern auch schon mehrmals gefragt. Was sich für uns verändert, ist die Art, wie wir mit unseren Kunden kommunizieren. Seit kurzem tauschen wir uns mit Kunden per Chat aus. Noch vor zwei Jahren war dies für uns unvorstellbar.

Ihr Geschäftsmodell sehen Sie nicht in Gefahr?

Durch die digitale Transformation wird der Internetzugang immer wichtiger. Er steht beinahe auf derselben Stufe wie der Wasseranschluss. Für den Internetzugang braucht es Hardware – und die liefern wir. Im Netzwerkbereich findet aber trotzdem eine Veränderung statt. Mit dem Software-­Defined Networking (SDN) verliert die Hardware ihre Intelligenz. Diese wandert in die Software ab, die an einem anderen Ort, etwa in der Cloud, sitzen kann. Für kleine Firmen ist dies derzeit kaum ein Thema. Bei Grossunternehmen, die 500 Switches haben, sieht das anders aus. Niemand will 500 Switches einzeln konfigurieren. SDN bietet hier einen Ausweg. Aber ich bleibe dabei: Hardware wird es immer brauchen, Access Points wird es immer brauchen. Und die muss man lagern und ausliefern. Unser Geschäftsmodell wird sich deshalb nicht komplett verändern.

Welche Veränderungen beobachten Sie im Schweizer Channel?

Das Retail-Business verschiebt sich in Richtung E-Tail.

Was heisst das für Sie?

Der Retail kann vielleicht noch günstige Produkte verkaufen. Produkte unter 100 Franken, ein Kabel oder einen Film. Aber alles, was teurer ist, wandert ins Internet ab. Dort sind die Preise günstiger, der Kunde findet dort das bessere Kauferlebnis, die grössere Auswahl und gleichzeitig bekommt er mehr Informationen und kann Bewertungen von anderen Käufern sehen.

Was bedeutet das für Sie?

Der Umsatz aus dem Retail geht ganz klar zurück.

Was verändert sich sonst noch?

Kleine Händler, die als One-Man-Show nebenbei ein bisschen Hardware verkaufen, werden zu Consultants. Sie sehen keinen Sinn mehr darin, Hardware zu verkaufen. Für sie dürfte es sich lohnen, als Berater zum Kunden zu gehen und im Namen des Kunden bei einem E-Tailer zu bestellen. Sie berechnen dann die Beratungsdienstleistungen.

Es wird also weniger Fachhändler geben. Wie sieht Ihre eigene Partnerlandschaft aus? Wie viele Partner haben Sie?

Wir haben rund 50 zertifizierte Zyxel-Partner, die alle Know-how aufgebaut haben und ein gewisses Volumen umsetzen. Wir haben zusätzlich mehrere hundert Partner, die unregelmässig Produkte über uns beziehen.

Sonderlich viele zertifizierte Partner sind das aber nicht.

Qualität ist für uns wichtiger als Quantität. Im KMU-Bereich können wir aber sicher noch wachsen. Insbesondere geografisch liegt da noch einiges drin. Das Tessin etwa decken wir nur schwach ab. Ich glaube, wir können unser Netzwerk auf etwa 80 zertifizierte Partner ausbauen.

Was bieten Sie den zertifizierten Partnern?

Ein Partner auf dem höchsten Level erhält sechs kostenlose Kurstage für technische Trainings. Ausserdem bieten wir pro Jahr einen Gratis-Tag für unseren On-Sight-Support an. Partner können damit einen Techniker für den Einsatz vor Ort buchen. Des Weiteren kommen Rabatte, Unterstützung für Marketingaktionen und VIP-Support dazu.

Ihre Partner müssen 30 Prozent Ihres Umsatzes mit Dienstleistungen erzielen. Warum?

Damit wollen wir verhindern, dass wir reine Hardware-­Händler ins Partnerprogramm aufnehmen müssen. Das Hauptgeschäft unserer zertifizierten Partner sind in erster Linie Dienstleistungen.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer Channel?

Ein Fachhändler muss einen Fokus haben. Das kann eine bestimmte Branche sein oder ein bestimmter Bereich der IT. Keine IT-Firma kann heute von der Software über die Hardware und die Telefonie bis hin zum Netzwerk alles abdecken. Mein Rat ist deshalb: Spezialisieren.

Persönlich
Frank Studerus ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Er wohnt mit seiner Familie in Herrliberg. Studerus startete schon im Gymnasium in die Selbstständigkeit. Seine Hobbys sind Sport, das Reisen und seine Familie.
Sein Unternehmen, die Studerus AG, gründete er 1990. Das Unternehmen ist Exklusiv-Vertreter und Value-Added-Distributor von Zyxel. 

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