Besuch im Handel

Mystery-Shopping: "Ein gutes Schloss hilft eher"

Uhr | Aktualisiert

Wie hat der Handel auf den Vernetzungstrend reagiert? Sind Überwachungslösungen schon bei ihm angekommen? Astrid T. machte den Test.

Fast nur D-Link-Kameras im Handel: hier die Eyeon-Pet-Modelle des Herstellers. (Quelle: D-Link)
Fast nur D-Link-Kameras im Handel: hier die Eyeon-Pet-Modelle des Herstellers. (Quelle: D-Link)

Astrid T. ist eine selbstbewusste Frau. Die alleinerziehende Mutter und Mystery-Shopperin will sich eigenständig gegen Einbrecher wappnen. Noch vor Wintereinbruch und den damit verbundenen langen Nächten sollte ein günstiges Sicherheitssystem her. Wie viel sie das wohl kosten wird? Über ein Jahr ist es her, dass Astrid nach einem Überwachungssystem suchte.

Damals überzeugte sie der teure Spezialist mit Rundum-Service, der Fachhandel hatte nichts zu bieten. Die Preise zwischen 4000 und 7000 Franken hielten sie aber erst einmal vom Kauf ab. Das sollte wohl überlegt sein, ging dann aber schnell vergessen. Jetzt, kurz vor «Einbruchsaison», war Zeit genug vergangen. Ein Überwachungssystem musste her. Also ging Astrid T. in Begleitung von "CEtoday" auf Mystery-Shopping-Tour. Sie vertraute darauf, dass die Branche mittlerweile günstige Lösungen bietet – und auch der Fachhandel das Thema aufgegriffen hat. Die Tour führte zum EP- und Euronics-Fachhandel, zu Interdiscount, Fust, Melectronics und erstmals zu Do it + Garden.

EP-Fachhändler

Zuerst versuchte sie es beim EP-Fachhändler. Eine junge Verkäuferin begrüsste sie beim Eintreten in den modern eingerichteten Laden und machte auf Astrids Anfrage nach einer Überwachungslösung eine kurze Bedarfsabklärung. Sollte die Überwachungskamera im Haus oder darum he­rum ihre Dienste tun? Sollte es eine Kamera mit WLAN sein für die mobile Überwachung per Handy? Sie zählte die verschiedenen Arten von Speichermöglichkeiten auf, etwa mit SD-­Karte. "Wenn etwas passiert ist, muss man die Karte rausnehmen und kann die Bilder am PC ansehen. Das ist die günstigste Lösung." Oder man hat mehrere vernetzte Kameras, die mit einem zentralen Server verbunden sind.

Weil Astrid nicht wusste, wofür sie sich entscheiden sollte, meinte die Verkäuferin: "Ein Server ist wohl zu viel für Ihren Bedarf." Sie riet zu eigenständigen Kameras mit WLAN. Der Hersteller D-­Link biete solche Geräte, bei denen sie sich über einen Online-Account weltweit über das Handy oder den PC einloggen könne. Das hörte sich für Astrid gut an. Die Verkäuferin schlug ein Modell des Herstellers für rund 220 Franken vor. "Die bietet zwar nur eine 1-Megapixel-Auflösung. Aber es ist besser, wenn die Daten nicht zu gross sind, wenn Sie die Aufnahmen übers Internet ansehen wollen."

Astrid wusste nun einiges über Überwachungskameras, sie wollte nur noch wissen, ob sie bei Bedarf das Überwachungssystem auch erweitern könne. "Klar, das ist zwar eine eigenständige Kamera, aber über den Account geht das Zufügen von Kameras ganz einfach. Auch die Installation ist einfach. Wir können das aber auch für Sie erledigen." Astrid hätte wohl zugeschlagen, hätte die Verkäuferin nicht hinzugefügt: "Die Kameras haben wir aber nicht hier. Die müssten wir bestellen." Umso mehr war Astrid vom Fachwissen der jungen Verkäuferin beeindruckt. Diese gab ihr ein Datenblatt der Kamera mit und meinte, Astrid solle doch noch etwas im Onlineshop des EP-Händlers stöbern. Da gebe es mehr Auswahl. Astrid bedankte sich für die umfassende Beratung und ging weiter zum Euronics-Fachhändler.

Euronics-Fachhändler

Von diesem Fachhändler hatte sie im Internet gelesen. Also schrieb sie sich die Adresse auf und fuhr dorthin. An der Adresse befand sich aber nur ein Wohnhaus. Sie versuchte ihr Glück und klingelte an der Tür, worauf einige Minuten später ein sehr junger Mann aus einer Garage neben dem Haus auf sie zukam und sie begrüsste. Er erklärte, dass sich hier nur die Reparaturabteilung des Euronics-Fachhändlers befinde – und ein kleines Ladengeschäft für Car-Audio.

Auf Astrids Frage nach einer Sicherheitslösung meinte er: "Überwachungskameras führen wir nicht, ich frage aber bei meinem Oberstift nach." Um ihre Telefonnummer aufzuschreiben, führte er Astrid durch die Garage an kaputten Fernsehern vorbei zu seinem Arbeitsplatz der Reparaturwerkstatt. Er notierte ihre Nummer und wollte sich noch am selben Tag melden. Nach zwei Tagen ohne Nachricht wollte Astrid aber nicht länger warten. Sie ging weiter zu Interdiscount.

Interdiscount

In der kleinen Interdiscount-Filiale suchte Astrid zuerst auf eigene Faust Überwachungskameras und fand nur Modelle von D-Link. Also ging sie zu einer Verkäuferin an der Kasse. Astrid wollte wissen, ob die D-Link-Modelle wirklich so gut seien, wie sie beim EP-Fachhändler erfahren hatte. Dazu konnte die Verkäuferin aber nicht viel sagen.

Sie ging mit Astrid wieder zurück zu den Kameras und las die Angaben auf den Produktverpackungen vor. Als Astrid wissen wollte, wie sich die vier D-Link-Modelle voneinander unterschieden, meinte die Verkäuferin: "Also bei diesem sind zwei Kameras dabei. Deshalb ist es teurer." – "Nicht sehr hilfreich", dachte Astrid. Sie wollte wissen, ob sie die Kameras miteinander verbinden könne, worauf die Verkäuferin wieder das Gedruckte auf den Verpackungen vorlas, aber keine Antwort geben konnte. Astrid bedankte sich und verliess den Laden. Hier wollte sie nicht einkaufen.

Fust

Sie ging weiter zu Fust. Dort sah sie wieder drei Kameras von D-Link, alle zu Aktionspreisen zwischen 59 und 99 Franken. Sie suchte Beratung beim Verkäufer an der Kasse, der aber auch nicht mehr wusste als die Interdiscount-Verkäuferin zuvor. Er meinte zwar, er könne die Kameras "wirklich empfehlen", gab dann aber zu, dass er sie eigentlich gar nicht kenne. Ein Kollege installiere Kameras. "Das kostet dann aber schnell ein paar tausend Franken. Das ist natürlich von einer anderen Qualität. Aber auch die günstigeren Kameras sind kein Spielzeug. Man hat einfach ein Bild des Aufnahmewinkels und kann übers Handy reagieren, falls etwas passiert."

Auch er begann die Angaben von der Verpackung abzulesen. Astrid wollte wiederum wissen, ob sich die Kameras miteinander vernetzen liessen. Das wusste aber auch dieser Verkäufer nicht. "Ich muss ganz ehrlich sein, hier steht nur, wie man die Kameras bedienen kann." Astrid hatte genug gehört, auch hier würde sie nicht einkaufen. Sie wollte nur noch wissen, warum die Kameras alle zu Aktionspreisen erhältlich seien. Ob es bald neue Modelle gebe, fragte sie den Verkäufer. Dieser konnte aber auch diese Frage nicht beantworten. Astrid bedankte sich für die kurze, unbefriedigende Beratung und ging weiter zu Melectronics.

Melectronics

Auch im Melectronics fanden sich wieder nur D-Link-Kameras. Also ging Astrid wieder zu einem Verkäufer an der Kasse und fragte nach, ob er die empfehlen könne. Das tat er aber nicht, sondern schickte sie weiter zum Do it + Garden. Der Migros-Baumarkt biete eine grössere Auswahl.

Do it + Garden

Weit gefehlt. Nur ein Modell war im Do it + Garden ausgestellt, diesmal allerdings von Gigaset. Wieder ging Astrid zum Verkäufer an der Kasse und fragte nach Beratung. Er meinte, Astrid solle doch noch warten, nächste Woche sei ein Modell zum Aktionspreis erhältlich – aber nur online. Ob die denn was tauge, wollte Astrid wissen, worauf der Verkäufer meinte: "Nein. Ich bin zwar nicht der richtige Ansprechpartner für Kameras, aber ein gutes Schloss hilft eher. Wenn der Einbrecher erst mal drin ist, kann man nicht mehr viel machen. Gehen Sie doch zur Polizei oder zu einer Sicherheitsfirma und lassen Sie sich beraten! Sonst ist es rausgeworfenes Geld."

Fazit

Das sass. Astrid bedankte sich und beendete ihre Mystery-Shopping-Tour. Sie würde wohl wirklich zur Polizei gehen. Oder zu EP. Die Verkäuferin dort schien ihr als einzige fachkundig. Der Fachhandel hat im Vergleich zum Vorjahr viel an Boden gut gemacht in Sachen Überwachungstechnik. Die Beratung des Discounters braucht es hingegen nicht. Verpackungsinfos kann Astrid auch selbst ablesen und findet online zusätzliche Details.

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