Nachgefragt

"Es geht um die Zahlungsabwicklung"

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Schweizer E-Commerce-Anbieter müssen sich der internationalen Konkurrenz stellen. Was sie dabei beachten sollten, erklärt Marc Riedi, CEO von Paysafecard Schweiz, im Interview.

Marc Riedi, CEO Paysafecard Schweiz. (Quelle: Paysafecard)
Marc Riedi, CEO Paysafecard Schweiz. (Quelle: Paysafecard)

Wie verbreitet ist Paysafecard in der Schweiz?

Marc Riedi: Wir haben 6500 physische Verkaufspunkte in der Schweiz, mehr als Migros und Coop zusammen. Neben Kiosk und Tankstellenshops, SBB und Postomat auch weitere, wie den elektronischen Fachhandel mit Media Markt und Fust beispielsweise.

Wieso arbeiten die mit Paysafecard zusammen?

Paysafecard ist eine relevante Zahlungsoption, die internationale Zusatzkundschaft bringt, weil sie Multiwährungsfähig ist. Als Anbieter in einem überschaubaren Markt muss man international tätig werden, um Skaleneffekte zu schaffen. Lange Zeit war für Schweizer Onlinehändler die Performance der eigenen Website die grösste Herausforderung, weil der inländische Ansturm kaum zu bewältigen war. Jetzt stehen sie mit dem Ausland im Wettbewerb und müssen sich beispielsweise auch fragen, welche Hürden sie abbauen können, damit der Kunde nicht vor Vertragsabschluss abspringt. Und da bietet Paysafe­card eine gute Lösung.

Was zeichnet den Schweizer Onlinehandel aus?

Der Schweizer Kunde erwartet ein attraktives, preislich kompetitives Angebot. Das bedeutet, dass die Preise nicht 50 Prozent teurer sein dürfen als im Ausland. Sonst kauft der Kunde im Ausland ein – insbesondere bei grossen Beträgen. Bei physischen Gütern im zweistelligen Betrag erachte ich die ausländischen Anbieter aber nicht als Hauptkonkurrenz für den Schweizer Handel. Da kommen ja auch die Zollgebühren und vielleicht auch der Paketabholdienst dazu.

Was ist denn gefährlicher als die Konkurrenz aus dem Ausland?

Es geht letztlich immer um die Zahlungsabwicklung. Ich erwarte, dass Händler in ihren Onlineshops Barrieren abbauen und eine ganze Palette an Zahlungslösungen anbieten – allen voran Prepaid-Zahlungslösungen sowie auch auf Rechnung, zumindest bei physischen Gütern. Zum Teil auch, weil sie andere Zahlungsoptionen noch nicht gut genug kennen. Noch relativ selten wird der Ratenverkauf im Netz angeboten. Das wäre aber ein zusätzlicher Convenience-Faktor.

Welche Entwicklung macht E-Geld in der Schweiz?

Das kommt immer mehr. Das merkt man beispielsweise daran, dass die SNB seit Jahresbeginn auch die Umsätze mit E-Geld in ihre Zahlungsmittelstatistik aufnimmt. Sie verfolgt die Entwicklung und macht ab einer gewissen Umsatzschwelle regelmässige Kontrollen. Ich bin überzeugt, dass elektronische Portfolios massive Zukunftschancen haben. Da gilt es aber zu differenzieren: Bei einzelnen Anbietern muss die Kreditkarte hinterlegt werden, und die Gesellschaft operiert zum Beispiel aus Singapur, wo andere Regeln gelten als in der Schweiz. Zudem glaube ich, dass bei Kreditkarten Goodwill verloren gegangen ist. Es gibt da nun mal keine 100-prozentige Sicherheit.

Und Bitcoin?

Bitcoin ist gemäss unserer Einschätzung nicht mehr ganz so relevant. Im Gegensatz zu Bitcoin ist Paysafecard ein Online-Prepaid-Zahlungsmittel, das als E-Geld reguliert ist, und dem immer ein realer Geldwert gegenübersteht. Paysafecard ist somit keine Währung, die Wertschwankungen unterliegt. Es entstehen somit durch die Ausgabe oder Verwendung von Paysafecard niemals 'neue' virtuelle Werte. Dadurch ist Paysafecard für Spekulationen auf Kursgewinne oder als Anlageobjekt gänzlich ungeeignet.

Welche Entwicklung sehen Sie bei Mobile Payment?

Mobile Payment ist im Moment noch ein urbanes Thema, vor allem junge Leute in der Stadt nutzen es. Die Nutzung wird aber mit neuen Angeboten weiter zunehmen.

Wie zahlen wir in Zukunft mit dem Smartphone?

Das ist ungewiss, es gibt NFC, QR-Codes, iBeacons und mehr. Im Moment konzentriert sich die hiesige Industrie auf NFC, obwohl es teuer und kein Händler wirklich glücklich darüber ist. Zudem haben zumindest heute noch viele Leute das Gefühl, dass ihnen die Kontrolle entgleitet, wenn sie ein Gerät irgendwo hinhalten, um zu bezahlen.

Wieso bezahlen Kunden mit Paysafecard?

Primär, weil Paysafecard ein einfaches und sicheres Zahlungsmittel für digitale Güter im Internet ist und dazu auch die Privatsphäre des Kunden schützt. Bei Prepaid-Zahlungen müssen keine Bank- oder Kreditkartendaten angegeben werden und zugleich hat man die volle Kostenkontrolle, da immer nur der Betrag ausgegeben werden kann, der vorab bezahlt wurde. Manche Kunden nutzen Paysafecard, weil sie zu jung sind für eine Kreditkarte, oder weil sie ihre Onlineeinkäufe nicht mit einer Karte bezahlen wollen. Andere nutzen Paysafecard wohl auch schlicht darum, weil Paysafecard der erste E-Geld-Anbieter in der Schweiz war. Ausserdem bieten wir gezielte Promotionsmöglichkeiten für einzelne Händler.

Hat Paysafecard nicht ein Prämiensystem, bei dem Kunden Daten angeben müssen?

Nur wenn der Kunde unser Online-Zahlungskonto «my paysafecard» nutzen möchte. Für die Anmeldung zu 'my paysafecard' benötigt man eine gültige E-Mail-Adresse und ein Mobiltelefon mit einer Schweizer Nummer. Persönliche Bankkonto- oder Kreditkartendaten müssen keine angegeben werden. Bei diesem Onlinekonto sind die einzelnen PINs im System abgespeichert, Geld kann dabei nicht verloren gehen. Die Nutzer haben jederzeit den Überblick über ihr aktuelles Guthaben und ihre getätigten Transaktionen. Wir haben das Angebot vor zwei Jahren lanciert und sind sehr zufrieden mit der Entwicklung.

Welche Mobile-Lösungen nutzt Paysafecard?

Wir bieten bereits einige Zeit eine App mit verschiedensten Möglichkeiten an, etwa für die Account- und Einzel-PIN-Abfrage, oder wo die nächsten Verkaufsstellen sind. Scantopay per QR-Code ist ebenfalls möglich. Die Zahlungsbestätigung erfolgt anschliessend entweder durch Eingabe des persönlichen Sicherheitscodes oder via elektronischen Fingerscan – das sorgt für einen schnellen und gleichzeitig sicheren Bezahlvorgang. Weitere Zahlungslösungen werden folgen.

Können Sie Beispiele nennen?

Das ist schwer zu sagen, wir warten zum Teil schon seit Jahren auf Entscheide der Finanzmarktaufsicht, dass wir bestimmte Dinge endlich anbieten dürfen. Unser Geschäft ist leider nicht primär durch Innovation getrieben, sondern durch Regulation limitiert, und das in jedem Land unterschiedlich. All die spannenden, interessanten Initiativen von den grossen Herstellern wie Apple oder Google werden Limiten haben. Der US-Regulator hat andere Auflagen als sein Schweizer Kollege.

Was bedeutet denn das für sie, wenn Apple kommt?

Apple hat keine finanzintermediäre Lizenz in der Schweiz, das ist der limitierende Faktor. Apple müsste also mit einem Kreditkartenemittenten partnern oder selber Emittent werden. Das ist aber gar nicht so einfach. Manche Anbieter werden den Schweizer Markt wegen seiner strengen Regularien wohl vorerst auslassen. paysafecard peilt Kooperationen mit internationalen Grössen wie Apple, Google, Amazon und Microsoft an, auch um Hand zu bieten bei solchen Herausforderungen.

Wo sehen Sie die Zukunft bei E-Geld?

Als Kunde habe ich am liebsten ein elektronisches Portefeuille, auf das ich über verschiedene Kanäle zugreifen kann. Wegen den erwähnten Regulationen dauert es aber lange bis zur grenzüberschreitend einsetzbaren e-Wallet made in Switzerland.

Wo liegt denn das Problem?

Ein Thema sind sogenannte Peer-to-Peer-Überweisungen. Dabei überweise ich Geld ohne direkten Kauf oder Dienstleistung. Die sind in der Schweiz vorerst nur Banken vorbehalten. Ausländische e-Wallet-Anbieter wie Paypal dürfen das aber. Das finde ich nicht okay. Solche Angebote sind zwar nicht enorm wichtig, erhöhen aber den Convenience-Faktor. Zudem möchten wir eine Online-Verifikation für unsere Kunden des Online-Zahlungskontos my paysafecard anbieten. Das ist auch für die Banken ein grosses Thema. Weil unser Regulator seit der Finanzkrise mit anderen Problemen konfrontiert ist, ist man hierzulande damit leider noch etwas im Rückstand.

Wie kaufen sie ein?

Ich bin ein hybrider Kunde. Je nach Situation kaufe ich dort ein, wo es am schnellsten und bequemsten ist. Wir haben in der Schweiz ein so dichtes Retail-Netz wie nirgendwo sonst. Das ist ein Convenience-Faktor, den ich sehr schätze. Wenn ich aber im Ausland bin, kaufe ich oft online ein, weil ich die Ware nicht von dort nach Hause tragen will. Auch Pick-up-Stationen mag ich nicht, ich will die Ware nach Hause geliefert bekommen.

Nutzen Sie selbst Paysafecard?

Ja, etwa fürs Aufladen von Prepaid-Kreditkarten. Die nutze ich lieber als klassische Kreditkarten, weil der potenzielle Schaden geringer ist, wenn mal etwas passiert. Bei Verlust kann höchstens der Betrag abhanden kommen, mit dem das Produkt aufgeladen ist, und die finanzielle Privatsphäre bleibt jederzeit vollständig gewahrt. Schliesslich geht es ja um mein Geld.

Welche Sicherheitsanstrengungen unternimmt denn Paysafecard?

Wir informieren Kunden und Vertragshändler über Sicherheitsmassnahmen. Zudem entwickeln wir Präventionsmassnahmen, um Risiken proaktiv zu erkennen und zu beseitigen.

Man hörte von Geldwäscherei mit Paysafecards. Welche Anstrengungen unternimmt paysafecard dagegen?

Paysafecard eignet sich schlecht als Instrument für Geldwäsche. Die PINs werden primär für genau definierte digitale Güter verwendet, nicht aber für Konsumartikel und andere Massenwaren in herkömmlichen Online-Shops. Unsere PINs sind limitiert bis 150 Franken, erlaubt wären 250 Franken. Dann lernen die Paysafecard-Verkaufsstellen unsere Auflagen an Schulungen. Sie dürfen etwa nicht mehr als 1500 Franken bei einem Einkauf verkaufen. Und am Automaten können Kunden mit jedem Zahlungsvorgang nur eine Karte kaufen. paysafecard ist darum unattraktiv, um damit nennenswerte Summen zu transferieren. Dennoch: Der Kampf gegen Geldwäsche liegt uns sehr am Herzen, darum gibt es hierzu ganz klare Richtlinien bei paysafecard. Und als Zahlungssystemanbieter sind wir dem Nationalbankengesetz der Schweizerischen Nationalbank SNB und auch der Finanzmarktaufsicht Finma unterstellt.

Wie schützen Sie Paysafecard-PINs vor Missbrauch?

Zum einen müssen die PINs aktiviert werden. Das gilt sowohl für die herkömmliche Variante übers Banksystem, bei der wir mehrere PINs auf einmal aktivieren, sobald wir die Verkaufs-Bestätigung des Händlers erhalten. Neu bieten wir zudem Pin-on-Demand, bei dem das Verkaufspersonal online einzelne PINs für jeden Einkauf bestellt. Essentieller Bestandteil ist die intensive Schulung unserer Distributionspartner und Mitarbeitenden sowie unser  Informationsmaterial direkt an den Vertriebsstellen.

Wie will Paysafecard wachsen?

Wir sind im EWR-Raum plus Schweiz sehr gut abgedeckt, wollen aber auch in anderen Regionen wachsen. Wir starten etwa gerade in Neuseeland und wollen dieses Jahr auch den Nahen Osten erschliessen. Die Übernahme von Ukash vergrössert die Bedeutung und Reichweite von paysafecard. Damit stärken wir unsere Position als Europas bekanntestes, zuverlässiges und sicheres Prepaid-Zahlungsmittel für Online-Käufe. Das laufende Geschäftsjahr wird schwerpunktmässig dem konstanten Wachstum und neuen Schritten im Bereich Mobile Payments gewidmet sein. Zugleich sollen die drei strategischen Säulen konsequent gestärkt werden: Wachstum in bestehenden Ländern, Gewinnen neuer Akzeptanzpartner mit globaler Bedeutung (wie zuletzt Spotify) sowie Schritte in neue geografische Märkte – all dies mit dem Ziel, die Spitze am Weltmarkt zu erreichen.

Wieso sind die Transaktionsgebühren bei Paysafecard höher als bei Kreditkarten?

Im Vergleich zur Kreditkarte sind sie hoch, weil der Vertrieb über einen Partner wie die SBB oder den Kiosk geschieht. Das Voucher-System hat sich aber bewährt, etwa im Bereich der Telekommunikation. Dort waren die Gebühren vor 15 Jahren noch astronomisch hoch. Zudem belaufen sich meist die effektiven Kommissionen in % bei Zahlungen im Micropayment-Bereich (d.h. bei Zahlungen im 1-stelligen Frankenbetrag) wegen des zusätzlich belasteten fixen Transaktionspreises bei allen Mitbewerbern im zweistelligen Bereich. Der Kunde hat keine Zusatzkosten - für 25 Franken bekommt er 25 Franken.

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