Marktreport

Wachablösung im Heimkino-Markt

Uhr | Aktualisiert

Klassische Heimkino-Systeme sind immer weniger gefragt. Die Kunden verlangen nach Soundbars. Erstmals sind vergleichbare Zahlen von GfK Switzerland für den Schweizer Markt verfügbar, die es in sich haben. Marktakteure geben zudem Tipps für die erfolgreiche Soundbar-Verkaufsberatung.

Im Heimkino-Markt herrscht Tristesse, die Verkäufe von Heimkino-Systemen sind in den vergangenen drei Jahren regelrecht eingebrochen. Gemäss Zahlen von GfK Switzerland setzte der Schweizer Markt von September 2011 bis August 2012 35,3 Millionen Franken mit 61'800 verkauften Heimkino-Geräten um. Im folgenden Zeitraum von September 2012 bis August 2013 waren es dann nur noch 28,2 Millionen Franken für 51'600 Geräte. Seither nahmen die Verkäufe weiter ab. Von September des vergangenen Jahres bis letzten August setzte der Schweizer Markt nur noch 22 Millionen Franken mit insgesamt 42'500 Heimkino-Anlagen um.

Fraglich, ob sich der Markt für Heimkino-Systeme auf Besserung freuen darf. Zwar steht das traditionell starke Weihnachtsgeschäft im wichtigen vierten Quartal kurz bevor. Doch danach dürfte die Talfahrt weitergehen. Denn das Minus zieht sich durch alle Kategorien hindurch. Alle Mehrkanal-Tonsysteme mit 2.1- bis 7.1-Kanälen und darüber hinaus weisen gemäss GfK Switzerland Defizite bei den Verkaufsergebnissen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf. Besonders drastisch ist das Minus bei den 2.1-, 3.1-, 7.1- und Mehr-Kanal-Systemen mit Verkaufszahlen, die mehr als ein Viertel unter denen des Vorjahres liegen. Entsprechend tiefer fielen auch die Umsatzerträge aus. Deutlich den grössten Anteil machen trotz Abnahme Systeme mit 4.1-, 5.1- und 6.1-Kanälen aus.

Blu-Ray- und 3-D-Option sind Pflicht

Etwas besser sieht es für Heimkino-­Systeme mit Blu-Ray-Option aus. Hier nahmen die Verkäufe gemäss GfK Switzerland von Januar bis August im Vergleich zum Vorjahreszeitraum "nur" um 13 Prozent auf 24'000 Stück ab. Bei Geräten ohne Blu-Ray-Player rasselten sie hingegen um 44 Prozent auf fast schon bedeutungslose 1000 Stück in den Keller. Interessanterweise ging der Umsatz aber bei Systemen mit Blu-Ray-Player und jenen ohne Blu-Ray-Player gleichermassen um jeweils 21 Prozent zurück. Systeme mit DVD-Player berücksichtigt GfK Switzerland verständlicherweise nicht mehr.
Neben der Blu-Ray-Option scheint auch eine 3-D-Unterstützung ein klares Muss. Hier fielen die verkauften Stückzahlen "nur" um 11 Prozent auf 27'000 Exemplare, während es bei Geräten ohne 3-D-Unterstützung ein Minus von 52 Prozent auf die geringe Stückzahl von 1000 gab.

Trend zum Tiefpreis

Am erschreckendsten für den Handel dürfte aber die Tatsache sein, dass der Trend im Heimkino-Markt zu tiefpreisigen Geräten geht.  Nur Heimkino-Systeme für unter 200 Franken verkauften sich von Januar bis August besser als im Vorjahreszeitraum. Mittlerweile macht diese Preiskategorie über ein Viertel aller verkaufter Heimkino-Systeme aus. Anlagen für über 2000 Franken hingegen machten im  vergangenen August einen so geringen Anteil aus, dass sie in der GfK-­Switzerland-Grafik grafisch nicht mehr dargestellt werden können.

Der Kassenschlager

Doch es gibt Hoffnung. Der Star am Heimkino-Markt sorgt derzeit mächtig für Furore: die Soundbar. Sie ahmt den Surround-Sound der 5.1-Anlage mit nur einer Komponente nach und bietet so eine enorme Platzersparnis im Wohnzimmer.

Das kommt an. Laut GfK setzten Soundbars im zweiten Quartal in Westeuropa deutliche Kaufanreize. Im ersten Halbjahr haben sich die Verkäufe in den sechs grössten westeuropäischen Ländern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Der Umsatz stieg während dieser Zeit um 63 Prozent. Die GfK proklamiert Soundbars deshalb für das Gesamtjahr 2014 zu den Kassenschlagern im Audiosegment.

Die Trendwende

Diese Entwicklung ist auch in der Schweiz festzustellen. GfK Switzerland kann erste Vergleichszahlen liefern, die es in sich haben. Als die Analysten von September 2012 bis August 2013 zum ersten Mal den Soundbar-Markt beobachteten, verkaufte der Schweizer Handel noch 14'200 Geräte im Wert von 6,6 Millionen Franken. Im Zeitraum darauf, von September 2013 bis August 2014, stiegen die Zahlen dann schon auf 46'800 verkaufte Soundbars für ­einen Gesamtbetrag von 20,8 Millionen Franken.

Damit wuchs das Soundbar-Segment im Schweizer Markt innerhalb eines Jahres sowohl vom Umsatz als auch von den Stückzahlen her um mehr als das Doppelte. Dieses Wachstum hat zur Folge, dass Soundbars die klassischen Heimkino-Systeme in diesem Jahr in puncto Verkaufszahlen überholt haben. Auch der Umsatz mit Soundbars dürfte bald grösser sein als jener mit Heimkino-Systemen.
Dieses Wachstum registrieren auch Hersteller wie Philips, Samsung und GP Acoustics sowie Sonos-Distributor Novis, wie sie auf Anfrage bestätigten. Woox-Trade-Marketing-­Manager Giancarlo Rossetti erklärt die steigende Nachfrage damit, dass die Kunden einfache und platzsparende kabellose Lösungen wünschten. Die Soundbar sei ideal, um den immer flacheren TVs mehr Sound-Volumen zu verleihen.

Alle Kategorien im Hoch

Ein vertiefter Blick in den Markt zeigt, dass die Verkäufe einfacher Soundbars mit eingebautem Bass zwischen Januar und August des laufenden Jahres um 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 8000 Stück stiegen. Der Umsatz legte dabei um 109 Prozent auf 5 Millionen Franken zu, was auch mit dem durchschnittlichen Preisanstieg um 30 Prozent auf 600 Franken zu erklären sein dürfte. Sogenannte Soundbar-Systeme mit separatem Subwoofer verkauften sich im gleichen Zeitraum mit einem Anstieg um 106 Prozent auf 15'000 Exemplare fast doppelt so oft. Das Umsatzplus betrug dabei 78 Prozent auf 6 Millionen Franken. Zu bemerken ist, dass die Preise für ein durchschnittlich verkauftes Soundbar-System um 14 Prozent abnahmen und mit 400 Franken deutlich unter denen einfacher Soundbars schliessen. Die Soundplates verblüffen ebenfalls mit einem enormen Anstieg der Verkaufszahlen um über 300 Prozent auf 7000 Stück. Auch der Umsatz schnellte um 220 Prozent auf 3 Millionen Franken in die Höhe, obwohl die Durchschnittspreise um über 20 Prozent auf 366 Franken fielen.

Die Technologietrends

Leander Hader, Director Sales & Marketing von Audio-Hersteller GP Acoustics, erwartet wie auch Samsung-Marketingchef Alexander Tschobokdji immer bessere Klangqualitäten bei Soundbars. Beide nennen weitere Trends wie Bluetooth und Netzwerkintegration. Daran glaubt auch Giancarlo Rossetti von Woox Innovations. In Zukunft sollen sich mehr Soundbars mit Multiroom-Systemen verbinden lassen. Laut Sonos-Product-Manager Renato Kunz von Distributor Novis soll eine Soundbar nicht nur den TV mit Heimkino-­Sound unterstützen, sondern auch eine Musikanlage fürs Wohnzimmer sein. Er sieht zudem NFC im Kommen.

Tipps für den Handel

Sowohl Kunz wie Hader raten dem Handel bei der Verkaufsberatung zur Vorführung der Geräte. Der Kunde müsse sehen und hören, was er zuhause haben könnte, sagte Kunz. Er soll mit raumfüllendem Sound, klaren Stimmen und atemberaubenden Effekten überzeugt werden. Dabei sei auch die Bild-Ton-­Kombination wichtig, denn Ultra-­HD-Bilder kämen in Kombination mit einem kristallklaren und knackigen Sound einfach besser zur Geltung. Hader glaubt, dass die meisten Kunden bereit für Investitionen in die TV-Akustik seien, wenn ihnen die Mehrwerte demonstriert würden. Samsungs Marketingchef Tschobokdji rät ebenfalls dazu, auf Vorzüge wie Klangqualität auf kleinem Platz, Flexibilität mit zusätzlichen Lautsprechern und einfache Installation einzugehen. Hader rät zudem zu optimierten Displays als Verkaufsunterstützung. Diese sollen dabei helfen, die Soundbars aktiv zu verkaufen und die Vorteile für den Kunden herauszustreichen. Wichtig sei dabei, dass die Wünsche des Kunden beachtet werden, bemerkt Rossetti. Wünscht er eine Unterstützung für den TV-Sound oder gleich eine professionelle Heimkino-Lösung? Dabei sei zu beachten, dass die Soundbar keinen vollwertigen Ersatz für das 5.1-System darstellen könne.

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