Marktübersicht

Der PC am Scheideweg

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong, Fabian Pöschl

Der PC-Markt wandelt sich. Tablets übernehmen Aufgaben, die bisher dem Desktop-Rechner vorbehalten schienen. Wie kann der Fachhandel dennoch am PC-Markt wachsen? Neue Formen und andere Marktsegmente bieten Wachstumschancen.

Der Markt für Personalcomputer ist im Wandel: Klassische Desktops werden immer weniger nachgefragt, stattdessen bestimmen neue Formen wie All-in-One-Rechner und Geräteklassen wie Tablets den Markt. Hersteller, Analysten und Distributoren sprechen bereits von der Zeit nach dem PC, von der sogenannten Post-PC-Ära. Ein wichtiger Beleg für diese Entwicklung fand sich vergangenen Sommer: Erstmals waren weniger als die Hälfte der weltweit produzierten DRAMs für PCs verwendet worden. Die PC-Industrie hatte damit ihre Mehrheit an einem Markt verloren, der über 30 Jahre quasi durch den PC definiert wurde, wie die Marktforscher von IHS iSuppli erklärten – ein Meilenstein in der Technikgeschichte. Doch nicht nur das: Laut den Analysten ist dieser Trend nicht mehr aufzuhalten. Bis Ende dieses Jahres werden nur noch 43 Prozent des DRAMs in Desktops, Workstations und Notebooks eingebaut. Für mobile Geräte wie Tablets und Smartphones wird hingegen mehr RAM benötigt werden.

PC nicht mehr Werkzeug Nummer eins

Das bedeutet nicht, dass der PC komplett aus den Haushalten und Büros verschwinden wird. Aber der PC ist nicht mehr das erste Werkzeug der Wahl, um Aufgaben zu erledigen. Zusammen mit den mobilen Geräten bildet er eine von vielen Möglichkeiten, mit der Anwender ihre Jobs erledigen werden.

Eine Reise buchen, Bankgeschäfte erledigen, E-Mails beantworten: Hierfür genügt das Tablet, scheinen sich immer mehr Konsumenten zu denken. Gemäss dem Schweizer ICT-Wirtschaftsverband Swico wurden im vergangenen Jahr hierzulande 568 000 Tablets vertrieben. Dieses Jahr sollen nochmals rund 30 Prozent mehr Geräte über den Ladentisch gehen. Wie es am Markt und mit der Technik weitergehen könnte, zeigen drei Entwicklungen im Soft- und Hardwarebereich: Windows 8 etwa bietet mit seiner Oberfläche ein Bedienkonzept, das über die verschiedenen Hardwareplattformen PC, Tablet und Smartphone hinweg möglichst gleich gebraucht werden kann.

ARM-Chips holen auf

Die verschiedenen Rechner werden sich weiter angleichen. Hardwareseitig werden die schwachbrüstigen Systeme der Tablets und Smartphones immer leistungsstärker: Die Chips auf Basis des Cortex A15 vom britischen Chip-Designer ARM sollen Benchmark-Tests zufolge bei vergleichbarer Taktfrequenz schneller rechnen als etwa Intels Atom-Chips auf 32-Nanometer-Basis, wie Heise Mobil berichtet. Asus zeigt mit seinem Padfone 2, wohin diese Entwicklung gehen könnte: Ein Smartphone liefert die Rechenleistung und Netzwerkanbindung. Wird es mit einem passenden Tablet verbunden, erhält der User bereits ein ausreichend performantes System, um einfache Büroarbeiten zu erledigen. Über einen passenden 24-Zoll-Monitor wird das Smartphone dann praktisch zum Desktop-Rechner.

Nachfrage nach Workstations gestiegen

Allerdings verlangen rechenintensive Arbeiten Systeme mit hoher Rechenkraft, sogenannte Workstations, um beispielsweise Bilder zu bearbeiten, CAD-Programme zu bedienen oder auch schlicht zum Spielen. Deshalb kannibalisieren Mobile Devices auch fast nur die Verkäufe von PCs für den Büro- und Heimgebrauch, wie der auf Workstation spezialisierte Marktforscher Jon Peddie Research (JPR) berichtet. JPR glaubt, dass es am Markt für die Leistungsrechner aufwärtsgeht. Das Marktsegment zieht neue Hersteller und neue Kunden an: Einsteiger im CAD-Bereich und Apple-Mi­granten, also User, die es überdrüssig sind, auf neue Power-Macs zu warten und deshalb auf alternative Systeme setzen. Gemäss den jüngsten Zahlen von JPR vertrieben die Hersteller im Herbst 2012 weltweit 932 000 Workstations. Das waren 5,5 Prozent mehr als im Sommer des gleichen Jahres. JPR bezieht sich deshalb auf das Sommerquartal, weil zu dieser Zeit meistens mehr Geräte verkauft werden als im Herbst. Als Marktführer gilt HP, der Hersteller lieferte dem Handel über 41 Prozent der Workstations und dominierte das Geschäft. Dell lieferte rund 31 Prozent aller Geräte aus. Die Nummer drei, Lenovo, gewann weiter Anteile und belieferte 13,3 Prozent des ­Handels.

Der Heim-PC wird zum Möbel

Die Marktforscher des Analystenhauses Forrester sehen den PC bis mindestens Ende dieses Jahrzehnts im parallelen Gebrauch neben den mobilen Geräten. Doch die heutige Konfiguration, Kasten mit Monitor, Keyboard und Maus, hat zunehmend ausgedient. Hersteller bieten neue und zeitgemässere Formen, wie beispielsweise All-in-One-PCs (AiO). Das, was Apple mit dem iMac seit Jahren vormacht, gilt dabei auch in der Welt der Windows-Rechner als mögliches Erfolgsrezept: Der Computer soll als Möbelstück eine ästhetische Atmosphäre am Wohn- oder Arbeitsplatz schaffen. Eine gute Idee, wie Absatzahlen von iSuppli nahelegen: 2012 verliessen Schätzungen zufolge knapp 16,5 Millionen Rechner die Produktionsstätten der Hersteller. Im Vergleich zu 2011 nahmen die Auslieferungen um ein Fünftel zu. Während der kommenden vier Jahre wird der AiO-Markt voraussichtlich um fast 13 Prozent jährlich wachsen. Die Analysten glauben sogar, dass das AiO-Geschäft den PC-Markt stützen und seinen Rückgang bremsen wird. Als die grössten Anbieter gelten Apple, Dell Lenovo, HP und Sony.

Bereiche wie Mobile Devices, All-in-One-PCs und Workstations zeigen, dass es auch weiterhin Geschäftsmöglichkeiten am PC-Markt gibt. Durch die Post-PC-Ära verbreitert sich der Markt und bietet dem Fachhandel neue Geschäftsmöglichkeiten.

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