Action-Cams erobern Massenmarkt
Halsbrecherische Stunts, spektakuläre Videos: Action-Cams wirbeln den Videomarkt auf. Nicht nur Action-Sportler sind begeistert. Doch für ein erfolgreiches Geschäft genügt es nicht, die Produkte einfach ins Regal zu stellen.

Nick Woodman ist zwar erst Mitte 30, hat es aber doch bereits zum Milliardär geschafft. Und dies, obwohl sein erstes Unternehmen – eine Marketingagentur – ein ziemlicher Fehlschlag gewesen war. Daraufhin gönnte sich der US-Amerikaner mit 26 Jahren eine einjährige Auszeit und bereiste die Küsten Australiens und Indonesiens mit seinem Surfboard im Gepäck.
Der etwas exzentrische Jungunternehmer erkannte damals, dass es keine Amateurkamera gab, mit der er seine Wellenritte mit der entsprechenden Dramatik filmen konnte. Amateure sollten aber ebenfalls professionelle Aufnahmen ihrer sportlichen Aktivitäten machen können, dachte er sich und brachte zwei Jahre später seine erste Gopro-Action-Cam auf den Markt. So wurde 2004 die Action-Cam geboren.
Trendsetter Gopro
Und genau danach hatte die Youtube-Generation gesucht. Schon bald entwickelten weitere Anbieter Action-Cams. Der Markt wuchs im Gegensatz zum Videokamera-Markt rasant, auch in der Schweiz. Laut GfK Switzerland aber mit etwas Verspätung, erst 2010 wurden rund 1000 Stück verkauft. Ein Jahr darauf, im Jahr 2011, waren es 8000 Action-Cams und vergangenes Jahr dann bereits 37'000 Stück.
Entsprechend stiegen auch die Umsätze mit Action-Cams, 2011 bezahlten Schweizer Kunden insgesamt 2 Millionen Franken für diesen Kameratyp, im vergangenen Jahr flossen dann schon 11 Millionen Franken in die Kassen der Händler. Dieses Jahr soll der Markt nochmals kräftig zulegen, auf 53'000 verkaufte Geräte und einen Umsatz von 21 Millionen Franken. Aber bereits für das nächste Jahr prognostizieren Marktforscher ein langsameres Wachstum mit 63'000 verkauften Action-Cams mit einem Umsatz von 24 Millionen Franken. Auch Jürg Zweifel von GfK Switzerland geht davon aus, dass der Markt nicht mehr in derselben Geschwindigkeit wachsen wird wie bis anhin, er sagt: "Das Zielpublikum ist begrenzt und der adressierbare Markt bald gesättigt."
Chris Jungfleisch, Brand Manager von Maptaq, bezweifelt ebenfalls, dass der Markt noch lange wachsen wird. Eine Action-Cam gehöre nicht zu den Artikeln, die man ständig erneuere. Deshalb erwartet er insbesondere im Hochpreissegment eine Stagnation. Der Kunde werde zwar ständig mit neuen Geräten, noch besseren Auflösungen und noch mehr Fotos pro Sekunde gelockt, diese dürften für die eigentliche Anwendung aber technisch überdimensioniert sein.
Arzu Aktas, Unit Business Manager Exclusive Brands bei Distributor BHS Binkert, erwartet zwar weiteres Wachstum und ein breiteres Angebot, jedoch im Tiefpreissegment. Auch Silke Peffekoven, Marketing & Communications Manager bei Ifrec, rechnet für die kommenden zwei Jahre mit einer weiterhin erfreulichen Entwicklung im mittleren und unteren Preissegment.
David Sieber, Geschäftsführer von Hama Schweiz, geht von einer deutlichen Segmentierung in spezifische Anwendungen aus und nennt als Beispiel Motorradbrillen. Sieber erwartet bei den einfacheren Modellen einen deutlichen Preisrutsch, da mehr Marken und Vertriebskanäle in den Einstiegsbereich drängen würden. Das sorge wiederum für den positiven Effekt, dass neuerdings auch Gelegenheits-Anwender zur Zielgruppe der Action-Cams gehörten, hofft Aktas von BHS Binkert.
Zielpublikum
Romain Walt, Product Manager bei Garmin Schweiz, sagt: "Die Kunden sind typischerweise junge, aktive Leute. Aber es ändert sich langsam, auch weniger Aktive zeigen sich interessiert." Der Massenmarkt nimmt den Trend Action-Cam also allmählich auf. Kunden von Action-Cams verlangten grundsätzlich ein stoss- und spritzwassergeschütztes Gerät oder zumindest ein wasserdichtes Gehäuse, sagt Arzu Aktas von BHS Binkert. Silke Peffekoven von Ifrec bemerkt, dass für ein ansprechendes Resultat auch eine hohe Auflösung benötigt werde. Gemäss André Meissner, Product Manager bei Gopro-Distributor Intercycle ist auch eine eine hohe Batterielaufzeit wichtig. Romain Walt von Garmin Schweiz bemerkt, dass auch oft ein Display gewünscht sei. Der Action-Cam-Kunde zeigt sich laut Peffekoven und Meissner spendabel, er benötigt Zubehör wie Befestigungsmöglichkeiten für Fahrrad, Helm und Brillenbügel.
David Sieber von Hama Schweiz teilt die Action-Cam-Kundschaft auf. Während der Neueinsteiger ein Modell des Marktleaders kaufe, suche der Alternative-Sports-Kunde der ersten Stunde bereits nach Nachfolgemodellen mit besonderen technischen Finessen. Und er lege Wert auf Zubehörvielfalt.
Chris Jungfleisch von Maptaq sieht es anders. Der begeisterte Sportler lege wenig Wert auf technische Finessen, sondern wolle möglichst schnell seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken posten. Generell sollen Action-Cams ein gutes Handling bieten und einfach zu bedienen sein.
Technische Zukunft
Bis anhin mussten Action-Cams laut Romain Walt von Garmin einfach "cool" sein. Doch neben den Grundvoraussetzungen würden immer mehr zusätzliche Funktionen erwartet. Für zusätzliche Kaufanreize bei einer breiteren Kundschaft würden Technologien wie etwa WLAN-Funktionen sorgen, glaubt Silke Peffekoven. Laut Arzu Aktas von BHS Binkert bieten immer mehr Geräte neben Wi-Fi- auch erweiterte Smartphone-Unterstützung, um Videos und Bilder direkt auf Social-Media-Plattformen teilen zu können.
Diese Meinung teilt David Sieber von Hama und erwartet LTE-Unterstützung, um etwa einen Facebook-Eintrag auch wirklich sofort und Wi-Fi-unabhängig erstellen zu können. Für Live-Streaming von der Kamera ins Internet brauche es aber gerade während der Skiferien in den Bergen ein gutes Telefonnetz, erklärt Walt, was technisch noch sehr schwierig sei.
Der Garmin-Product-Manager erwartet zudem Accelerometer und zusätzliche Sensoren in den Kameras, die automatisch erkennen, wann sie eine Aufnahme starten oder stoppen sollen. André Meissner, Product Manager bei Gopro-Distributor Intercycle nennt GPS als weiteres Feature, das die Geräte bieten sollen. Auch die Bedienung der Tools und Videos wird laut Meissner immer besser.
Auf technischer Seite erwartet Arzu Aktas von BHS Binkert verbesserte Bildraten und höhere Auflösungen. Dies seien wichtige Kriterien für die Kunden, um auch bei schlechtem Licht gute Aufnahmen machen zu können. André Meissner von Intercycle rechnet zudem mit schnellere Prozessoren in zukünftigen Geräten.
Auch die Bildstabilisierung werde immer besser, ist Chris Jungfleisch von Maptaq sicher. Zudem würden die Akkulaufzeiten der Action-Cams zunehmen, sagt Romain Walt von Garmin Schweiz. In Zukunft seien Geräte mit Akkus zu erwarten, die einen ganzen Tag halten würden, was auch Jungfleisch von Maptaq wichtig findet. Er nervt sich über Zusatzakkus, da helfe auch keine schnelle Aufladezeit.
Das Angebot an Haltern und weiterem Zubehör wird laut André Meissner von Intercycle ausgebaut. Ein vielseitiges Befestigungs-Equipment ist laut Arzu Aktas von BHS Binkert für die meisten Kunden unverzichtbar. Zusammengefasst rechnen die Befragten mit kompakteren und leistungsfähigeren Geräten.
Verkaufstipps
Worauf sollten Händler beim Verkauf von Action-Cams achten? Stellvertretend für viele empfiehlt Arzu Aktas eine ausführliche Beratung. Wichtig sei eine Bedarfsabklärung. Jemand, der seine Erlebnisse schnell über Facebook teilen wolle und mehrere Sportarten betreibe, wolle etwa die Action-Cam auch im Grundpreis bereits mit diversen Befestigungen ausgestattet haben, erklärt Jungfleisch. Hier gebe es bereits im Mittelpreissegment gute Geräte mit verschiedenen Befestigungen in der Basisversion. Der Verkäufer sollte laut Aktas zudem auf die Bildqualität und Auflösung der Kamera achten.
David Sieber von Hama verspricht Zusatzverkäufe beim Verkauf von Action-Cams; das Zubehör sollte dafür aber auch an Lager sein. Zudem sei geschultes Personal wichtig, um die Unterschiede der Modelle erklären zu können. Laut Romain Walt von Garmin sollten die Verkäufer zumindest die Kamera einmal selbst ausprobiert haben, um die Kunden beraten zu können. Laut Chris Jungfleisch von Maptaq sollte der Verkäufer etwa die Bedienbarkeit über Smartphone- oder Tablet-Apps zeigen. Auch sei der Service sehr wichtig.
André Meissner von Intercycle erwähnt, dass Verkäufer, die ein Gopro-POP-Display im Laden ausgestellt hätten, viel bessere Verkaufszahlen auswiesen als solche ohne entsprechendes Display. Meissner empfiehlt zudem, nicht zu technisch zu beraten, sondern bei den Grundlagen zu bleiben. Dafür solle der Verkäufer den Kunden auf emotionaler Ebene begeistern und Dinge wie Gratis-Apps, Editier-Programme oder die Verbindung zu Social Media erwähnen. Auch ein Verweis auf Speicherkarten und zusätzliches Zubehör dürfe nicht fehlen. Zum Schluss bemerkt Meissner, die Kamera solle zu einem konkurrenzfähigen Preis angeboten werden, jedoch ohne die Preise zu unterbieten. Schliesslich habe gute Beratung ihren Preis.

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