Notfallplan des Bundes in der Vernehmlassung

Strommangel: Das könnte im Ernstfall auf die CE- und Elektro-Branche zukommen

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von Maximilian Schenner und cka

Der Bund hat einen Massnahmenkatalog für den Fall einer schweren Strommangellage in die Vernehmlassung geschickt. Damit will der Bund Netzabschaltungen verhindern. Auch auf die CE- und Elektro-Branche kommen in diesem Fall einige Einschränkungen zu. Der Bund hasst ausserdem wohl Eismaschinen.

(Source: NickyPe / pixabay.com)
(Source: NickyPe / pixabay.com)

Kein Strom - und das flächendeckend. Szenen wie aus Mark Elsbergs "Blackout" oder anderen Energie-Dystopien will der Bund diesen Winter und darüber hinaus verhindern. Vor diesem Hintergrund nahm der Bundesrat nun die Bewirtschaftungsmassnahmen für den Fall einer schweren Strommangellage zur Kenntnis. Der Massnahmenkatalog, der neben Kontingentierungen auch konkrete Beschränkungen und Verbote beinhaltet, geht bis 12. Dezember 2022 in eine verkürzte Vernehmlassung. Einige der Massnahmen betreffen auch die ICT-Branche.

Zunächst würde sich der Bund mit "dringenden Sparappellen" an alle Stromverbraucher wenden, heisst es in der Aussendung. Anschliessend oder parallel dazu könne der Bund erste Beschränkungen erlassen.

Diese sollen im Ernstfall gestaffelt erfolgen, wie dem Verordnungsentwurf (PDF) zu entnehmen ist, nämlich in vier Eskalationsschritten. Wann genau welcher Eskalationsschritt in Kraft tritt, wird in dem Entwurf nicht klar definiert und obliegt im Krisenfall wohl dem Bund. Dieser wolle die vorgestellten Massnahmen wohlgemerkt vermeiden, wie "SRF" etwa Bundesrat Guy Parmelin zitiert.

Screens und Beleuchtungen

Im ersten Schritt schränkt der Bund den Gebrauch von Beleuchtungen zu Werbezwecken ein, unter anderem für Schaufenster oder Leuchtreklamen. Diese dürfen dann nur zwischen 5 und 23 Uhr betrieben werden, in der Nacht ist der Betrieb verboten. Das gleiche gilt für Beamer und Displays in der Aussenwerbung. Der erste Eskalationsschritt verbietet laut Entwurf auch die Anstrahlung von Gebäuden und Gärten, sofern dies nicht zwingend notwendig ist.

Im zweiten Eskalationsschritt wären Screens und Beleuchtungen für kommerzielle Zwecke dann gänzlich verboten, mit Ausnahme von Firmenlogos. Ein nächtlicher Spaziergang durch bekannte Einkaufsmeilen wie die Zürcher Bahnhofstrasse könnte sich damit ungewohnt farblos gestalten. Festtags- und Deko-Beleuchtungen sind ebenfalls von dem Verbot betroffen.

Im dritten Schritt heisst es dann wohl "kicken und shaken im Dunkeln" - dann sind nämlich auch Beleuchtungen bei Sportveranstaltungen und in der Disco untersagt. Allgemein gilt dann: Licht aus in allen Räumen, in denen sich keine Personen befinden.

Massnahmen in der IT

Elektronische Geräte müssen ausserhalb der Geschäftszeiten bereits im ersten Eskalationsschritt abgeschaltet werden. Ausgenommen sind essenzielle Geräte, etwa für die Kassenlogistik oder die System-IT. Rechenzentren und Serverräume dürfen per Eskalationsschritt 2 nicht mehr unter 25 Grad gekühlt werden. Obwohl sie als kritische Infrastrukturen gelten, sind Schweizer Rechenzentren nicht vor Energieeinschränkungen gefeit. Im Notfall sollten sie jedoch auf ihre Notstromaggregate zurückgreifen können. Was ein Strommangel für hiesige Rechenzentren bedeuten könnte, erfahren Sie hier.

Der dritte Schritt beinhaltet schliesslich ein ausnahmsloses Verbot von Krypto-Mining und Hochfrequenz-Handel.

Waschen & trocknen

Auch im Haushalt würde die Schweiz den Ernstfall zu spüren bekommen, etwa beim Wäschewaschen. Eskalationsschritt 1 gibt vor, dass private Waschmaschinen nur mit bis zu 40 Grad waschen dürfen. Wie warm Wäsche im Regelfall gewaschen werden sollte, lesen Sie hier.

Gewerbliche Trockner, Bügeleisen und Wäschemangeln dürften in diesem Szenario ausserdem nur zwölf Stunden pro Tag eingeschaltet sein. Mit den weiteren Schritten schrumpft dieser Zeitrahmen auf neun respektive acht Stunden.

Kühl- und Gefriergeräte

Gefrierschränke im Handel und im privaten Bereich dürfen per Schritt 1 nicht unter minus 20 Grad Celsius gekühlt werden. Geschäftliche Kühlgeräte und Kühlschränke dürfen nicht kälter als 9 Grad sein. Im privaten Bereich ist der Bund hier etwas grosszügiger und erlaubt bis zu 6 Grad. Die minimale Temperatur von Gefriergeräten beträgt im nächsten Eskalationsschritt nur mehr minus 19 Grad. Besonders scheint es der Bund auf Eismaschinen abgesehen zu haben, die interessanterweise mehrmals explizit erwähnt werden. Eismaschinen, mit denen Eis für die Kühlung hergestellt wird, dürfen demnach im ersten Schritt nur 4 Stunden pro Tag und nur für geschäftliche Zwecke laufen. Ab Schritt zwei sind sie gänzlich verboten. Zu Speiseeismaschinen macht der Bund keine Angaben.

Streaming und Gaming

Im zweiten Eskalationsschritt nimmt sich der Bund das Streaming vor. So sei bei Eintritt dieses Schrittes nur mehr die niedrigste Qualität (SD) erlaubt. Dies empfiehlt übrigens aktuell auch Swico, der Wirtschaftsverband für die digitale Schweiz - mehr dazu lesen Sie hier.

Wie Sie beim Streaming sonst noch Energie sparen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Im nächsten, dem dritten Eskalationsschritt, ist Streaming dann gänzlich verboten. Untersagt ist dann ausserdem die Verwendung von Video-, DVD- und Blueray-Geräten sowie die Nutzung von Spielekonsolen und Gaming-Computern.

Lockdown für Tesla und Co.?

Eskalationsschritt 3 beinhaltet unter anderem auch eine Verkehrseinschränkung für Elektroautos. Die private Nutzung sei in diesem Fall nur für zwingend notwendige Fahrten erlaubt, etwa für den Arbeitsweg, Arztbesuche oder zum Einkaufen erlaubt - bei Tesla-Fahrerinnen werden hier womöglich Erinnerungen an erste Covid-Lockdowns wach. Ganz zuhause bleiben müssen E-Auto-Besitzer aber freilich nicht: Öffentliche Verkehrsmittel fahren weiterhin - und Velos sowieso.

Kontingentierung von Grossverbrauchern

Ein weiterer zentraler Punkt des Entwurfs ist die Kontingentierung von Endverbrauchern, die im Jahr mindestens 100 Megawattstunden (MWh) Strom verbrauchen. Diese über 34'000 Verbraucher würden knapp die Hälfte des Schweizer Energieverbrauchs ausmachen, heisst es beim Bund. Damit und mit den oben beschriebenen Massnahmen will der Bund grossflächige Netzabschaltungen vermeiden. Man werde alles tun, um diese Ultima Ratio zu verhindern, heisst es beim Bund.

Bereits im Sommer hat der Bundesrat vor einer drohenden Energiemangellage im Winter gewarnt. Bei Digitec Galaxus sind die Absätze einiger Stromspargadgets seither geradezu explodiert, wie Sie hier lesen.

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