Mystery-Shopping

Fachhändler: "Wollen Sie sich setzen, bevor ich Ihnen den Preis sage?"

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Bruno T. sucht für seine frisch umgebaute Küche eine Siebträger-Kaffeemaschine. Seine Partnerin möchte eine, die auch Milch aufschäumen kann. Nach einer eher verwirrenden Internetsuche holt sich der Mystery-Shopper im Handel Rat.

(Source: Nomad_Soul - stock.adobe.com)
(Source: Nomad_Soul - stock.adobe.com)

Mystery-Shopper Bruno T. und seine Partnerin haben gerade die Küche in Brunos Eigentumswohnung umgebaut. Eigentlich sind beide mit der neuen Einrichtung zufrieden - irgendetwas fehlt aber noch: eine Siebträger-Kaffeemaschine - für den Espresso-Liebhaber die perfekte Mischung aus nützlichem Küchengerät und Blickfang. Die alte Kapselmaschine wollte er sowieso ersetzen. Nach einem kurzen Blick ins Internet merkte er aber, dass das kein leichtes Unterfangen werden würde. Die Preise reichen von wenigen hundert bis mehreren zehntausend Franken. Er las von Ein- und Zweikreisern, Maschinen mit Dualboiler und solchen mit mehreren Brühgruppen ... dabei will Bruno doch nur am Morgen gemütlich einen guten Espresso trinken. Während seiner Recherche warf Brunos Partnerin noch ein, dass sie schon gerne auch Milch für einen Latte Macchiato aufschäumen möchte. Jetzt hatte Bruno den Überblick endgültig verloren. Nachdem er sich mit seiner Partnerin auf ein Budget von 2000 Franken geeinigt hatte, machte er sich auf die Suche nach dem Rat einer Fachperson.

Haushaltsgeräte-Fachhändler

Den ersten Halt legte Bruno beim Fachhändler für Haushaltsgeräte ein. Nach Siebträgermaschinen gefragt, führte ihn der Verkäufer im Laden in eine Show-Küche. Noch bevor die beiden an der ersten Test-Maschine ankamen, fragt der Verkäufer: "Suchen Sie nach einem Ein- oder Zweikreiser?" "Da müssen Sie mir helfen", erwiderte Bruno, "ich verstehe den Unterschied noch nicht so ganz." Bei einem Einkreiser werde das Wasser für den Dampf und den Kaffee gemeinsam erwärmt, Zweikreiser hätten jeweils einen separaten Kreislauf, erklärte ihm der Verkäufer. Deshalb könne ein Zweikreiser gleichzeitig Kaffee machen und Milch aufschäumen, bei einem Einkreiser gehe das nicht. Das hat Bruno zumindest einmal verstanden.

Die darauffolgende Beratung kam ihm dann mehr wie ein Barista-Grundkurs vor. Von Bedienung und Wartung über Bohnenmahlgrade und den korrekten Kaffeepulver-Anpressdruck wusste der Verkäufer auf jede Frage eine Antwort. Nach vier Probe-Espressi fragte Bruno nach dem Preis für die Maschinen. Die Antwort des Verkäufers: "Wollen Sie sich setzen, bevor ich Ihnen den Preis sage?" Kurz darauf verliess Bruno den Laden. Maschinen für weniger als 3500 Franken führte das Geschäft nicht. Dafür gab ihm der Verkäufer eine Empfehlung für ein Buch und einen Youtube-Kanal zum Thema Kaffee mit auf den Weg.

EP-Fachhändler

Den nächsten Halt machte Bruno bei einem EP-Fachhändler, wo er freundlich begrüsst wurde. Nach einer Siebträgermaschinen gefragt, winkte der Verkäufer aber ab: "Siebträger führen wir im Laden keine mehr." Da dem Fachhändler die Expertise für die Beratung fehle, schicke er Kunden zu einem befreundeten Händler. Dessen Geschäft war etwa 30 Autominuten entfernt und lag so gar nicht auf der Mystery-Shopping-Route. Bruno verabschiedete sich daher und zog etwas enttäuscht weiter.

Kaffee-Fachgeschäft

Bevor Bruno die grossen Retailer aufsuchte, machte er noch einen Abstecher in einen Kaffeeladen. Er trat in eine Mischung aus Kaffee-Bar und Ladenlokal ein und wurde sogleich freundlich empfangen. Der Verkäufer wollte zuerst wissen, welche Anforderungen Bruno an eine Siebträgermaschine habe und wie hoch sein Budget sei. Mit den nötigen Informationen fand der Verkäufer dann auch schnell ein passendes Modell: Eine ElbaIV V2 des italienischen Herstellers 969.coffee für 1590 Franken. "Bei diesen Maschinen muss man aber wissen, was man macht", meinte der Verkäufer. Auch gab er zu bedenken, dass die Kaffeemaschine keine Mühle habe. Für eine gute Kaffeemühle müsse Bruno nochmal mit etwa 250 Franken rechnen. Einen möglichen Mühlen-Kandidaten führte der Verkäufer dann auch gleich vor, ehe er Bruno die Handhabung und Technik der Maschine im Detail erklärte.

Der Mystery-Shopper dachte schon, seine perfekte Maschine gefunden zu haben, als er dem Verkäufer die verhängnisvolle Frage stellte: "Wie lange braucht die Maschine eigentlich zum Aufheizen?" "Etwa 25 Minuten braucht sie schon." Bruno wusste, dass er am Morgen dafür die Geduld nicht hat. Trotzdem notierte er sich Modell und Hersteller, bevor er in Richtung Interdiscount weiterzog.

Interdiscount

In einer XXL-Filiale von Interdiscount angekommen, musste Bruno erst einmal ein paar Minuten warten. Der Laden war zwei Stunden vor Feierabend gut besucht. Ein junger Verkäufer nahm sich schliesslich Brunos an und führte ihn zum Regal mit den Siebträgermaschinen. Nachdem ihm der Mystery-Shopper seine Anforderungen an eine Kaffeemaschine mitgeteilt hatte, empfahl der Verkäufer eine Delonghi La Specialista Prestigo für 799 Franken. "Das ist ein Siebträger-Vollautomat. Für Zuhause sind die am besten geeignet."

Bei der Bedienung der Maschine kannte sich der Verkäufer aus. Als Bruno ihn aber fragte, ob Milchschäumen und Kaffee machen denn gleichzeitig gehe und wie lange die Maschine zum Aufheizen brauche, konsultierte der Verkäufer den Computer. Antworten fand er dort aber keine. Eine traditionelle Siebträgermaschine kam bei der Beratung nie auf, obwohl der Händler diese eigentlich führt. Trotzdem war Bruno, als er den Laden wieder verliess, überrascht, wie viel der Verkäufer über die empfohlene Maschine wusste.

Fust

Die Fust-Filiale war fast leer, als Bruno den Laden betrat. Ein einzelner Mitarbeiter betreute gerade die einzigen anderen Kunden. Nach wenigen Minuten tauchte dann ein weiterer Verkäufer auf und sprach Bruno sofort an. Er empfahl dem Mystery-Shopper zuerst die gleiche Delonghi-Maschine wie der Interdiscount-Verkäufer. Er wusste auch ähnlich viel dazu zu sagen. Und auch im Fust suchte der Verkäufer für technische Fragen den Rat des Computers - Antworten fanden sich auch hier wieder keine. Beim Durchscrollen der Fust-Website stellte der Verkäufer dann plötzlich fest: "Wir haben ja auch traditionelle Siebträger im Angebot! Von denen stehen einfach keine im Laden."

Ob er denn ein bestimmtes Modell empfehlen könne, wollte Bruno wissen. Der Verkäufer fragte nochmal nach Brunos Budget, bevor er ihm am Computer eine Bezzera BZ10 für 1299 Franken zeigte. "Mit denen kenne ich mich aber gar nicht aus und die müsste ich bestellen. Ich kann Ihnen aber das Datenblatt ausdrucken." Die Maschine passte Bruno eigentlich ganz gut, wenn er zu dieser auch kaum eine Beratung erhielt. Dann kam dem Mystery-Shopper aber in den Sinn, dass es ganz in der Nähe noch einen Melectronics gibt. "Vielleicht finde ich ja da noch etwas", dachte sich Bruno, ehe er den Laden verliess.

Melectronics

Die Hoffnung, im Melectronics-Geschäft noch etwas Besseres zu finden, verpuffte dann aber schnell. Bruno betrat den menschenleeren Laden und steuerte einen Verkäufer an. Nach Siebträgermaschinen gefragt, meinte der nur: "Da müssen Sie die Kollegin fragen. Ich bin hier vorne zuständig." Die Kollegin stellte sich leider als nicht viel hilfreicher heraus: "Ja, wir haben, glaube ich, schon sowas. Unser Kaffee-Experte ist leider in den Ferien, aber schauen Sie doch mal im Regal dort", meinte sie und zeigte auf das Regal mit den Kapselkaffeemaschinen. Auf alle weiteren Fragen erhielt Bruno eine Mischung aus "das kann ich Ihnen leider nicht sagen" und "das müsste ich nachschauen". Daraufhin verliess Bruno den Laden.

Fazit

Nach seiner Mystery-Shopping-Tour war sich Bruno nur einer Sache sicher: Kaffee brühen ist eine Wissenschaft für sich. Ansonsten überzeugte ihn die Beratung der Fachhändler. Besonders der Haushaltsgeräte-Händler konnte Bruno begeistern, wenn der Laden auch keine Maschinen in seiner Preisklasse führte. Dass der EP-Fachhändler Kundinnen und Kunden, die eine Siebträgermaschine suchen, direkt weitervermittelt, überraschte Bruno ziemlich. Nachdem er sich in den diversen Läden beraten liess, konnte er die Entscheidung aber durchaus nachvollziehen. Die grossen Fachhändler konzentrieren sich erwartungsgemäss auf Geräte für die breite Masse - also Siebträger-Vollautomaten. Für diese Kaffeemaschinen erhielt Bruno mit Ausnahme von Melectronics auch eine gute Beratung. Schade fand er, dass nur der Fust-Verkäufer - wenn auch zufällig - bemerkte, dass der Händler auch traditionelle Siebträger-Kaffeemaschinen im Sortiment hat.

Apropos Kaffeemaschinen: "Kassensturz" hat den Kundenservice von Schweizer Kaffeemaschinenanbietern getestet. Bei einem Händler dauerte es 42 Tage, bis der Kundendienst handelte. Mehr darüber lesen Sie hier.

Weitere Informationen zum Wachmacher und dessen Zubereitung finden Sie ausserdem im Kaffee-Onlinedossier.

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