Im Gespräch mit René Senn

"Wir haben VSRT und VSEI gemeinsam an Bord"

Uhr | Aktualisiert

Das Trendthema "Smarthome" entwickelt sich zum boomenden Markt. Noch gibt es aber viel zu ­wenige solcher smarten Häuser in der Schweiz, findet René Senn. Der Experte für Intelligentes Wohnen erklärt, was es in diesem Markt zu beachten gilt.

Was ist ein Smarthome?

René Senn: Ein Haus oder eine Wohnung, in der die unterschiedlichen Gewerke miteinander vernetzt sind oder die digitale Komponenten erfassen. Standard ist heute die Netzwerkverka­belung. Dann gibt es aber auch die Energieüberwachung. Smarthome bedeutet für mich Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz für ein einfacheres Leben in meinen eigenen vier Wänden.

Wohnen Sie in einem Smarthome?

Ja, seit rund 14 Jahren. Ich nutze gewisse Dinge zum Testen der neuesten Gadgets, wobei ich nicht immer das Neueste besitzen muss. Dazu gehört etwa der Fernzugriff auf Licht und Heizung sowie die Fensterüberwachung oder die Steuerung der Musik per Smartphone. Ganz spannend finde ich aktuell das Aufzeichnen von Temperatur­kurven oder der Luftqualität. Dies gibt wichtige Auskünfte über die Funktionsweise der Gebäudetechnik.

Wie viele solche Häuser gibt es derzeit in der Schweiz?

Sicher viele, jedoch noch viel zu wenige. Der Markt wächst aber jedes Jahr um zirka 10 Prozent. Wir durften kürzlich 35 Mietwohnungen mit einem Bussystem ausrüsten. Da stellten wir uns Fragen wie: Wie zeigen wir den Bewohnern die Energie-Einsparungen auf? Verstehen sie die Anzeige in Kilowattstunden? Wir kamen zum Ergebnis, dass die Bewohner unter anderem wissen wollen, wie viel Strom sie im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt verbrauchen.

Was bedeutet das Smarthome für den Multimedia-Fachhandel?

Der Fachhandel hat die Kompetenz, dem Kunden die Multimedia-Vernetzung im Smarthome zu erklären und anzubieten. Wenn ein Multimedia-Spezialist dabei erfolgreich sein will, muss er raus aus seinem Verkaufsgeschäft und bereits bei der Planung zukünftiger Projekte aktiv werden. Denn fehlt es an vorausschauender Planung, ist es hinterher oft nicht mehr möglich, ein Radio oder einen Fernseher für das Smarthome in die Vernetzung zu integrieren. Auch die Elektroinstallateure sollten auf direktem Weg zu Architekten und Planern gehen und von Anfang an mit ihnen zusammenarbeiten.

Was sollte der Multimedia-Spezialist dabei beachten?

Wenn er alleine zum Architekten geht, wird er wohl auf wenig Verständnis stossen und scheitert wahrscheinlich. Gesamtheitlicher wird es, wenn er gemeinsam mit dem Elektroinstallateur eine Zusammenarbeit mit dem Architekten anregt. Das gilt natürlich auch umgekehrt.

Nehmen sich die beiden nichts weg?

Nein, das glaube ich nicht. Jeder hat seine Fachkompetenzen. Ich rate dem Elektroinstallateur beispielsweise eher davon ab, Fernseher zu verkaufen.

Wer kommt sonst noch als Partner infrage?

Beim Smarthome gibt es neben Elektro und Multimedia auch den Bereich Heizung, schliesslich will der Kunde auf dem Smartphone sehen, wie warm es im Haus ist. Wenn die Regelung Tag und Nacht mit garantierter Sicherheit funktionieren soll, dann braucht es dafür einen Haustechnikspezialisten. Auch Lüftung, Klima und Sicherheit sind im Smarthome wichtige Aspekte. Mit Spezialisten für diese Gewerken müssen Multimedia-Fachhändler Allianzen eingehen.

Was gilt es bei einer Smarthome-Zusammenarbeit zu beachten?

Dass die Partner dieselbe Wellenlänge haben. Und es braucht das Vertrauen, dass man einander nichts wegnimmt. Alle müssen erkennen, dass sie zusammen erfolgreicher sind. Ein eingespieltes Team kann Synergien nutzen und so auch Geld sparen. Und wenn einer vom Kunden beauftragt ist, kann er die anderen mit ins Boot holen. Auch der Kunde profitiert, wenn er alles aus einer Hand bekommt.

Warum sollte der Kunde ein ganzes Expertenteam ­bezahlen?

Wenn ein System energieeffizient, sicher und nachhaltig funktionieren soll, dann müssen die Gegebenheiten des Smarthome berücksichtigt werden. Ist es ein Minergiegebäude? Hat es einen Radiator oder eine Bodenheizung? Der jeweilige Experte zeigt die Funktionen und den Mehrwert 'seines' Systems auf. Es gibt zunehmend auch einfache Smarthome-Lösungen, die teilweise schon zu Schleuderpreisen verkauft werden. In den nächsten fünf Jahren werden noch mehr solche Produkte auf den Markt kommen. Es lohnt sich sicher, die Nachhaltigkeit solcher Geräte zu prüfen.

Am 19. März findet die Fachtagung Smarthome 2015 statt. Warum sollte der Multimedia-Fachhandel die Tagung ­besuchen?

Weil die beiden Branchenverbände VSEI und VSRT zum zweiten Mal in 15 Jahren gemeinsam daran beteiligt sind. Die Fachtagung wird dadurch ganzheitlicher. Dahinter stehen die Verbände GNI, VSRT, VSEI und Electrosuisse. Sie leben den Allianzgedanken vor. Das ist die Chance, ­Radio-, TV- und Elektro-Spezialisten zusammenzubringen. Beim Mittagessen können sich die Teilnehmer austauschen, und in Referaten erfahren sie alles über den aktuellen Stand der Technik sowie die Trends im Smarthome. Die GNI versucht hier, auch im Namen von Electrosuisse Brückenbauer zu sein. Zudem konnten wir für diese Tagung über 20 Aussteller gewinnen, so viele wie noch nie.

War es denn schwierig, VSRT und VSEI zusammen­zubringen?

Nein, überhaupt nicht. Ein Lob an Bruno Schöllkopf vom VSRT, Erich Schwaninger vom VSEI und auch an Ruedi Felder von Electrosuisse. Sie sehen den Zweck der Fachtagung und sind sich seither noch näher gekommen. Das macht auch Sinn. VSRT und VSEI haben die gleichen Aufgaben und Herausforderungen, etwa bei der Lehrlingsausbildung oder bei der Marktentwicklung. Und trotzdem braucht es beide Verbände, weil sie unterschiedliche Kulturen haben.

Was ist neu bei der GNI?

Wir haben die Aktivitäten der Plattform Intelligentes Wohnen vom deutschen ZVEI übernommen, der bisher dafür zuständig war. Dadurch können wir die Plattform zu hundert Prozent aus der Schweiz betreuen und marktgerecht weiterentwickeln. Auf der Plattform finden Bauherren Informationen zum Thema Smarthome, aber auch passende Partner sowie zukünftig auch Informationen zu den Technologien. An der Tagung kann ich zu weiteren Projekten der GNI Auskunft geben, die sind aber derzeit noch unter Verschluss.

Wie könnte das Kommunikationsproblem bei Smarthome-Anwendungen unterschiedlicher Hersteller gelöst werden?

Es gibt heute schon Systeme und Standards, welche dies möglich machen. Einer ist etwa die Kommunikation über IP. Ein Referat an der Fachtagung informiert darüber.

Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, die Smarthomes droht, beispielsweise mit  bösartigen Angriffen auf Smart Grids?

Je verbreiteter sie sind, desto grösser ist die Gefahr von Attacken. Diesen Aspekt muss man ernst nehmen. Einzelne Anbieter verfügen mittlerweile über Lösungen für mehr Sicherheit etwa beim Fernzugriff. Eine weitere Frage ist sicher auch, wem die Daten gehören. Vor allem im Smart Grid wird das heftig diskutiert.

Persönlich

René Senn ist gelernter Elektromonteur mit Weiterbildung zum Techniker HF und einem Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft sowie Ausbildner mit Eidg. Fachausweis. Nach Berufserfahrung in Ingenieur- und Planungsbüros und als Systemintegrator ist er seit über 10 Jahren mit seiner Firma Raum Consulting als Berater tätig. Senn ist Leiter der Initiative Intelligentes Wohnen der Gebäude Netzwerk Initiative GNI, koordiniert das Minergie-Modul Raumkomfort der GNI und führt die Geschäftsstelle von KNX-Swiss in der Schweiz.

Fachkongress Smarthome

Am Donnerstag, 19. März 2015, findet im Trafo Baden die Fachtagung Smarthome mit begleitender Ausstellung statt. Die Tagung greift die Thematik der unterschiedlichen ­Kommunikationsstrukturen und Protokolle rund um Smarthome auf. Beteiligt sind die Verbände GNI, VSEI, VSRT und Electrosuisse.

Referenten:

  • Lars Thomsen, Chief-Futurist und Gründer der Future Matters
  • Willy Bauer, Panasonic Electric Works Schweiz
  • Jürg Eggerschwiler, Siemens Building ­Technologies
  • Daniel Steiner, Future Life
  • Kerstin Wessig, iHome-Lab, Hochschule ­Luzern
  • Dieter Beeler, Acasa Immobilien-Marketing
  • Peter Frei, Suhretec, und ­Markus Haller, Tschachtli
  • Celine Renaud, JMC Lutherie
  • Sven Kulmer, Web-Plan
  • Dietmar Friedhoff, Busch-Jaeger Elektro

Aussteller:

  • ABB Schweiz
  • Asera
  • Ceconet
  • Certas
  • Digitalstrom
  • eSmart Technologies
  • Feller
  • Hager
  • High End Company
  • iBricks Solutions
  • Innoxel System
  • Inyx
  • Max Hauri
  • Mygekko Schweiz c/o Bettschen Elektronik
  • Panasonic Electric Works Schweiz
  • Satelco
  • Siemens Schweiz Building Technologies
  • Web-Plan
  • W.Wahli
  • Zidatech
Anmeldungen sind bis 12. März auch online via www.electrosuisse.ch/itg möglich.
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