Besuch im Handel

"Für 100-Franken-Staubsauger gibt es keine Ersatzteile"

Uhr | Aktualisiert

Mystery-Shopperin Astrid T. ist auf der Suche nach einem neuen Staubsauger. Ob mit oder ohne Beutel, günstig oder teuer, ist ihr nicht so wichtig. Aber saugstark soll er sein. Wozu rät der Handel beim Staubsaugerkauf?

Miele S8 Silence Plus Allergy: Neben Philips und Dyson steht auch Miele hoch im Kurs der Verkäufer. (Quelle: Miele)
Miele S8 Silence Plus Allergy: Neben Philips und Dyson steht auch Miele hoch im Kurs der Verkäufer. (Quelle: Miele)

Astrid T. braucht Ersatz für ihren kaputten Staubsauger. Nicht auszudenken, was passieren würde, sollte einer ihrer Besucher Schmutz oder Staub in ihrer Wohnung entdecken. Ein absolutes No-Go für die besonders reinliche Hausfrau.

Um sich ein Bild zu machen, was der Markt zur Zeit bietet, machte sich Astrid zuerst einmal im Internet schlau. Das Angebot war erschlagend und auch die Preisunterschiede zwischen den Händlern für identische Geräte teilweise signifikant. Wie sich diese erklären, sollte ihr der Fachhandel aufzeigen. Und so ging sie in Begleitung von "Elektro heute" auf Mystery-­Shopping-Tour, die durch Interdiscount, ­Media Markt, Coop City, Conforama, Melectronics, Fust und Manor führte.

Eines vorweg: Das neue Energielabel  ist definitiv im Handel angekommen. Fast jeder Verkäufer gab unaufgefordert Auskunft über die neue Verordnung.

Interdiscount

Astrids erste Station war eine Interdiscount-­Filiale, in der sie eine junge Verkäuferin antraf. Diese fragte einen Kollegen um Hilfe, der ­As­trid zu einer Auswahl von rund 15 Staub­saugern führte. Davon empfahl er zwei Modelle von Rowenta mit 1300 und 1400 Watt. Schon bald kämen die "Effizienzkleber" sagte er, dann sei der Staubsaugervergleich noch übersichtlicher. Auch der Verkäufer dürfte darüber nicht unglücklich sein, wanderte sein Blick doch kontinuierlich zum Preisschild. Seine Präsentation inklusive Filterwechsel schien aber eingespielt. Überzeugt meinte er: "300 Franken für ein Rowenta-Modell lohnen sich allemal. Die sind sehr gut verarbeitet und bieten eine hohe Saugleistung."

Media Markt

Astrid bedankte sich für die Beratung, für die sich der Verkäufer einige Zeit nahm. Sie ging weiter zu Media Markt, wo sie zwei ältere Verkäuferinnen sah, die sich offenbar noch viel mehr Zeit für ihre Kunden nahmen. Astrid wartete über 10 Minuten, so lange waren die beiden mit ihren Kunden beschäftigt. Astrid wollte schon wieder gehen, was eine der Verkäuferinnen aber bemerkte und sie ansprach. Die Mystery-Shopperin erklärte, dass sie eine Beratung zu Staubsaugern suche, worauf die Verkäuferin entgeg­nete: "Ich muss nachher mit meinen Kunden auch zu den Staubsaugern, da können sie sich ja gleich anschliessen. Wie wäre das für Sie?" Astrid willigte ein und mit ihr ein weiterer Kunde. Mit der Zeit drängten sich immer mehr Personen dazu, was die Verkäuferin aber offenbar nicht zu stören schien. Vielmehr schien sie in ihrer Rolle aufzugehen, je mehr Publikum dazustiess, und verwandelte das Verkaufsgespräch in eine Verkaufsshow. Geschickt spulte sie ihr Programm ab und empfahl ihren vielen Kunden einen Staubsauger von Rowenta, der soeben neu eingetroffen sei, für rund 300 Franken. Als sich ein älterer Kunde wunderte, dass das Gerät nur mit rund 1000 Watt arbeitet, erklärte die Verkäuferin überzeugt: "Das hat nichts mit der Saugleistung zu tun, sondern nur, wie viel Strom er verbraucht. Der saugt trotzdem viel besser als andere, weniger gut verarbeitete Geräte." Auch auf das neue Energielabel ging sie ein, gab den Staubsauger einer jungen Kundin zum Ausprobieren und erkundigte sich nach den Bodenbelägen ihrer Kunden. Darauf erklärte die Verkäuferin, welcher Aufsatz sich für welchen Zweck verwenden lasse. Nach 55 Minuten(!), noch bevor die "Verkaufsshow" zu Ende war, verabschiedete sich Astrid. Sie hatte genug gesehen; die Verkäuferin schien mit Showtalent gesegnet und konnte kompetent Auskunft geben. Media Markt hat schon tolle Mitarbeiter, dachte sich Astrid. Nur schade, dass es so wenige von ihnen gibt.

Coop City

Astrid ging weiter zu Coop City, wo sie schnell eine freie Verkäuferin vorfand, die sie zu den ausgestellten Staubsaugern begleitete. Die Frau empfahl ein Philips-Aktionsgerät für 250 statt 350 Franken mit "sehr guter Saugleistung", wobei sie die meisten Geräteinformationen vom Preisschild ablas. Dennoch wusste auch sie Bescheid über das neue Energielabel und versicherte, dass eine tiefe Wattzahl nichts mit der Saugleistung zu tun habe. Da­rauf schlug die Verkäuferin eine Präsentation vor und lobte dabei die geringe Lautstärke des Geräts. Vergleichbare Geräte gebe es zwar auch von Electrolux, die seien aber wesentlich teurer als das per Aktion erhältliche Philips-­Modell. Doch das Preisargument überzeugte Astrid noch nicht vom Kauf.

Conforama

Sie versuchte es weiter bei Conforama, wo ein Verkäufer auf Astrids Anfrage wissen wollte, wie viel sie denn für einen Staubsauger auszugeben gedenke. Das wollte Astrid aber nicht verraten. Vielmehr sollte der Verkäufer sie vom Kauf eines hochpreisigen Geräts überzeugen. Auch die Frage nach einem Beutel- oder beutellosen Staubsauger sollte der Verkäufer für sie klären. Deshalb ging er auf die Vor- und Nachteile ein, indem er erwähnte, dass es bei beutellosen Staubsaugern meist Probleme beim Entleeren gebe, Dyson biete aber klar die besten beutellosen Staubsauger mit eigens entwickeltem System. Der Staubsauger verbrauche nur 1400 Watt und biete dennoch eine "super Saugleistung". Auf das Energielabel ging er allerdings nicht ein und erklärte stattdessen die verschiedenen Bürstenaufsätze, erwähnte den Hepa-Filter gegen Allergien und rundete das Gespräch ab, indem er die Aktionspreise für Dyson-Staub­sauger erwähnte. Von jedem Modell seien nur noch zwei Stück auf Lager, Astrid müsse sich also beeilen. Das wollte sie aber nicht, sie wollte sich von einem Gerät überzeugen ­lassen, nicht vom Preis. Also suchte sie eine weitere Beratung und ging weiter zu Melectronics.

Melectronics

Bei Melectronics angekommen, sprach sie einen Verkäufer an, der sich gerade mit einem Kollegen unterhielt. Auch er wollte wissen, ob es ein Sauger mit oder ohne Beutel sein sollte. Er riet zum Beutelstaubsauger, denn "die beutellosen Staubsauger verlieren mit der Zeit an Saugleistung." Dass Dyson genau mit dem Gegenteil "ohne Saugkraftverlust" wirbt, schien ihn dabei nicht zu stören. Auch der Melectronics-Verkäufer wollte Astrid mit dem Preisargument überzeugen. Er riet zum VAC100 oder VAC200 einer Migros-Eigenmarke für knapp 200 Franken. Zu diesen gebe es derzeit einen 50-Franken-­Rabatt. Wahrscheinlich will die Migros alte Geräte loswerden, dachte Astrid, denn die angepriesenen Modelle verbrauchten alle 2000 Watt oder mehr. Als sie sich zudem für den beutellosen Samsung-Staubsauger zu interessieren begann, zu dem es einen kostenlosen Roboterstaubsauger dazugab, meinte der Verkäufer ohne weitere Begründung: "Den Samsung-Staubsauger würde ich Ihnen nicht empfehlen." Astrid wollte hier nicht zuschlagen. Irgendwie uninspiriert fand sie die Beratungsleistung hier.

Fust

Sie machte sich auf zum Fust. Astrid sprach einen Verkäufer an der Kasse an, der von der Marke Miele überzeugt war. Auch Bosch und Dyson böten gute Geräte, aber das beste Preis-Leistungs-Verhältnis gebe es ganz klar bei Miele. Sie hätten Exklusivmodelle, worauf sie drei Jahre Garantie anbieten könnten. Überhaupt teste Miele seine Geräte auf 20 Jahre Lebensdauer. Ein gutes Argument, dachte sich Astrid, bemerkte aber die Preise von gut 600 Franken für einen Miele S8. Darauf angesprochen, erklärte der Verkäufer: "Wie beim Auto gibt es auch bei den Staubsaugern unterschiedliche Preisklassen. Die meisten saugen ganz gut, aber bei Miele, Bosch und Dyson ist die Verarbeitung hochwertiger und das Zubehör über Jahre hinaus gesichert." Der Verkäufer kam in einen Redefluss und lästerte über die "heutige  Wegwerfgesellschaft".  Fust biete Geräte von 40 bis 800 Franken, aber für ein 100-Franken-Gerät könne man nunmal keine Ersatzteile erwarten. Der Verkäufer führte das Miele-Modell vor und ging im Detail auf dessen Funktionen ein. Er wollte Astrid von einem Kauf überzeugen, indem er Finanzierungsmöglichkeiten erklärte, wie Kauf auf Rechnung, Teilanzahlung, Test-Miete während dreier Monate. Falls sie sich gleich zum Kauf entschlösse, würde er ihr einen Hepa-Filter im Wert von rund 50 Franken dazuschenken. Das klang nicht schlecht. Der Verkäufer schien überzeugt vom Produkt und machte einen kompetenten Eindruck. Zudem nahm er sich über eine Viertelstunde Zeit für Astrid. Dennoch wagte sie noch einen weiteren Versuch.

Manor

Bei Manor sprach Astrid eine ältere Verkäuferin an der Kasse an, die ihr Staubsauger von Miele und Philips zum Preis von 400 bis 500 Franken vorführte. Sie riet zum etwas leichteren Philips-Gerät, sollte Astrid es beispielsweise auch im Treppenhaus einsetzen wollen. Als Astrid die hohe Wattzahl von 2100 ansprach, fand auch die Verkäuferin, dass dies viel zu hoch sei, ging aber nicht auf das Energielabel ein. Auch sie erklärte, wie schon die Verkäufer vor ihr, die Handhabung der Geräte und verriet zudem Tipps zur Reinigung und Handhabung des Hepa-Filters. Sie erklärte, dass sie schon seit Jahren denselben Filter nutze und ihn noch nie habe austauschen müssen. Man müsse nur ein bisschen achtgeben. Ersatzteile könne sie zwar bestellen, die finde Astrid aber auch anderswo. Astrid bedankte sich für eine ausgiebige, enthusiastische Beratung mit vielen Tipps nach Hausfrauenart und beendete ihre Mystery-Shopping-Tour.

Fazit

Astrids Fazit zur Staubsaugerberatung fällt positiv aus. Alle Verkäufer nahmen sich Zeit, um eine Lösung für Astrid zu finden. Mancher machte es sich etwas leichter, grundsätzlich war das Niveau der Beratung aber hoch. In Erinnerung bleiben ihr bestimmt die Beratungen bei Media Markt, Fust und Manor, wo sie auf Verkaufsprofis traf, die mit Fachwissen punkteten. Und kaum ein Verkäufer wollte ihr ein Tiefpreismodell andrehen. Das günstigste hätte sie bei Melectronics für 200 Franken erhalten. Die meisten versuchten sie jedoch mit qualitativen Argumenten vom teureren Gerät zu überzeugen. Zugeschlagen hätte sie definitiv bei der Media-Markt-Verkäuferin mit Show-Talent und bei der Manor-Verkäuferin, die einige Hausfrauen-Tipps auf Lager hatte. So geht verkaufen!

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