Hintergrund

Facebook steckt hinter Schmutzkampagne gegen Tiktok

Uhr
von dsc, Watson.ch

Mark Zuckerbergs Meta-Konzern hat eine republikanische PR-Firma dafür bezahlt, die Öffentlichkeit gegen Tiktok aufzubringen. Meta verteidigt sein Vorgehen.

(Source: Franck / Unsplash)
(Source: Franck / Unsplash)

Der Facebook-Mutterkonzern Meta hat das US-Beratungsunternehmen Targeted Victory beauftragt, eine breit angelegte Schmutzkampagne gegen den grössten Konkurrenten zu orchestrieren. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Punkte zum Enthüllungsbericht der "Washington Post" (Abo notwendig) zusammen und geht auch auf die fragwürdige Rolle ein, die Tiktok als Propaganda-Instrument im Ukraine-Krieg spielt.

Was wurde enthüllt?

Eine bei der amerikanischen PR-Firma Targeted Victory in Auftrag gegebene Medien- und Lobbying-Kampagne zielte laut "Washington Post" darauf ab, die Öffentlichkeit gegen den grössten Facebook-Konkurrenten aufzubringen. Die US-Firma habe ihre Angestellten im ganzen Land gedrängt, Botschaften zu verbreiten, in denen Tiktok als Bedrohung für amerikanische Kinder bezeichnet werde. "Ein Traum wäre es, Geschichten mit Schlagzeilen wie 'Vom Tanz zur Gefahr' zu bekommen", zitiert die "Washington Post" aus einer geleakten internen E-Mail-Nachricht.

Im Rahmen der Kampagne wurde laut Bericht versucht:

  • Kommentare und Leserbriefe in grossen regionalen Nachrichtenagenturen zu platzieren,

  • Die Verbreitung von zweifelhaften Geschichten über angebliche Tiktok-Trends zu fördern, die aber tatsächlich auf Facebook entstanden waren,

  • Reporter und Politiker dazu zu bringen, zu helfen, Facebooks grössten Konkurrenten zu Fall zu bringen, und

  • die Bekanntheit von Tiktok zu nutzen, um von Metas eigenen Datenschutz- und Kartellrechtsproblemen abzulenken.

Targeted Victory war 2012 als republikanisches digitales Beratungsunternehmen von Zac Moffatt gegründet worden, einem der Mitverantwortlichen für Mitt Romneys Präsidentschaftskampagne. Im Laufe der Jahre hat das Unternehmen laut "Washington Post" regelmässig Facebook-Vertreter beraten, darunter wohl auch Konzernchef Mark Zuckerberg.

Das Unternehmen sei einer der grössten Empfänger von Wahlkampfausgaben der US-Republikaner und verdiente im Jahr 2020 mehr als 237 Millionen US-Dollar.

Was sagen die Direktbetroffenen?

Ein Meta-Sprecher verteidigte laut "Washington Post" die Kampagne mit den Worten: "Wir glauben, dass alle Plattformen, einschliesslich Tiktok, einer Überprüfung unterzogen werden sollten, die ihrem wachsenden Erfolg entspricht."

Targeted Victory lehnte es laut Bericht ab, auf Fragen zur Schmutzkampagne zu antworten, und habe lediglich erklärt, dass man Meta seit mehreren Jahren vertrete und stolz sei auf "die Arbeit, die wir geleistet haben".

Ein Tiktok-Sprecher sagte laut Bericht, das Unternehmen sei "zutiefst besorgt" über die Enthüllungen, insbesondere "das Anheizen lokaler Medienberichte über angebliche Trends, die auf der Plattform nicht gefunden wurden".

Ist Tiktok harmlos?

Nein. Im Gegenteil. Im Ukraine-Krieg werde die App zunehmend zum Ort für Propaganda, berichtete kürzlich "Deutschlandfunk.de".

Tiktok liefere seinen überwiegend jungen Nutzerinnen und Nutzern innerhalb von 40 Minuten nach der Anmeldung "falsche und irreführende Inhalte über den Krieg in der Ukraine" konstatierte eine Untersuchung von Datenanalysen. Und dies unabhängig davon, ob man eine Suche auf der Plattform durchführe. Unter den Behauptungen seien "sowohl pro-russische als auch pro-ukrainische Unwahrheiten".

Eine Faktencheckerin beim Journalismusprojekt Correctiv habe bestätigte, dass auf Tiktok immer mehr Falschnachrichten verbreitet würden. Ihr Team arbeite deshalb nun an einem eigenen "Monitoring für Fake News".

Das Besondere an Tiktok gegenüber anderen Social-Media-Plattformen sei, so der deutsche Medienwissenschaftler Marcus Bösch, dass die von den Usern hochgeladenen Inhalte eine grössere Chance hätten, "viral zu gehen".

Tiktok sei "zum WarTok geworden", betitelte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) eine eigene Analyse. Und man rät angesichts einer sehr jungen Nutzergruppe:

Eltern und Pädagogen sollten das wissen und mit ihren Kindern darüber sprechen – und den Tiktok-Konsum sorgfältig überwachen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Watson.ch.

Webcode
DPF8_252058