Weko-Untersuchung wegen Glasfasernetz-Ausbau

Update: Swisscom blitzt auch vor dem Bundesgericht ab

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von René Jaun und Silja Anders und nba, kfi

Die Swisscom darf ihr Glasfasernetz vorerst nicht weiter ausbauen. Der Telko unterlag der Klage der Wettbewerbskommission zunächst vor dem Bundesverwaltungsgericht, und jetzt auch vor Bundesgericht.

(Source: tingeyinjurylawfirm / Unsplash)
(Source: tingeyinjurylawfirm / Unsplash)

Update vom 13. Dezember 2021:

Swisscom darf ihr Glasfasernetz nach wie vor nicht weiterbauen. Auch das Bundesgericht lehnt ein Gesuch des Telkos um aufschiebende Wirkung ab, berichtet die "Werbewoche".

In der Zwischenverfügung argumentieren die Richter, dass die vorsorgliche Massnahme den Betrieb des bestehenden Netzes nicht beeinträchtige. Die Entscheidung greife dem Ausgang der Beschwerde gegen die vorsorgliche Massnahme selbst nicht vor.

Update vom 29. Oktober 2021: Swisscom legt Berufung ein und senkt Umsatzziele

Nachdem Swisscom vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Weko verlor, geht der Telko nun in Berufung. Wie der "Tagesanzeiger" berichtet, senkte Swisscom seine Umsatzziele in Folge des Gerichtsurteils von 11,3 Milliarden Franken auf 11,2 Milliarden Franken. Vorerst liege die Glasfaserpartnerschaft mit Salt nämlich auf Eis. Aufgrund der Erwartungsziele brach die Swisscom-Aktie um 7 Prozent ein, sehr zum Unmut der Anleger, wie es im "Tagesanzeiger" weiter heisst. Jetzt zieht Swisscom vor das Bundesgericht in Lausanne. Verliert der Telko erneut, müsse er auf die Forderungen der Weko und des Bundesverwaltungsgerichts eingehen und die Zuleitungen von der Telefonzentrale zum Strassenschacht erweitern. Das heisst laut "Tagesanzeiger": Strassen aufreissen, um die Kanäle zu vergrössern und somit dickeren Glasfaserkabeln Platz zu machen.

"Wenn wir Kabelkanäle im Tiefbau ausweiten müssten, wird das teuer", zitiert der "Tagesanzeiger" Swisscom-Chef Urs Schaeppi. "Es wird nicht um zwei bis drei Millionen teurer, sondern viel teurer. Das wird den Ausbau auch zeitlich verzögern." Es seien vor allem die ländlichen Regionen betroffen, in den Städten stünden die Glasfasernetze schon zur Verfügung. Schaeppi hoffe, bis im Februar mehr Klarheit zu der Angelegenheit zu haben.

Originalmeldung vom 06. Oktober 2021: Swisscom unterliegt vor Bundesverwaltungsgericht gegen die Weko

Swisscom soll sich beim Bau ihres Glasfasernetzes an die vereinbarten Standards halten. Dies geht aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor. Mit seinem Urteil bestätigt die Behörde eine Anordnung der Wettbewerbskommission vom vergangenen Dezember. De facto heisst dies: Swisscom darf ihr Glasfasernetz vorerst nicht wie geplant weiterbauen.

Ausbaupläne sind möglicherweise marktmissbräuchlich

In seiner Mitteilung erklärt das Bundesverwaltungsgericht die Hintergründe des Urteils: Demnach wollte Swisscom beim Ausbau des Glasfasernetzes auf eine neue Technologie setzen, "die auf einem Einfaser-Modell mit einer Baumstruktur (P2MP-, Point to Multipoint-Topologie) beruht".

Allerdings hatten sich in der Vergangenheit die Schweizer Telkos an einem runden Tisch auf einen anderen Standard geeinigt, der "ein Vierfaser-Modell mit Sternstruktur (P2P-, Point to Point-Topologie) vorsieht". Dabei würden vier unabhängige Glasfasern von der Anschlusszentrale bis zum Anschluss der Endkonsumentinnen und Endkonsumenten verlegt, wodurch auch Mitbewerbern der Zugang zu einer eigenständigen Glasfaser offen stünde.

Die Wettbewerbskommission gehe davon aus, dass sich Swisscom durch den Ausbau entsprechend ihrer neuen Netzbaustrategie als marktbeherrschendes Unternehmen marktmissbräuchlich verhalte, schreibt das Bundesverwaltungsgericht weiter. Deshalb untersagte die Weko dem Telko, bis mindestens zum Ende der laufenden Untersuchung sein Glasfasernetz "ohne Gewährleistung eines Layer-1-Zugangs" auszubauen.

Swisscom habe dem Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft machen können, "dass ausreichende technologische oder wirtschaftliche Gründe für die Abweichung vom Glasfaserstandard bestehen", schreibt die Behörde.

Swisscom bedauert, Init7 ist erfreut

In einer Stellungnahme bedauert Swisscom den Entscheid des Gerichts und bezeichnet die vorsorglich verhängten Massnahmen als "verfehlt". Mit dem vorgesehenen Punkt zu Multipunkt Ausbau habe der Telko ein international erfolgreiches Modell gewählt. "In der Schweiz jedoch wird dies von wenigen Mitbewerbern kritisiert und der Netzausbau droht im schlimmsten Fall um Jahre verzögert zu werden. Der Wettbewerb spielt heute auf allen Ebenen, und am Ausbau beteiligen sich zahlreiche Kooperationspartner an den Investitionen in Milliardenhöhe", lässt sich Swisscom-CEO Urs Schaeppi zitieren. "Wir sind überzeugt, dass wir uns fair und wettbewerbsmässig korrekt verhalten und werden nun die nächsten Schritte prüfen."

Einer der Mitbewerber ist der Schweizer Internetanbieter Init7, dessen Anzeige laut eigener Angabe die Untersuchung der Weko ausgelöst hatte. Die von Swisscom vorgesehene Netztopologie behindere Internetprovider mit kleinem Marktanteil. Dazu komme, "dass die bisherige P2P-Topologie (Point-to-Point) viel flexibler und damit auch zukunftssicherer ist. Zudem lässt sich die P2MP-Topologie auch auf P2P abbilden, nicht aber umgekehrt."

Swisscom kann das Urteil noch ans Bundesgericht weiterziehen. Erst im Juli hatte der Telko bekanntgegeben, einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts weiterzuziehen. Dabei geht es um eine Busse der Weko von mehr als 7 Millionen Franken.

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