Interview mit Ramon Rütimann

"Digital ist nicht immer besser"

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Seit September ist Ramon Rütimann Geschäftsführer des Digital-Signage-Spezialisten Media Solutions. Rütimann sagt, warum er das Unternehmen aufkaufte, welchen Herausforderungen er sich nach dem Kauf stellen musste und warum mehr Bildschirme nicht immer besser sind.

Ramon Rütimann, Geschäftsführer des Digital-Signage-Spezialisten Media Solutions
Ramon Rütimann, Geschäftsführer des Digital-Signage-Spezialisten Media Solutions

Welche Bilanz ziehen Sie nach den ersten sechs Monaten bei Media Solutions?

Ramon Rütimann: Der Entscheid zum Einstieg bei Media Solution ist und war der richtige. Der frühere Firmeninhaber Daniel Regli und ich konnten so eine Win-win-Situation schaffen. In den ersten Monaten habe ich selbst erfahren, dass hinter der Selbstständigkeit harte Arbeit steckt. Ich spüre eine grosse Unterstützung sowohl im Team wie auch im privaten Umfeld, worüber ich sehr froh bin.

Wie kam es zum Kauf von Media Solutions?

Ich habe schon vor dem Kauf mit Media-Solutions-Gründer Daniel Regli zusammengearbeitet. Mein damaliger Arbeitgeber Artoz Papier war Kunde von Media Solutions. Nach Umstrukturierungen bei Artoz Papier kam ich mit Daniel Regli ins Gespräch.

Wie verlief die Stabübergabe von Daniel Regli an Sie?

Sehr gut. Vor dem Kauf befanden wir uns rund ein halbes Jahr im intensiven Austausch. Daniel Regli zeigte sich in dieser Zeit sehr offen, sodass ich mir ein gutes Bild von der Firma machen konnte. Auch konnte ich die weiteren Teammitglieder kennen lernen und das langjährige Team in der Firma halten. Als "Branchen-Neuling" bin ich natürlich sehr froh, drei sehr erfahrene Mitarbeitende im Boot zu wissen.

Daniel Regli ist immer noch im Unternehmen als stellvertretender Geschäftsführer und Projektleiter. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Ihrem Vorgänger?

Unsere Zusammenarbeit funktioniert gut. Natürlich kommen wir aus unterschiedlichen Generationen und verschiedenen Welten. Ich habe einen Marketing- und Business-Development-Hintergrund und dadurch ein anderes Verständnis von einem Unternehmen und auch andere Ansätze. Mit dem sehr guten technischen Hintergrund und Know-how von Daniel Regli ergänzen wir uns aus meiner Sicht optimal. Die Marketing- und die IT-Welt treffen aufeinander, was herausfordernd ist. Gleichzeitig nehme ich die Diversität im Team als eine der grossen Stärken von Media Solutions wahr.

Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?

Daniel Regli und ich sind zwei unterschiedliche Persönlichkeiten. Mein Ziel ist es, Synergien gut zu nutzen. Aufbauend auf dem Bestehenden möchte ich das Unternehmen weiterentwickeln und im Markt klar positionieren. Dabei liegt mein Fokus auf dem Bedürfnis der Kunden und auf der Suche nach Lösungen dafür. Die Hardwarekomponenten sind dabei wohl ein wichtiges Mittel zum Zweck, die Lösungen müssen aber für den Kunden einen echten Mehrwert bieten. Weiter ist ein zielführendes Marketing wichtig; schliesslich wollen wir potenzielle Kunden auf unsere Lösungen aufmerksam machen. Dabei soll unter anderem unsere neue Website ein probates Mittel sein.

Wo gab es sonst noch Handlungsbedarf?

Daniel Regli hat durch seine langjährige Branchenerfahrung ein sehr gutes Bauchgefühl entwickelt, auf das er sich bei Entscheidungen verlassen kann. Da ich diese Erfahrung nicht mitbringe, brauche ich zusätzliche Entscheidungsgrundlagen. Diese lieferte das bisherige CRM-System nicht in der gewünschten Form, weshalb wir per 1. September 2019 auf ein neues System gewechselt haben, was natürlich auch eine Umgewöhnung für das ganze Team war.

Vor dem Kauf war Media Solutions eine Einzelfirma. Warum der Wechsel zur GmbH?

Aus rein rechtlichen Gründen war eine Übernahme des Unternehmens in der bisherigen Rechtsform nicht möglich. Aus diesem Grund habe ich eine GmbH gegründet. Das klingt jetzt nach mehr Veränderungen, als es eigentlich sind. Denn eigentlich ändert sich durch den Wechsel zur GmbH abgesehen vom Namen praktisch nichts.

Apropos Veränderungen: Was ändert sich für Media-Solutions-Kunden jetzt, wo Sie am Steuer sind?

Es besteht eine sehr gute Basis, auf der ich aufbauen möchte. Zu viele Veränderungen in zu kurzer Zeit ergeben keinen Sinn. Daher will ich ausgehend vom Bestehenden punktuell Optimierungen vornehmen. Die bisher grössten Veränderungen waren mit Bestimmtheit die personellen. Gleichzeitig mit mir kam mit Manuel Roos ein weiterer neuer Mitarbeiter ins Unternehmen. Seine Kompetenzen liegen vorwiegend im Content-Bereich, womit wir unsere Kunden dahingehend zusätzlich unterstützen können. Langfristig hingegen wird sich vermutlich so einiges ­ändern.

Welche langfristigen Veränderungen sind das, die Sie ansteuern?

Ich stecke noch mitten im Prozess der Strategieentwicklung. Daher kann ich dazu im Moment noch nicht konkret Stellung nehmen.

Media Solutions bietet eine breite Palette an Digital-Signage-Lösungen für diverse Branchen an. Wo sind Sie besonders stark vertreten?

Mit unserem Angebot konzentrieren wir uns nicht auf spezifische Branchen, sondern versuchen in verschiedensten Bereichen für die vielfältigen Anforderungen massgeschneiderte Lösungen anbieten zu können. Derzeit spüren wir eine grosse Nachfrage vor allem bei Unternehmen mit Showroom-Einrichtungen oder bei Ausstellungen – auch im Kunstbereich. In Läden am Point of Sale kommen ebenfalls häufig Digital-Signage-Lösungen zum Einsatz.

Sie bieten auch Schulungen für Marketing-Verantwortliche im Content-Bereich an. Wie gefragt sind diese?

Wir führen zahlreiche Schulungen durch. Das Herzstück unseres Produktsortiments ist zurzeit die Brightsign-Produktpalette. Das sind sehr solide Medienplayer, die im Digital-Signage-Bereich unzählige Möglichkeiten bieten. Dies führt zu einer gewissen Komplexität, weshalb sich Schulungen definitiv lohnen. Unser Mitarbeiter Patrick Hein gibt unseren Kunden sein grosses Know-how in der Brightsign-Software Brightauthor weiter und schafft dadurch meiner Meinung nach grossen und nachhaltigen Mehrwert.

Wie steht es um den Schweizer Digital-Signage-Markt?

Wir befinden uns auf jeden Fall in einem Wachstumsmarkt. Es wagen sich immer mehr Unternehmen in den Bereich Digital Signage – demnach wächst auch die Zahl der Anbieter. Der Markt befindet sich aus meiner Sicht in einer höchst interessanten Phase.

Welche technischen Neuerungen gibt es am Markt?

Die grossen Brancheneuheiten für 2020 wurden noch nicht vorgestellt. Grundsätzlich tut sich im technischen Bereich enorm viel. Der technische Fortschritt ist gross, und es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, immer am technischen Puls der Zeit zu sein. Deshalb besuchen wir in diesem Frühjahr die beiden bedeutendsten Branchenmessen ISE in Amsterdam und DSE in Las Vegas.

Was muss ein Anbieter mitbringen, um am Markt erfolgreich zu sein?

Wer auf dem Markt branchenspezifische Lösungen anbieten kann, wird sich positionieren können. Dem Kunden müssen keine technischen Spielereien, sondern umsetzbare Lösungen angeboten werden. Digital ist auch nicht immer besser; ideal sind oftmals Lösungen in der Kombination von digital und analog.

Was meinen Sie damit?

Einfach einen Screen zu montieren, ohne sich Gedanken dazu zu machen, womit man ihn bespielen möchte und wie er welche Probleme lösen soll, bringt nichts. Es sind die richtigen Inhalte, die zählen und diese erfordern Denkarbeit im Vorfel. Ich stelle grundsätzlich eine starke Reizüberflutung mit grossen und vielfältigen Werbeflächen fest. Diese sind oft nicht optimal aufs Zielpublikum ausgerichtet, sondern einfach an Orten mit einer hohen Publikums-Frequentierung platziert. Digital Signage bietet beinahe unbegrenzte Möglichkeiten, bedeutend gezielter Werbung zu machen. So kann Webefläche reduziert, dafür das Zielpublikum gezielter erreicht werden.

Können Sie ein Beispiel für eine solche zielgerichtete Werbefläche nennen?

Bei einem unserer Kunden haben wir einen Transparent Screen in einem Kühlschrank verbaut. Dieser Kunde verkauft in seinem Laden, abgesehen von vielen anderen Produkten, ein selbstgebrautes Bier, auf das er speziell aufmerksam machen wollte. In diesem Fall war es am sinnvollsten, für die Werbung direkt die Fläche am Kühlschrank zu nutzen und somit dort, wo der Konsument die Kaufentscheidung fällt, einen Impuls zu senden. Ich bin überzeugt, dass in solchen gezielten Werbungen noch einiges an Potenzial steckt.

Wie gut kennen sich die Schweizer mit dem Begriff Digital Signage aus?

Es herrscht auf jeden Fall Aufklärungsbedarf. Das habe ich in meinem persönlichen Umfeld wahrgenommen, als ich bei Media Solutions einstieg. Auch in Gesprächen mit potenziellen Kunden merkt man, dass in den Unternehmen das Digital-Signage-Know-how noch nicht sehr verbreitet ist. Umso wichtiger ist es, dass wir mit unserem Fachwissen und den nötigen Technologien dem potenziellen Kunden aufzeigen können, welche Probleme Digital Signage lösen und welchen Mehrwert es bieten kann. Ich habe auch festgestellt, dass die Hardwarekosten von den Kunden tendenziell überschätzt werden.

Wie können Inhaber kleiner Läden von Digital Signage profitieren?

Da gibt es sehr viele Bereiche. Die Frage ist immer, wo der Schuh gerade drückt. Man kann Lösungen schaffen für Unternehmen, die sich an einer gut frequentierten Lage befinden und mehr Leute in den Laden bringen möchten. In einem solchen Fall muss man im Schaufenster- und Eingangsbereich ansetzen. Denkbar ist auch, dass der Kundschaft das Ladenkonzept nicht klar ist und Produkte nur schwer auffindbar sind, beziehungsweise viel Beratungszeit in Anspruch genommen werden muss. Hier kann ein System geschaffen werden, bei dem der Kunde sehr unkompliziert über das Konzept des Ladens informiert wird und sich seine gewünschten Informationen in einem interaktiven System holen kann. Ist eine solche Fläche in einem Geschäft erst einmal geschaffen, kann man sie immer wieder mit neuen Inhalten bespielen. Die Inbetriebnahme des Systems ist also das eine, die Wartung und Betreuung das andere. Falls der Kunde dafür nicht über die nötigen Ressourcen verfügt, bieten wir auch Dienstleistungen wie Content-Anpassungen an.

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Zur Person

Ramon Rütimann (27) sammelte nach seiner kaufmännischen Ausbildung Berufserfahrung in den Bereichen Verkauf, Marketing und Business Development. Nebenbei studierte er an der Hochschule für Wirtschaft Luzern. Nach Abschluss des Bachelors in Kommunikation und Marketing absolvierte er den Master mit Vertiefung Business Development. Im Rahmen der Masterarbeit setzte er sich vertieft mit dem Thema Digitalisierung ausei­nander. Seit September 2019 ist Rütimann geschäftsführender Inhaber der Media Solutions GmbH und führt damit das in seinem Geburtsjahr von Daniel Regli gegründete Unternehmen weiter. (Quelle: Media Solutions)

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