Umsatzrekord und Rekordverlust bei MCH
Brisant: Die MCH Group gab für das 2018 einen Rekordverlust von 190 Millionen Franken bekannt, davon 17,6 Millionen operativ. Am 26. März soll das Rettungskonzept für die so wichtige Baselworld vorgestellt werden.
Jetzt ist der Schuss raus. "Das analoge Messegeschäft (Anmerkung: in der Schweiz) bietet kein anhaltend erfolgreiches Entwicklungspotenzial." Der CEO ad interim, Hans-Kristian Hoejsgaard sagte an der Pressekonferenz vom 22. März, der notwendige Restrukturierungsprozess der MCH Group betreffe vor allem die "tiefgreifende Transformation" von Business:to:Business-Messen wie der Baselworld. "Hier müssen wir uns neu erfinden. Wir glauben an Live Events, aber in Form von notwendigen hybriden Plattformen."
Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Ist das Glas jetzt halb voll oder halb leer? Wie kann die MCH Group bei einem Umsatzrekord von 522.8 Millionen Franken einen operativen und Sonderaufwendungsverlust von 190,4 Millionen Franken erwirtschaften? Der CEO ad interim Hans-Kristian Hoejsgaard sprach auf das Geschäftsjahr 2018 angesprochen offen von einem "Krisenjahr".
Die schlechte Nachricht: es war an der Pressekonferenz der MCH Group spürbar, dass praktisch sämtliche Messen auf dem Messeplatz Schweiz entweder Verluste einfahren wie die Baselworld oder mindestens kein Geschäft sind wie die glanzvollen Swiss Moto oder Giardina. Das Messegeschäft in der Schweiz befindet sich in einer Abwärtsspirale. Es dürfte Jahre dauern, bis der jetzt notwendige Restrukturierungsprozess (finanzielle) Früchte trägt. Hans-Kristian Hoejsgaard wollte über den entsprechenden Zeithorizont keine Angaben machen. Trotzdem hat die MCH Group dank der erstmaligen Konsolidierung des amerikanischen Live Kommunikatonsgiganten MC2, die Beteiligung an der erfolgreichen Masterpiece London sowie dank den florierenden Art Basel und Swissbau einen Rekordumsatz erwirtschaftet.
Schuld ist die Digitalisierung
Die MCH Group spricht von den "grossen Veränderungen" in der Messe- und Eventbranche. CEO ad interim Hans-Kristian Hoejsgaard nennt die Digitalisierung, die das Messegeschäft in die fatale Abwärtsspirale führt. Richtig daran ist, dass Digitalisierung immer im Kontext eines neuen Zielgruppenverhaltens gesehen werden muss, der berühmten Millennials-Generation. Diese hat nicht zuletzt grosse Erwartungen an eine Weltleitmesse wie die Baselworld, was eine digitale Erweiterung betrifft. Falsch ist, dass die Digitalisierung allein Schuld wäre am Niedergang von Messen. In der Schweiz gibt es einfach immer weniger Firmen, die über die früheren exorbitanten Messebudgets verfügen, was am kleinen, schrumpfenden Anbietermarkt Schweiz liegt. Aussteller von Fachmessen finden nur nur noch bedingt kaufkräftige Abnehmer, die nicht bereits auf der bestehenden Kundenliste figurieren. Das ist eine vollständig verschiedene Situation etwa zum Messeplatz Deutschland, auf den die ganze (Aussteller-)Welt wegen der Wirtschaftskraft der BRD drängt. Das Fazit: Die MCH Group muss mit Ausnahme der Weltleitmessen Baselworld und Art Basel weiter im Ausland erfolgreich sein.
Messezentren vor dem Verkauf?
Wie in der Pressekonferenz vom 22. März dargelegt, bedeutet das, dass die relativ jungen Messezentren in Zürich und Basel mit ihren hohen Unterhaltskosten veräussert werden müssen und Hans-Kristian Hoejsgaard machte klar, dass nur die Kantone Zürich und Basel dafür in Frage kämen, weil es keine Gespräche mit privaten Immobilienbesitzern gäbe.
Der Messeplatz Schweiz ist nicht mehr, was er einmal war. Aber man muss es der MCH Group zugute halten, dass sie intelligent und mit Hochdruck an neuen Messe- und Eventformaten arbeitet. Neben den genannten Messen ist offenbar auch die Habitat et Jardin in Lausanne ein Geschäft. Was die erwähnten "Veränderungen der Messe- und Eventbranche" betrifft, hat die MCH schon letztes Jahr das "Festival" Criterion (zu Deutsch: Massstab), die Grand Basel (findet im 2019 auf der IAA Frankfurt statt) und im vorletzen Jahr die Konferenzmesse Smart Suisse auf die Beine gestellt. Das Neue daran drückte Hans-Kristian Hoejsgaard folgendermassen aus: "Wir müssen verstehen, dass wir nicht mehr auf den Quadratmeter fixiert sein dürfen, wir müssen neu in Plattformen denken."
Er sagte an der Pressekonferenz, erste wichtige Weichen in einer strategischen Neuorientierung seien umgesetzt. Jetzt müsse eine Unternehmensstrategie für die digitale Welt folgen. Für den angesprochenen Aufwärtstrend wollte er allerdings keine zeitliche Prognose stellen. Könnte heissen: Es kann Jahre dauern, wenn überhaupt, bis das Geschäft der MCH Group innerhalb der Schweizer Grenzen wieder Gewinne abwirft.
Und der Aktienkurs?
Mit dem Umsatz 2018 von 522.8 Millionen Franken liegt die MCH Group weltweit an fünfter Stelle aller Messeveranstalter, hinter Grössen wie Reed, aber vor Playern wie der Messe Düsseldorf, der Kölnmesse, der Deutschen Messe in Hannover oder der Messe München. Aber die Hoffnung der Aktionäre richtet sich nach den Zukunftsaussichten in Profit oder Verlust. Hier ist zu erwarten, sind die Messeimmobilien einmal aus der MCH Group ausgegliedert, das erklärte Ziel von Hans-Kristian Hoejsgaard, dass sich die Erfolgsrechnung wieder besser präsentiert. Naturgemäss hängt das auch vom Erfolg der Messen und Events in Basel und Zürich ab und dieser Zeithorizont ist schwierig abzuschätzen, sollte ein entsprechender Turnaround überhaupt möglich sein.
Der Aktienkurs der MCH Group ist mittlerweile auf 18,15 Franken eingebrochen, und er dürfte sich nicht mehr substanziell erholen, auch wenn ein Turnaround im Schweizer Geschäft möglich wird. Ein Hoffnungsschimmer besteht allein in der Übernahme der Messezentren in Basel und in Zürich durch die jeweiligen Kantone. Das würde die Erfolgsrechnung entscheidend, aber auch nicht bahnbrechend entlasten. Pointiert gesagt haben die Kantone gar keine andere Wahl, als sich an den Immobilien zu beteiligen, weil der entsprechende Prozess kurzfristig der einzige Beitrag ist, dass die Aktien der MCH Group wieder ansteigen und die Kantone sind ja zu knapp unter 50 Prozent an der MCH Group beteiligt.
Dieser Artikel erschien zuerst am 22.03.2019 bei werbewoche.ch.