"Regulierungsferien"

Parlament revidiert Fernmeldegesetz, Swisscom profitiert

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Der Nationalrat hat entschieden, Telkos nicht zur Öffnung der letzten Meile im Glasfasernetz zu verpflichten. Er votierte bei der Revision des Fernmeldegesetzes im Sinne der Swisscom und gegen den Vorschlag des Bundesrats. Doris Leuthard bedauerte den Entscheid.

Doris Leuthard, Bundesrätin (Source: Marc Wetli/admin.ch)
Doris Leuthard, Bundesrätin (Source: Marc Wetli/admin.ch)

Der Nationalrat hat bei der Revision des Fernmeldegesetzes gegen den Bundesrat und zugunsten von Swisscom entschieden. Der Rat sei dem Vorschlag der Fernmeldekommission mit 127 zu 57 Stimmen gefolgt, schreiben die Parlamentsdienste. Damit könnten Telkos nicht per Gesetz dazu verpflichtet werden, anderen Anbietern Zugang auf der "letzten Meile" zu gebäudeinternen Glasfaseranschlüssen zu gewähren.

Der Bundesrat habe diese Pflicht vorgeschlagen, da sie seiner Ansicht nach eine Voraussetzung für Wettbewerb und Wahlfreiheit sei. Der Nationalrat wolle die "Entbündelung" der letzten Meile aber nun auf Kupferleitungen beschränken. Immerhin könne der Bundesrat nun alle 3 Jahre über die Entwicklung Bericht erstatten.

Uneinigkeit in den Fraktionen

Der Verzicht auf die Entbündelung entspreche den Interessen der Swisscom, heisst es weiter. Andere Telkos wie UPC, Sunrise, Salt und Green hätten die vom Bundesrat vorgeschlagene Regulierung bevorzugt. Sie bezeichneten den Vorschlag des Parlaments als "Regulierungsferien" für die Swisscom. Ihre Forderung konnte sich in der Beratung aber nicht durchsetzen.

Die Parteien zeigten sich gespalten. Jürg Grossen (GLP/BE) kritisierte laut Bericht, dass die Gegner des bundesrätlichen Vorschlags "die staatlich kontrollierte Swisscom weiterhin vor Konkurrenz schützen" wollten. Das Gesetz sei zu einem "Swisscom-Gesetz" geworden. Die Swisscom habe beim Glasfaserausbau nun einen "vom Steuerzahler finanzierten Wettbewerbsvorteil", zitieren die Parlamentsdienste Konsumentenschützerin Priska Birrer-Heimo (SP/LU).

Dem habe Matthias Aebischer (SP/BE) entgegen gehalten, dass die Grundversorgung der Swisscom bis jetzt "recht gut" funktioniere. Ein politischer Eingriff sei erst dann notwendig, wenn das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung ausnutzen sollte. Dem habe Thomas Hurter (SVP/ZH) zugestimmt. Sein Berner Parteikollege Adrian Amstutz habe argumentiert, die Swisscom sei dasjenige Unternehmen, das die meisten Investitionen tätigen müsse.

Leuthard: Zu starker Swisscom-Schutz nicht im Interesse der Schweiz

Bundesrätin Doris Leuthard habe dagegen gesagt, es sei nicht im Interesse der Schweiz, die Swisscom so stark zu schützen. Was heute bereits für das Kupfernetz gelte, müsse auch für die Glasfaser gelten, denn diese sei eine Zukunftstechnologie.

Vom Entscheid der vorberatenden Kommission sei die Bundesrätin "etwas schockiert" gewesen, schreiben die Parlamentsdienste. Der angedachte 3-Jahres-Bericht werde nicht wirksam sein. Es drohe eine Re-Monopolisierung und ein Mangel an Investitionen in wenig erschlossenen Regionen, sagte Leuthard, die am Ende der Beratungen Standing Ovations erhielt. Sie hatte am Vormittag ihren Rücktritt auf Ende 2018 angekündigt.

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