Interview mit Homedia-CEO Eric Grignon

Was Homedia nach der Übernahme durch Sky plant

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Der Medienkonzern Sky Deutschland hat Homedia gekauft. Was bedeutet dieser Schritt für den grössten Schweizer ­VoD-Service? Im Interview spricht Homedia-CEO Eric Grignon über die Zukunft des Unternehmens.

Sky hat Homedia gekauft. Wie kam es dazu?

Eric Grignon: Homedia war seit der Gründung 2003 wie Netflix ein Online-DVD-Verleih. Als ich vor acht Jahren zu Hollystar kam, wurde die DVD aber immer mehr durch Streaming ersetzt. Deshalb investierten wir in das Video-on-Demand-Geschäft. Wir änderten unser Businessmodell von physische auf digitale Medien, gingen dafür Partnerschaften mit den Fernsehherstellern und Filmstudios ein und waren nach einer fünfjährigen Transitionsphase gut aufgestellt. Dann kamen aber Netflix und Amazon in die Schweiz und die Konkurrenz wurde global. Nun gab es nicht mehr den gesunden Wettbewerb mit dem örtlichen Videoverleih oder mit Swisscom und UPC. Unsere Wettbewerber sind nun Giganten, gegen die auch die Telkos Probleme haben. Deshalb suchten wir globale Partner und entschieden uns schliesslich zum vollständigen Verkauf an Sky Deutschland. Im April beschlossen wir die Übernahme.

Wieso gerade Sky?

Weil Sky als grösster TV-Operator in Europa auch ein Gigant ist. Damit profitiert Homedia von einer enormen Stärke. Sky investiert 7 Milliarden Euro pro Jahr in Content, Netflix 5 Milliarden US-Dollar.

Welche Pläne hat Sky für die Schweiz?

Sky war bisher nicht wie in anderen Ländern direkt in der Schweiz vertreten, weil der Schweizer Markt durch seine Sprachenvielfalt komplex ist. Teleclub strahlt deshalb seit über einem Jahrzehnt die Inhalte von Sky aus. Das wird auch so bleiben, der Vertrag wurde gerade erst verlängert. Aber Sky wollte nun wie in anderen Ländern direkt zum Konsumenten. Mit Homedia kaufte Sky ein funktionierendes Unternehmen mit vielen Partnerschaften und Lizenzen für den Schweizer Markt, was den Markteintritt vereinfacht.

Was ändert sich durch die Übernahme bei Homedia?

Sky will die weiterhin bestehende Firma Homedia für ihren Markteintritt nutzen. Das heisst, die Unternehmensstruktur bleibt erhalten. Wir bleiben in Neuchâtel, und es gibt auch keine Entlassungen. Im Gegenteil, wir stellen derzeit Leute ein. Wir bleiben ein Schweizer Unternehmen mit gros­sen Chancen in einem wachsenden Markt.

Mitte August lancierten Sie Sky Sports. Was bietet der Dienst?

Hollystar bot bisher keine Sportinhalte. Mit Sky Sport gehen wir einen neuen Weg. Es ist kein TV-Kanal, sondern eine App, die sämtliche Sportinhalte von Sky Deutschland bietet und aus Neuchâtel betrieben wird. Die App wird auf allen Geräten verfügbar sein, ob Smartphone, PC, TV oder Set-Top-Box. Die Inhalte stehen live oder on Demand zur Verfügung.

Welche Inhalte kann Hollystar seinen Kunden mit Sky Sport bieten?

Unsere Ambitionen sind nicht auf Sky Sport beschränkt. Wir wollen auch exklusive TV-Serien und Filme in unserem Sky-Katalog. Aber es ist noch zu früh, um sagen zu können, welche Inhalte Sky mit globalen Deals in den kommenden Monaten gewinnen kann. Aber der Launch der siebten Staffel der HBO-Serie "Game of Thrones" im Juli zeigt, in welche Richtung es geht.

Wie sieht das Bezahlmodell bei Sky Sport aus?

Wir bieten zusätzlich zum digitalen Kauf eine Flatrate wie bei Netflix an. Der Kunde hat die Wahl zwischen einem Tag Zugang für 9.90 Franken oder einem Monat für 19.90 Franken. Eine Mindestvertragslaufzeit gibt es dabei nicht, man kann jederzeit wieder kündigen.

Was geschieht mit der Hollystar-App?

Der Hollystar-Service bleibt bestehen. Wir wägen derzeit ab, ob wir in Zukunft den Sky-Brand für den Hollystar-Service nutzen. Darüber wollen wir in den nächsten Monaten informieren.

Wie wollen Sie gegen Netflix bestehen?

Netflix bietet einige gute Serien, aber viele Inhalte wie "Game of Thrones" finden sich nicht auf der Plattform. Auch aktuelle Filme fehlen bei Netflix. Da sind wir stärker. Es ist wichtig, dass es einen Wettbewerb im wachsenden VoD-Markt gibt. Auch neue Wettbewerber treten auf, Facebook denkt etwa an einen Einstieg. Es geschieht derzeit enorm viel im VoD-Markt, und Sky hat klar gesagt, dass es ein führender Teil davon sein möchte.

Was ist mit den Schweizer Wettbewerbern wie Swisscom und UPC?

Wir stehen nicht in Konkurrenz, sondern kooperieren mit Swisscom und UPC. Sky war die vergangenen zehn Jahre Partner von Swisscom und Teleclub für Sport, Filme und Serien mit seinen Sendern Sky Sport, Sky Atlantic und Sky1. Ausserdem ging Sky dieses Jahr eine Partnerschaft mit UPC ein. Wir sehen uns als TV-Sender der Zukunft, der über jeden IPTV- und Kabel-TV-Distributor in der Schweiz empfangbar sein soll.

Homedia wird also auch als Sky B2B-Geschäfte machen?

Ja, TV-Sender müssen bei allen Betreibern verfügbar sein. Und wir sind der TV-Sender der Zukunft.

Wie wollen Sie Sky in der Schweiz bekannt machen?

Sky ist in der Deutschschweiz bereits sehr bekannt für seine Sportinhalte. Damit Sky auch für Filme bekannt wird, müssen wir Geld ins Marketing investieren.

Was sind Ihre Ziele mit Sky?

Wir wollen die neue Art sein, wie Konsumenten fernsehen. Wir wollen ein Premium-Brand und das führende Unterhaltungsunternehmen in der Schweiz sein.

Hollystar führt seit Anfang des Jahres Filmneuheiten im Sortiment, die nicht im Kino zu sehen sind. Wie kam das bei den Kinobetreibern an?

Für sie war es kein Problem, wir sprachen uns mit ihnen ab. Die meisten Kinos zeigen immer weniger Filme. Sie verdienen viel Geld mit wenigen Blockbustern wie "Star Wars". Die Filme, die das Schweizer Kino nicht zeigt, nehmen wir ins Sortiment. Darunter sind sehr gute Filme wie "Genius" mit Jude Law und Nicole Kidman. Wir zeigen etwa viele Spartenfilme oder Schweizer Produktionen, die man sonst immer seltener findet.

Welche Bedeutung hat das DVD-Geschäft noch für ­Homedia?

Ein sehr kleines. Seit 2010 gehen die DVD-Umsätze stark zurück und machen nur noch 10 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Früher arbeiteten 15 Mitarbeiter in unserer Logistikabteilung, heute ist es noch einer. Dafür arbeiten heute acht statt zwei IT-Mitarbeiter bei uns. Wir haben den digitalen Wandel vollzogen.

Welche Zukunft haben physische Medien?

Sie werden verschwinden wie die VHS-Kassette. Die Verkäufe von DVDs und Blu-rays nehmen von Jahr zu Jahr mehr ab.

Auch Ultra-HD-Blu-rays?

Ja, wofür braucht es Blu-rays, wenn Ultra-HD-Streams möglich sind? Auch Dolby 7.1 ist mit Streaming möglich. Physische Medien sind tot.

Bietet Hollystar Dolby Atmos?

Nein, leider nicht. Wir arbeiteten viele Jahre mit Dolby zusammen, aber seit 2015 nicht mehr, weil die Fernsehhersteller Probleme mit der Kompatibilität hatten. Deshalb wechselten wir zurück auf Stereo. Aber wir müssen unser Angebot verbessern, deshalb werden wir bald wieder zurück zu Dolby finden.

Wie sehen Sie fern?

Ich schaue schon seit vielen Jahren kein herkömmliches Fernsehen mehr, weil ich TV überall und auf jedem Gerät sehen möchte. Wenn ich eine halbe Stunde Zeit habe, schaue ich Nachrichten im Webportal von SRF, das ich sehr mag. Filme schaue ich online via Smart-TV und nutze Chromecast. Natürlich schaue ich Hollystar, aber auch viel Sport und anderes Web-TV. Meine Kinder machen das genauso.

Wie sehen wir in Zukunft TV?

Die TV-Sender werden in 20 Jahren verschwunden sein. Junge Leute zappen schon heute nicht mehr durch die Sender, sondern sehen Kassensturz oder die Nachrichten online in Mediatheken oder auf Youtube.

Auf welchen Geräten werden wir in Zukunft TV sehen?

Wir sehen bei unseren Zugriffen, dass die Anzahl Mobilgeräte zunimmt. Die Leute wollen überall fernsehen, es wird einfach mehr konsumiert. Aber wenn man zuhause ist, ist der grosse Fernseher immer noch die erste Wahl. In Zukunft werden Fernseher noch grösser sein, weil die Konsumenten das wünschen. Wenn die Gerätekosten fallen, werden die Verkaufszahlen grossformatiger Fernseher explodieren.

Wie kann der TV-Handel davon profitieren?

Bei grossen Fernsehern ist Ultra-HD zwingend. Sky will bei seinen Inhalten stark in 4k investieren. Das ist eine Chance für die Branche, die diese aber wahrnehmen muss. Die Konsumenten waren nach dem 3-D-Flop verärgert und sind nun verunsichert. Dafür büssen wir nun. Händler dürfen nicht Demos zeigen wie vor 20 Jahren, sondern müssen Ultra-HD demonstrieren. Auf Hollystar, Netflix oder Youtube. Das ist wie beim Smart-TV. Zahlreiche Händler haben ihre ausgestellten Fernseher nicht einmal ans WLAN angeschlossen. Wie wollen sie so demonstrieren, dass ein TV auch wirklich smart ist, und die vielen Möglichkeiten aufzeigen?

Wie können Händler vom VoD-Boom profitieren?

Die Lebenszyklen von Fernsehern sind im Vergleich zu denen mobiler Geräte und PCs viel zu lange. Und die Technologie entwickelt sich sehr schnell weiter. Wir waren 2011 die Ersten mit einer lokalen Schweizer App auf Samsung-TVs. Davon sind noch viele in Betrieb, doch Samsung stellte kein Update mehr zur Verfügung. Das ist ein Problem für uns. Deshalb sehe ich eine Chance für Set-Top-Boxen, die das alte Gerät aufrüsten und als Überbrückung bis zum neuen Fernseher dienen. Auch wenn sie nur 150 Franken kosten, gibt es einen grossen Markt dafür. Die Leute wechseln immer mehr von den herkömmlichen ­Boxen von Swisscom und Co. zu unabhängigen Set-Top-Boxen.

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