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Ist Streaming die perfekte Lösung?

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Musik-Streaming ist ein radikaler Umbruch in der Art und Weise, wie wir Musik hören und nutzen. Neue Möglichkeiten und Freiheiten haben aber auch immer ihren Preis.

(Quelle: Emiliano Horcada / Flickr (CC BY 2.0))
(Quelle: Emiliano Horcada / Flickr (CC BY 2.0))

Mit einem Streaming-Abo bei Spotify oder anderen Anbietern hat man Zugriff auf Millionen Songs, die bei der Wiedergabe vom Server des Anbieters gespielt werden. Man hat weder einen Tonträger in der Hand noch besitzt man die Musik – man mietet sie für bis zu 30 Franken im Monat. Wer Werbung nicht als Störfaktor empfindet, kann das Ganze sogar kostenlos haben.

Das klingt verlockend und beeinflusst die Art der Musiknutzung nachhaltig. Auch die Wertschätzung gegenüber der intellektuellen Leistung eines Künstlers, Songwriters oder Komponisten verändert sich. So erhält der Künstler den Bruchteil eines Rappens/Cents pro Stream. Ein Song muss mehrere zehntausend Mal gespielt werden, bevor sich auch nur ein einigermassen vernünftiger Ertrag auf der Künstlerseite einstellt. Auch die Streaming-Anbieter arbeiten selten bis nie profitabel. Alle Anbieter dürften den Konkurrenzkampf nicht überleben.

Suchen oder finden

Wie findet man sich in dem riesigen Angebot zurecht? Es gibt zwar die Suchfunktion, aber die Sammlung durchsehen, wie zur Zeit der Schallplatte oder CD, geht nicht. Es gibt einfach zu viel, und die Gliederung der Alben ist oft nicht korrekt oder vermischt mit anderem. Man verbringt Zeit mit Suchen, entdeckt dafür aber auch Unbekanntes. Die übliche Playlistensammlung beginnt, zu wachsen, was auf die Dauer weder clever noch befriedigend ist, aber für geringe Ansprüche genügt. Es ist nicht verwunderlich, dass die Streaming-Dienstleister dem Hörer die Auswahl erleichtern wollen.

Streaming-Dienste, Download-Sites und auch Musikserver organisieren die Darstellung der Alben anhand von Metatags respektive Datenbankeinträgen. Die jedem Musikstück zugeordneten Informationen über Album-Name, Stück-Titel und Nummer, Interpret, Komponist und so weiter werten die Bedienoberflächen aus und erzeugen so Ansichten der Alben in Listenform oder als Coverflow. Inkonsistente und falsche Metadaten ergeben falsche Darstellungen und Listings. Wiederveröffentlichungen einer Aufnahme unter einem neuen Label, Best-of-Alben, Remaster und Compilations machen das Angebot auch im Pop- und Jazz-Bereich immer unübersichtlicher.

Bei Klassik-Titeln mit den vielen Einspielungen des gleichen Werks war diese Unübersichtlichkeit durch das redundante (aber nicht zwingend überflüssige) Angebot schon immer vorhanden. Ein smarter Musikserver bietet eine wesentlich bessere und nachhaltigere Struktur. Metadaten lassen sich anpassen oder neu erfassen, um eine klare Struktur mit mehreren Gliederungsebenen der Alben-Darstellung zu erzeugen.

Wie steht es mit der Klangqualität?

Mit Smartphone und Earbuds dürfte die Frage nach der Klangqualität müssig sein, aber auf der heimischen Anlage ist MP3 zu schlecht und auf einer High-End-Anlage unbrauchbar. Somit kommt für die audiophile Community bei Streaming nur ein Premium-Abo in CD-Qualität infrage. Doch auch das ist klanglich nicht unbedenklich. Tests auf unterschiedlichen Geräten deckten hörbare Unterschiede auf, obwohl identische Dateien verwendet wurden. Das heisst, die verglichenen Alben stammten vom gleichen Anbieter, wurden als Kaufdatei auf den lokalen Server heruntergeladen und danach mit der gestreamten Variante verglichen: Der Raum war eingeengter, Feindetails weniger präzise, und auch tonal waren teilweise Unterschiede zu hören. Je nach Aufnahme waren die Differenzen mehr oder weniger ausgeprägt. Der Streaming-Pfad schien einen Einfluss zu haben. Vom iPad über Airplay brachte leicht schlechtere Resultate als die Kabelverbindung per Front-USB-Anschluss.

Wie lässt es sich erklären, dass die gleichen Daten als Download lokal gespeichert anders klingen als die Live-Stream-Variante? Ohne technische Untersuchungen lässt sich nur vermuten, wo die Ursachen für die konsistent auf unterschiedlichen Anlagen gehörten Klangdifferenzen liegen. Man darf davon ausgehen, dass immer die gleichen Daten ankommen, ob Download oder Stream. Somit müssen die Klangunterscheide während der Laufzeit entstehen, sind also Fehler auf der Zeitachse. Und damit sind wir bei der bekannten Tatsache angelangt, dass unterschiedliche Gerätekonzepte und Preisklassen klangbestimmend sind.

Download und Streaming machen einander nicht überflüssig, sondern ergänzen sich. Wertvolle und wichtige Aufnahmen will man besitzen. Zudem ist die vom smarten Musikserver erzeugte Bibliotheksstruktur besser. Besonders im Klassik-Genre. Der flüchtige Sommerhit wird idealerweise nur "gemietet". Streaming erlaubt es, Alben vor dem Download(-Kauf) vollständig zu hören. Die 30-Sekunden-Hörschnipsel, welche die Download-Sites üblicherweise zur Kaufentscheidung anbieten, reichen oft für ein schlüssiges Urteil nicht aus.

Persönlich

Fritz Fabig ist passionierter Musikliebhaber mit Schwerpunkt in der Klassik-Epoche. Er absolvierte eine elektrotechnische Ausbildung in der Maschinenindustrie. Doch schon früh folgte ein Wechsel in die CE-Branche. Dort konnte er seine Passion für Musik mit dem Interesse an Technik verbinden. Zunächst war er zehn Jahre im Einzelhandel tätig, wechselte dann als Product Manager für High End Audio in die Audio-Distribution. Es folgten Weiterbildungen in Management und Marketing mit höherem Abschluss. Seit 2002 ist Fabig bei B&W Group Schweiz, einer Tochterfirma des englischen Lautsprecherherstellers Bowers & Wilkins, und amtet seit 2004 als Geschäftsführer.

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