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Studie "Smart Home 2030"

Uhr | Aktualisiert
von René Senn, Fachgruppe Intelligentes Wohnen der GNI

Von wegen Zukunftsmusik: Eine Smarthome-Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts kommt zum Schluss, dass sich die intelligente Vernetzung im Gebäudebereich so oder so durchsetzen werde. Worauf wartet die Branche denn noch?

Wenn sich die Raiffeisenbank als einer der grössten Immobilienfinanzierer der Schweiz die Mühe macht, beim sehr renommierten Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in Rüschlikon eine Studie zum Thema Smarthome in Auftrag zu geben, muss an dieser Sache viel dran sein. Was genau, zeigt eine Zusammenfassung der Ende 2015 erschienenen Studie.

Convenience steht für Bequemlichkeit und Komfort. Darin sieht die Studie den grössten Nutzen eines Smarthomes. "Unsere Wohnung wird 2030 wie ein Smartphone funktionieren, aber trotzdem kein Science-Fiction-Haushalt sein. Denn je digitaler unsere Welt, desto stärker keimt als Gegentrend die Sehnsucht nach dem 'Realen' und 'Authentischen' auf. Viele technologische Innovationen finden deshalb unaufdringlich und im Hintergrund statt. Trotz Vernetzung bleibt das Zuhause gemütlich." Dieses Zitat aus der Studie zeigt die Komplexität und die zum Teil widersprüchlichen Anforderungen an ein Smarthome sehr gut auf: digital versus real und authentisch. Nichts davon sollte als Killerkriterium für oder gegen ein Smarthome verwendet werden. Es braucht beides, Feuer und Eis. Diese Balance für die Kunden zu finden, ist laut Studie denn auch Aufgabe von Planern und sogenannten Smarthome-Beratern. Letztere könnten sich gar als neue Berufsgruppe durchsetzen.

Kundennachfrage und Angebot

Intelligentes Wohnen wird auch aus Sicht der Branche immer wichtiger. Dieser Ansicht sind 74 Prozent der befragten Anbieter über sämtliche Branchen hinweg. "Etwa die Hälfte aller Befragten schätzt das Szenario, dass in zehn Jahren alle Neubauten, ob Mietwohnung oder Eigenheim, über eine vollautomatische Infrastruktur verfügen werden, als ziemlich oder sehr wahrscheinlich ein. Demgegenüber halten etwa 70 Prozent der Elektroplaner und Gebäudetechniker sowie 60 Prozent der befragten Immobilienhändler dieses Szenario für wünschenswert."

Trotzdem ist "Intelligentes Wohnen" laut Studie nur für die Hälfte aller befragten Anbieter eher wichtig oder sehr wichtig. Dies sei einer gewissen Ahnungslosigkeit geschuldet, da die Hersteller nicht genau wüssten, was dieser Trend für ihr Unternehmen bedeute. Die Studie belegt jedoch auch, "dass sich die Elektroplaner und Elektroinstallateure sowie die Gebäudetechniker mehr mit dem Thema auseinandersetzen als Architekten, Bauingenieure und Immobilienhändler". Immerhin geben 90 Prozent der Befragten an, sich zum Thema Smarthome zu informieren, und zwar vorzugsweise über Fachmedien, im Internet sowie mithilfe von Anbieterinformationen.

Sechs Thesen zum "Smart Home 2030"

Die Studie fasst die unterschiedlichen Aspekte des Smarthome in sechs sehr spannende Thesen zusammen. So werden, gemäss These 1, die zunehmende Digitalisierung und die rasante Weiterentwicklung des Internets bis zum Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) auch die Prozesse rund ums Bauen auf den Kopf stellen, etwa mit BIM (Building Information Modeling). These 1 lautet deshalb: "Statt Hardware bestimmt die Software." In These 2 "Tradition trifft auf Convenience – das digitale Wohnen wird gemütlich" geht es um die multioptionale Gesellschaft, die Pluralisierung der Lebensstile. Das Smarthome bietet die Vielfalt und Adaptierbarkeit, die für diesen Lebensstil benötigt werden. These 3 behandelt den vor allem von Skeptikern vorgebrachten Einwand: "Mehr Transparenz bedeutet mehr Sicherheit – und neue Abhängigkeiten." Je digitaler das Haus, desto grösser werden auch die Abhängigkeiten: Big Brother is watching you. Der Branche ist klar, dass die Systeme sicher sein müssen und der Nutzer nicht davon abhängig sein darf, ob ein System gerade funktioniert oder nicht. Es ist nicht unwesentlich, wem wir unsere vertraulichen Daten anvertrauen, auch wenn die Bevölkerung gerade in diesem Punkt immer unkritischer wird. Ein erschreckender Trend, der vor allem der fehlenden kritischen Betrachtung vieler Verbraucher geschuldet ist.

Energie sparen und Branche vernetzen

These 4 besagt, dass eine smartere Haussteuerung zu einer verbesserten Energiebilanz beitragen kann. Dieser Aspekt finde politisch und bei den Konsumenten positiven Anklang. Ein Beispiel für eine bessere Energiebilanz ist das Minergiemodul Raumkomfort der GNI. These 5 befasst sich mit der Aussage, dass "Rundum-Komfort wichtiger wird als die Immobilie". Vor allem die Services, die sich rund ums Smarthome entwickeln, sind interessante Aspekte, denn sie können von aussen auf das Wohnen im Smarthome Einfluss nehmen. In These 6 bringt die Studie ein wichtiges Thema auf den Punkt, bei dem sich auch die Fachgruppe Intelligentes Wohnen der GNI bestätigt fühlt: Nicht nur die Gebäude müssen sich vernetzen, sondern auch die Anbieter. Und sie sollten dafür sorgen, dass die Schnittstelle zwischen Technik und Kunde überzeugend gestaltet wird.

Die GNI

In der GNI sind Hersteller, Systemintegratoren und Dienstleistungsanbieter organisiert, um das Smarthome in der Schweiz nachhaltig zu fördern. Bereits seit dem Jahr 2000 engagiert sich ihre Fachgruppe "Intelligentes Wohnen" fürdieses Ziel. Sie organisiert unter anderem Smarthome-Tagungen und ist auch Mitinitiatorin des Jahrbuchs "Intelligentes Wohnen». Die Fachgruppe arbeitet eng mit dem VSRT, dem VSEI und weiteren Verbänden zusammen, denn Vernetzung fordert alle Branchen. Vertiefte Informationen und Ausbildung sind weitere wichtige Aufgaben der Fachgruppe.

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