UHD-TV

Scharf, schärfer, UHD

Uhr
von Albrecht Gasteiner

Fernsehen und Video werden noch eindrucksvoller. "Ultra High ­Definition" heisst das neueste Reizwort in der Heimelektronik. Es soll Erlebnisse von nie gekannter Intensität vermitteln.

Noch nicht einmal vier Jahre ist es her, dass das Schweizer Fernsehen den neuen Qualitätsstandard "High Definition" im regulären Programm eingeführt hat. Und doch kündigt sich schon der nächste Entwicklungsschritt an: "Ultra High Definition". Das neue System bringe ein Vielfaches an Bildschärfe, an Nuancen, an Detailgenauigkeit und damit an Faszination, verspricht die Werbung. Doch der Konsument fragt: Braucht man das wirklich?

Die Antwort darauf findet sich im Resultat einer kleinen Rechenaufgabe: Das Fernsehbild in der heute als selbstverständlich geltenden High-Definition-Auflösung setzt sich zusammen aus 1080 Zeilen zu je 1920 Bildpunkten. Der optimale Betrachtungsabstand dafür liegt beim Dreifachen der Bildhöhe (nicht der Diagonalen). Dort ist man nahe genug, um sämtliche Feinheiten wahrnehmen zu können, die das Bild bietet, aber doch wieder nicht so nahe, als dass man schon die einzelnen Pixel erkennen könnte.

Nun erlebt der Markt seit einiger Zeit einen immer prononcierter auftretenden Trend hin zu grösseren und immer noch grösseren Bildschirmen. Tatsächlich ist es heute nicht ungewöhnlich, dass jemand sein Fernsehgerät gegen eines mit doppelter Bildbreite austauscht. Sofern er seinen Lieblingssitzplatz beibehält, liegt der Betrachtungsabstand beim Anderthalbfachen der Bildhöhe. Damit dies auch der optimale Betrachtungspunkt bleibt, muss dieser viermal so grosse Bildschirm nun auch viermal so viele Bildpunkte bieten – doppelt so viele in der Horizontalen und doppelt so viele in der Vertikalen, also 3840 x 2160 Pixel, vereinfacht "4k" genannt.

Damit steht die Wichtigkeit einer hohen Auflösung für grosse Bildschirme und geringe Betrachtungsabstände ausser Zweifel. Es stimmt aber auch der Umkehrschluss: Ist der Bildschirm zu klein oder befindet man sich zu weit weg von ihm, bemerkt man die enorme Bildschärfe gar nicht. Das Auflösungsvermögen der Augen hat eben seine Grenzen, was man ja auch feststellt, wenn man etwa versucht, aus drei Metern Entfernung Zeitung zu lesen.

Unter diesem Aspekt wäre es für viele Menschen unrentabel, einen solchen Superbildschirm zu erwerben, weil sie sich meist jenseits des optimalen Betrachtungsabstands aufhalten und von dort dessen zentrale Qualitäten gar nicht wahrnehmen können. Doch Ultra High Definition besteht nicht nur aus 4k-Auflösung. Nach und nach werden weitere Besonderheiten eingeführt – und zwar solche, die bei jedem Betrachtungsabstand zu erkennen sind und die von vielen Spezialisten als noch bedeutsamer eingestuft werden.

Noch mehr Vorteile

Da ist erstens die "High Frame Rate" (HFR). Diese besagt, dass nicht mehr nur 25 Bilder pro Sekunde übertragen werden, sondern 50, 60, 100 oder 120. Das führt zu einer starken Verbesserung der Bewegungsschärfe, etwa bei Kameraschwenks oder bei Sportübertragungen.

Zweitens kann UHD einen erweiterten Farbraum nutzen, also Farben zeigen, die die HD-Technik überhaupt nicht darzustellen vermag, weil diese nur 36 Prozent des sichtbaren Farbspektrums abdeckt. Ausserdem werden die Farben hier ungleich feiner nuanciert gezeigt.

Als nachgerade revolutionär darf drittens die "High Dynamic Range" (HDR) bezeichnet werden. Diese Eigenschaft bezeichnet die Fähigkeit des Systems, einen sehr viel höheren Kontrastumfang darzustellen. Da sieht man sowohl in den dunkelsten als auch den hellsten Stellen jede Menge Feinheiten und Abstufungen.

Viertens wird auch in Sachen Audio Spektakuläres möglich: Bis zu 22+2 Tonkanäle sollen den Hörer von allen Seiten mit eindrucksvollem, dreidimensionalem Surround­sound umhüllen: drei Lautsprecher auf dem Boden, zehn auf Ohrenhöhe, neun an der Decke inklusive einer "voice of god" direkt über dem Kopf, dazu zwei Subwoofer für akustische Urgewalt im tiefsten Bassbereich.

Fünftens schliesslich füllt ein UHD-Bild an seinem optimalen Betrachtungspunkt 60 Grad des Gesichtsfeldes des Betrachters aus, doppelt so viel wie HD. Das schafft eine äusserst eindrucksvolle, kinoähnliche Situation.

Die Summe all dieser Neuerungen addiert sich für den staunenden Zuschauer zu einem dramatisch intensivierten Erlebnis – und beschert den Geräteherstellern geradezu explosionsartig ansteigende Verkaufszahlen. Dies nicht zuletzt, weil die Preise für solche Geräte noch viel schneller und tiefer gesunken sind, als das noch vor zwei Jahren irgendjemand zu prognostizieren gewagt hätte.

Noch kaum UHD-Fernsehsendungen

Doch wo bleiben UHD-Fernsehsendungen? Die grossen Fernsehanstalten verweisen da­rauf, dass sich die gewaltigen Investitionen des UHD-Aufrüstens der Studios auf Jahre hinaus nicht rechtfertigen liessen, wo doch noch nicht einmal die Umrüstung auf HDTV überall abgeschlossen sei. So werden zunächst Pay-TV und Internet die wichtigsten Programmlieferanten bleiben. Sofern das Fernsehgerät entsprechend ausgestattet ist (siehe Infobox), lassen sich die Qualitäten von Ultra High Definition aber auch auf andere Weise geniessen: Schon für erstaunlich wenig Geld gibt es 4k Camcorder, mit denen man seine Familienvideos in nie gekannter Schärfe aufnehmen kann, Fotos aus der Digitalkamera erscheinen auf den 8 Megapixeln des UHD-Bildschirms mit umwerfendem Detailreichtum. Es gibt 4k-Videospiele, und in Kürze kommen die ersten UHD-Blu-Ray-Disc-Player auf den Markt. Die mit Abstand am meisten benutzte Betriebsart wird hingegen auch auf längere Sicht das "Upscaling" sein. Hier werden beliebige Standard- oder HD-Programme mithilfe raffinierter Computertechnik auf so etwas wie "Pseudo-UHD" hochgerechnet. Das funktioniert erstaunlich gut und ermöglicht es, konventionelle Fernsehprogramme schon heute in "Beinahe-UHD" zu erleben.

Ein UHD-Fernsehgerät sollte diese Ausstattung aufweisen:

  • Auflösung 3840 x 2160 Pixel
  • Bildfrequenzen bis 60 Hz
  • Upscaling
  • Internetanbindung
  • Eingang HDMI 2.0
  • Decoder H.265 HEVC
  • Kopierschutz HDCP 2.2 
Webcode
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