Anormales der Strasse
Aufnahmen mitten aus dem Leben. Bilder, die Menschen auf der Strasse zeigen. Das ist die Leidenschaft von Street-Fotograf Thomas Leuthard. Im Interview erklärt der Innerschweizer, worauf es bei der Street-Fotografie ankommt, und gibt Tipps für gelungene Fotos.

Was fasziniert Sie am Fotografieren, und wie kamen Sie dazu?
Thomas Leuthard: Alles begann mit einer Geschäftsreise 2008. Ich war für dreieinhalb Wochen während der Olympischen Spiele in Peking unterwegs und erlebte eine komplett andere Kultur mit vielen Kontrasten. Die Kleidung der armen und reichen Leute, Demonstrationen auf den Strassen – das begann ich zu fotografieren. Ich kaufte eine Super-Zoom-Kamera von Panasonic und schoss meine ersten Serien.
Was ist das Spezielle an der Street-Fotografie?
Die Street-Fotografie ist echt, sie zeigt das wahre Leben. Ich besuchte kurz vor meiner Peking-Reise erste Fotolehrgänge, fotografierte dort aber nur Models. Ich will keine inszenierten Szenen, sondern authentische Aufnahmen mitten aus dem Leben machen.
Was macht ein gutes Foto aus?
Es sollte natürlich scharf und gut gestaltet sein. Ein gutes Foto braucht nur eine halbe Minute Nachbearbeitung. Es sollte mich aber auch zum Nachdenken anregen, wie es wohl entstanden sein könnte. Emotionen sind mir wichtig. Es gibt schon so viele Fotos, da braucht es Kreativität und Experimentierfreudigkeit, um sich vom Standard abzuheben.
Wie macht man das als Street-Fotograf?
Man muss das Interessante im alltäglichen Leben entdecken, auf anormale Situationen warten. Das ist zu Beginn schwierig, dafür braucht es neben einem guten Auge und einer gewissen Neugier auch viel Geduld.
Was sind Ihre Tipps für Anfänger?
Man sollte nicht allzu viele Bücher lesen, sondern rausgehen und üben. Ein Fotograf muss sich jedoch bei jedem Bild Gedanken über das Motiv machen. Er sollte sich fragen, was er wirklich festhalten will. Es geht um das Interesse am Menschen, die Neugierde. Wichtig ausser einem interessanten Objektiv ist auch die Bildgestaltung, etwa die Einhaltung des Goldenen Schnitts. Damit lässt sich schon viel erreichen. Um vom Alltäglichen wegzukommen, braucht es zudem eine aussergewöhnliche Perspektive, einen besonderen Blickwinkel.
Was raten Sie bei schlechten Lichtverhältnissen?
Kein Foto zu machen, sondern auf bessere Gegebenheiten zu warten. Man muss fotografieren, wozu die Kamera fähig ist. Ich kann nicht mit jeder Kamera jedes gewünschte Bild erzielen.
Welche Kamera-Ausrüstung können Sie Anfängern und Hobby-Fotografen für die Street-Fotografie empfehlen?
Klein, kompakt, leicht und unauffällig sollte sie sein. Also besser eine Spiegellose als eine Spiegelreflexkamera. So fällt man weniger auf. Hält man mich für einen Touristen, wird es wohl weniger unangenehme Fragen geben, wenn ich Menschen auf der Strasse fotografiere, als wenn ich mit dem Profi-Equipment komme.
Welche Kamera nutzen Sie meistens?
Ich nutze die Einsteigerserie von Olympus OM-D E-M10, die macht, was ich will. Da-bei reicht mir meist ein Objektiv, weil ich fast ausschliesslich eine Brennweite von 35-70 mm verwende.
Sie geben Workshops in Street-Fotografie. Was wollen Ihre Kursteilnehmer wissen?
Sie möchten wissen, wie es sich mit den gesetzlichen Grundlagen zum Recht am eigenen Bild verhält. Ich befinde mich in einer juristischen Grauzone, wenn ich jemanden ohne sein Einverständnis fotografiere und dann das Bild publiziere. Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Aber es gab etwa in Deutschland schon Prozesse, wonach Fotografen ihre Bilder aus Ausstellungen entfernen mussten. In der Schweiz sind die gesetzlichen Grundlagen etwas weniger streng, aber ähnlich wie in Deutschland. Oftmals geht es in meinen Workshops auch darum, den Teilnehmern die Angst davor zu nehmen, fremde Menschen zu fotografieren. Ich rate dazu, Blickkontakte zu vermeiden, sonst ist der Person sofort klar, dass man sie fotografieren will.
Sie sind Olympus-Ambassador und damit nah an der Industrie. Was wünschen Sie sich von den Kameraherstellern?
Grössere Sensoren für eine bessere Qualität wären wünschenswert. Gut finde ich zudem Kameras mit Schwarz-Weiss-Sensor, weil ich fast nur in Schwarz-Weiss fotografiere. So kann ich mich aufs Wesentliche konzentrieren. Die heutigen Bilder sind mir meistens viel zu bunt. Farbe braucht ein Bild nur, wenn es davon lebt – etwa bei bestimmten Farbkombinationen. Allzu viele Funktionen brauche ich bei einer Kamera auch nicht, ich nutze meist nur ein Fünftel dessen, was meine Kamera wirklich kann. Häufig braucht es dafür auch nur fünf Knöpfe.
Auf welche neuen Kamera-Technologien freuen Sie sich besonders?
Ich erwarte nichts Revolutionäres. Es gibt ja schon alles, was ich brauche. Ich freue mich aber auf bessere Lichtempfindlichkeiten und einen schnelleren Fokus.
Was halten Sie von Fotos, die mit dem Smartphone gemacht wurden?
Bei der Unmenge an Handy-Fotos ist viel Müll dabei. Schuld ist aber nicht die Hardware, sondern der Fotograf. Auch mit einer Black Box lassen sich schliesslich gute Bilder machen. Es müsste bewusster fotografiert werden. Aber Handy-Fotos sind immerhin gut für die Nachrichten. Weil jeder eine Kamera in seiner Hosentasche dabei hat, können gewisse Ereignisse dokumentiert werden.
Zur Person Thomas Leuthard:
Thomas Leuthard ist Informatiker aus Hünenberg (ZG). In seiner Freizeit reist der Olympus-Ambassador mit seiner OM-D E-M10 um die Welt, um die Realität in den Strassen zu erleben und zu dokumentieren, wie er in seinem vierten Buch "Seelenraub" (2013) beschreibt. Diese Street-Fotografie ist Leuthards grosse Leidenschaft. Für ihn ist Street-Fotografie "das nicht inszenierte Fotografieren einer alltäglichen Situation im öffentlichen Raum". Sein Know-how vermittelt er in Workshops, Blogs und in Videotrainings.
Bilder von Thomas Leuthard auf seiner Website.
Thomas Leuthards Grundsätze:
- Ich fotografiere nur für mich und für niemand anderen.
- Ich nutze die Kamera als Werkzeug, das austauschbar ist.
- Ich kann mich nur durch sehr viel Training verbessern.
- Ich brauche eine gewisse Neugier, um neue Dinge zu sehen.
- Ich nutze meine Kreativität, um immer wieder Neues zu schaffen.
- Ich versuche, meinem eigenen Stil treu zu bleiben, egal was passiert.
- Ich akzeptiere die Meinungen und Ansichten der anderen.
- Ich sehe mich nicht als Gesetzesbrecher, sondern als Künstler.
- Ich habe mich für diese Passion entschieden und führe sie weiter.
- Ich geniesse die Freiheit, es nicht für Geld tun zu müssen.

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