Im Gespräch mit Jean Hardt, CEO, Ifrec SA

Wir wollen den Fachhandels­kanal bei Ifrec stärken

Uhr | Aktualisiert
von CEtoday

Ifrec hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. Vom kaum bekannten Spezialdistributor einiger B- und C-Brands für den Retailmarkt hin zum Vollsortiment-Anbieter für den Fachhandel E-Tail und Retail. Die Übernahmen der JVC-Distribution von BHS Binkert, des CE-Geschäfts von Musikvertrieb und des JVC-Pro-Geschäfts liessen in den vergangenen zwei Jahren immer wieder aufhorchen. Jean Hardt leitet das Unternehmen und erklärt, wo Ifrec heute steht.

Sie haben per 30. Juni Ihr Geschäftsjahr abgeschlossen. Wie hat sich das Geschäft von Ifrec entwickelt?

Jean Hardt: Die RG Group, zu der Ifrec gehört, ist in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig und auch in verschiedenen Ländern. Die Distributionsdivision der RG Group ist ausser in der Schweiz auch in Frankreich unter dem Firmennamen Logydis und in Spanien unter dem Firmennamen Barnacor aktiv. Die Umsätze sind über unser gesamtes Distributionsgeschäft um 15 Prozent gewachsen. Das Wachstum kam allerdings aus den beiden Auslandsmärkten Spanien und Frankreich. Das Geschäft in der Schweiz entwickelte sich stabil.

Mit welchen Geschäftsfeldern sind Sie im Schweizer Markt zufrieden? Mit welchen nicht?

Wie Sie wissen, hatte der Schweizer CE-Markt kein gutes erstes Halbjahr. Auch wir können uns den Marktgegebenheiten nicht entziehen.

Was bedeutet das konkret für die verschiedenen Sparten Ihres Geschäfts?

Konkret heisst das: Unser Tablet-Geschäft entwickelte sich aufgrund des Preiszerfalls rückläufig. Bei den Stückzahlen konnten wir hingegen zulegen. Durchzogen lief auch das Audio-Segment. Zufrieden sind wir mit unserem Smartwatches-Geschäft und mit dem Kopfhörer-Business. Stabil war die Entwicklung im Fernsehgeschäft.

Denken Sie darüber nach, aus dem Tablet-Business auszusteigen?

Nein, das nicht. Wir werden aber versuchen, uns noch mehr in Nischen zu positionieren. Einige Erfolge konnten wir bereits mit Kinder-Tablets verbuchen und wir arbeiten in diese Richtung weiter.

Wie läuft das Geschäft mit Haier?

Der Bekanntheitsgrad der Marke Haier hat sich weiter verbessert. Allerdings wird die Konkurrenz bei den in der Schweiz vertriebenen chinesischen CE-Marken immer intensiver. Unser Geschäft mit Haier hat sich breiter dargestellt als in den Monaten zuvor. Und wir werden sehen, wie es sich weiterhin entwickelt.

Im März übernahm Ifrec die Distribution von JVC Pro. Wie läuft es in diesem Bereich?

JVC Pro haben wir im März übernommen. Ziel der Übernahme war eine Verstärkung im Fachhandel, bei Installateuren und im Imaging-Bereich. Bisher haben wir unsere Ziele erreicht und die Umsätze entsprechen dem ambitiösen Businessplan. Wir werden in die Business Unit Professional, zu der JVC Pro gehört, aber auch noch weitere Produkte einbauen, die nicht von JVC stammen, damit wir unseren Businesskunden ein vollständiges und rundes Sortiment bieten können. Dazu gehören etwa Digital-Signage-Produkte, Software und Services sowie interaktive Whiteboards. Wir sehen uns gerade im B2B-­Geschäft auch als Value-Added-Distributor, der den Fachhandel dabei unterstützen kann, in interessante Geschäftsfelder wie eben in den Digital-Signage-, Security- oder den Educational-Markt vorzudringen. Für den Fachhandel ist es wichtig, zu wissen, dass wir unsere Produkte nicht direkt an die Endkunden verkaufen, sondern eine indirekte Distributionspolitik verfolgen.

Wie passt diese Strategie zu Ifrec? Ihr Unternehmen ist ja vor allem im Retail bekannt.

Sie haben Recht. Ifrec war bisher traditionell hauptsächlich in der Grossfläche unterwegs. Und wir werden nach wie vor im Retail präsent bleiben. Der Fachhandel ist in der Schweiz aber ein sehr wichtiger Verkaufskanal, und diesen wollen wir bei Ifrec stärken.

Welche Entwicklung erwarten Sie im Imaging-Bereich?

Es ist ein schwieriges Geschäft. Der Consumer-Camcorder-Markt ist seit Jahren rückläufig. Die Konkurrenz durch die in Smartphones eingebauten Kameras ist gross. Und im interessanten Markt der Action-Cams gibt es eine Marke, die so dominant ist, dass es den klassischen Videokameramarken bisher kaum gelang, sich einen signifikanten Teil des Kuchens zu sichern. JVC wird aber neue Camcorder bringen, die sich zwischen dem mittelfristig wohl aussterbenden klassischen Camcorder und Action-Cams positionieren. Die neuen JVC-Geräte werden Funktionalitäten wie ein guter Camcorder bieten, gleichzeitig aber "quadproof" sein, also wasserdicht, staubdicht, erschütterungs- und kälteunempfindlich. Neben Camcordern bieten wir dem Handel aber auch Zubehör wie Objektive für Spiegelreflexkameras, etwa von der deutschen Marke Walimex pro. Im Imaging-Zubehör sehen wir durchaus auch in Zukunft gute Chancen für uns.

Ifrec hat sich kürzlich von Sangean getrennt und die Marke an Telion abgegeben. Welche weiteren Sortimentsbereinigungen sind geplant?

Es ist eine permanente Aufgabe eines Distributors, das Markenportfolio zu überprüfen. So können wir sicherstellen, dass die potenziell erfolgreichen Marken die notwendige Aufmerksamkeit geniessen, und wir können uns von den weniger erfolgreichen trennen. Das schafft auch Platz im Sortiment für neue Business-Chancen.

Welche Marken oder Produktgruppen hätten Sie gerne zusätzlich im Vertrieb?

Konkret ist noch nichts spruchreif, aber wir sind immer auf der Suche nach Produkten und Marken, die unser bestehendes Sortiment sinnvoll ergänzen. Wir stellen uns auch immer die Frage nach dem "next big thing". Dieses dürfte zweifelsohne im Internet of Things angesiedelt sein, und dort womöglich in einem Bereich, in dem es um smarte Nutzung elektrischer Apparate im weiteren Sinn geht, um Automation oder ähnliches.

Als Distributor richten sich unsere Dienstleistungen vor allem an Markenanbieter, die noch recht neu auf dem Markt sind oder solchen, die keine eigenen Sales- und Marketingstrukturen in der Schweiz aufbauen wollen oder können. Als Kenner des Schweizer Marktes bieten wir solchen Marken einen einfachen Zugang zum Schweizer Handel. Gerade amerikanische Marken tun sich manchmal schwer mit den lokalen Gegebenheiten, mit den unterschiedlichen Channelstrukturen, mit den verschiedenen Sprachen.

Welche Wachstumsmärkte sehen Sie für Ifrec?

Ausser durch die internationale Expansion der RG Group und der sich daraus ergebenden Synergiepotenziale wollen wir vor allem im Fachhandel ein anerkannter und zuverlässiger Partner werden. Natürlich sehen wir dazu auch noch grosse Chancen mit einem besseren Auftritt im E-Commerce. In diesem Zusammenhang sind wir momentan auch gerade dabei, unser IT-System auf Navision umzustellen, damit wir für die Zukunft eine gute Basis für eine bessere Interaktion mit diesen beiden Channels haben. Weiter sehen wir auch Chancen ausserhalb des klassischen CE-Geschäfts. Der Weisswaren-Bereich ist ein Geschäft, das sich durch eine grosse Stabilität in der Beziehung der Marken und der Kunden auszeichnet. Auch Innovation ist hier in der Regel nur schrittweise der Fall. In der Schweiz besteht hier meines Erachtens nur dann eine Chance, wenn eine international bekannte, in der Schweiz aber noch untervertretene Marke zusammen mit einem lokalen Partner den Markt mit den entsprechenden Investitionen angehen will. Andererseits gibt es vielleicht Möglichkeiten, mit innovativen Produkten, die auf aktuelle Herausforderungen im Bereich des Recycling, der Wiederverwertung von Abfällen zu Hause antworten und hier konkrete Kundenbedürfnisse befriedigen können. Natürlich ist auch das ganze Smart-Home-Thema unheimlich spannend und entspricht auch wieder den Wünschen der Konsumenten nach Mehrwert und Nutzen, die über den Appeal von Gadgets herausgehen. Mit Lenco werden wir in diesem Zusammenhang ein neues Produkt namens Play-Link lancieren, das auf der Open Source Allplay Smart Media Platform, der Alljoyn-Initative von Qualcomm, aufsetzt. Es handelt sich bei Play-Link von Lenco um ein neues Multiroom-System, das auf offenen Standards basiert und alle bekannten Musikdatenformate abspielt.

Welche Wachstumsmärkte sehen Sie für den Fachhandel?

Der Fachhandel sollte genau beobachten, wie die Menschen heutzutage mit Elektronik umgehen und wie sie Medien nutzen. Als Stichwort möchte ich hier Second Screen nennen, also die Nutzung eines Tablets oder eines Smartphones parallel zum Fernseher. Diese Nutzung von mehreren Devices parallel birgt Chancen für Serviceleistungen. Etwa die Einrichtung eines Heimnetzwerks oder das Aufsetzen eines Netzwerkspeichers. Deshalb sollte sich der Fachhandel mit Netzwerktechnik auseinandersetzen. Er sollte auch offen für ein erweitertes Dienstleistungsangebot sein, das auf die Bedürfnisse seiner heutigen und zukünftigen Kundschaft zugeschnitten ist.

Spüren Sie als Westschweizer Distributor eigentlich den Röstigraben?

Nein. Ehrlich gesagt finde ich, dass wir als Westschweizer Distributor sogar einen Standortvorteil geniessen. Einerseits für unsere Aktivitäten im europäischen Ausland, andererseits ist Corcelles aber auch ein idealer Standort für unser Schweizer Geschäft. Sehen Sie, für uns ist die Romandie der Heimmarkt, und seinen Heimmarkt pflegt man immer besonders gerne. Die deutsche Schweiz ist aber der viel grössere Markt, und deshalb pflegen wir diesen natürlich auch ebenso gerne. Sie wissen natürlich, dass auch unser Verkaufsleiter ein Deutschschweizer ist und wir den Markt jenseits der Saane mit einem schlagkräftigen Team aus Deutschschweizer Verkaufsleuten bearbeiten. Wenn man seinen Sitz in der deutschen Schweiz hat, kann es vorkommen, dass man die Romandie vernachlässigt. Das kann uns nicht passieren. Ich beobachte das oft bei Distributoren oder sogar bei Markenniederlassungen.

Welche Marktentwicklung erwarten Sie im Schweizer CE-Markt bis Jahresende?

Ich glaube nicht, dass das CE-Geschäft im zweiten Halbjahr einfacher werden wird. Der Preiszerfall wird weitergehen. Insbesondere bei den UHD-TVs. Die günstigen Preise in diesem Bereich dürften bis Jahresende auch zum definitiven Durchbruch dieser Technik beitragen. Und das, obwohl es kaum Content gibt. Wir stellen auch fest, dass der Teilmarkt der Multiroom-Systeme einen hohen Reifegrad erreicht hat. Zudem herrscht ein massives Überangebot bei Bluetooth-Lautsprechern.

Ihre Message an den Handel?

Der Handel sollte sich jeden Tag von Neuem hinterfragen: Habe ich heute das richtige Angebot? Was werden die Kunden morgen wollen? Passt mein Sortiment zu meiner Kundenstruktur? Was sind meine Stärken? Wo muss ich Know-how zulegen? Bin ich genug innovativ? Wer sich als Fachhändler diese Fragen stellt und darauf die "richtigen" Antworten findet, sich auf seine Stärken besinnt und gezielt an seinem Profil arbeitet, hat gute Chancen, langfristig Erfolg zu haben.

Persönlich

Jean Hardt ist seit 2010 CEO der Ifrec SA in Corcelles. Vorher war er lange Jahre in der IT- und Printing-Industrie bei Firmen wie Microsoft, Kodak und Bobst tätig. Mit seiner Lebenspartnerin hat er sechs Kinder, spielt gerne Golf und fährt Ski.

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