One-to-one

"Die Energieetikette geht für uns nicht weit genug"

Uhr | Aktualisiert
von Marc Landis, David Klier

Dyson ist in der Schweiz Marktführer im Elektrokleingeräte-Teilmarkt der Staubsauger. Mit dem Slogan "ohne Saugkraftverlust" wurden die Beutellosen weltbekannt. Doch Dyson ist mehr als nur Staubsauger. Das Unternehmen ist vor allem ein Engineering-Unternehmen, welches das Leben der Menschen mit klugen Innovationen einfacher machen will. Dyson steht aber auch für Premiumprodukte. Die Durchschnittspreise bei Produktgruppen in die Dyson eingetreten ist, sind allesamt höher als zuvor. Im Gespräch erläutert Dyson-Schweiz-Geschäftsführer Cuno Singer, was von Dyson hierzulande zu erwarten ist.

James Dyson hat sich angeblich aus dem operativen Geschäft zurück gezogen und ist in Pension gegangen. Was ist dran an der Geschichte?

Cuno Singer: James Dyson ist 65, aber er ist nach wie vor unsere treibende Kraft, unser Ideengeber und er ist sehr aktiv im Geschäft. Er denkt aber über die Zukunft des Unternehmens nach. Deshalb sind vor knapp einem Jahr seine beiden Söhne ins sogenannte Non-Executive Board aufgenommen ­worden.

Und was ist mit CEO Max Conze, der vor zwei Jahren übernahm?

Max Conze ist als CEO der operative Leiter des Unternehmens, diese Funktion gab es auch zuvor seit über einem Jahrzehnt. Sie können das folgendermassen sehen: Wenn Sie ein Produkt von uns nehmen und James Dyson fragen, warum die eine bestimmte Manschette auf ihre spezifische Art und Weise angebracht und gefertigt ist, dann kann er Ihnen das ganz genau erklären. Wenn Sie ihn aber fragen, wie viel Umsatz Dyson in der Schweiz macht, dann weiss er das möglicherweise nicht. James Dyson ist der Chief Engineer und konzentriert sich ganz auf die Produkte. Das operative Geschäft und die Zahlen sind die Aufgaben des CEO.

Sie haben viele eigene Ingenieure und investieren viel Geld in Entwicklung und Forschung. Werfen Sie auch manchmal einen Blick in die Labors? Wissen Sie, was auf Sie zukommt?

Die Forschungsabteilung befindet sich in einem Gebäudeteil am Hauptsitz im englischen Malmesbury. Zutritt haben nur die Ingenieure. Ich selbst habe das Labor noch nie betreten. Was genau in der Produkt-Pipeline ist, weiss ich nicht. Natürlich habe ich eine gewisse Ahnung, mehr aber auch nicht. Wir können somit auch erst über unsere Produkte sprechen, wenn wir sie einführen. Ich kann Ihnen aber gerne etwas über ein für uns sehr wichtiges Bauteil erzählen, das Geheimnis unseres Erfolges der letzten Jahre sozusagen.

Und das wäre?

Es gibt da eine grosse Erfindung von Dyson, die aber ziemlich klein und kompakt ist. Herkömmliche Wechselstrommotoren verwenden grosse Rotoren, Kupferwicklungen und Kohlebürsten. Diese begrenzen die Drehzahl und nutzen sich schnell ab. Der patentierte Dyson Digital Motor ist ein sogenannter Reluktanzmotor. Der Propeller wird mithilfe eines elektromagnetischen Drehfeldes angetrieben, das Drehfeld selbst wird von einem Mikroprozessor gesteuert, daher der Name "Digital Motor". Diese Technologie hat den Vorteil, dass zur Stromübertragung kein mechanischer Kontakt mehr nötig ist und somit Reibungsverluste vermieden werden. Dies alles ermöglicht eine kompakte Bauweise, eine hohe Energieeffizienz und über 100'000 Umdrehungen pro Minute – etwa drei Mal mehr als herkömmliche Motoren leisten. Die Folge ist ein etwa drei mal stärkerer Luftstrom. Derartige Motoren sind jetzt in einigen unserer Produkte verbaut, etwa im bekannten Hände­trockner Dyson Airblade, oder in unseren akkubetriebenen kabellosen Staubsaugern ("Stick") DC62. Der Motor entsteht übrigens in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Unternehmen, das die Spulenkomponenten für den Motor herstellt.

Lassen Sie uns über den Elektrokleingeräte-Markt in der Schweiz sprechen. Der Markt ist ja seit einigen Jahren im einstelligen Bereich rückläufig. Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Wenn wir den Kleingerätemarkt anschauen,­ sehen wir, dass er seit 2010 rückläufig ist. Natürlich liegt ein Grund im bekannten Euro-Preiseffekt: Die Industrie, wie auch der Retail gaben die wechselbedingten tieferen Preise an die Endkonsumenten weiter. Wenn wir den Markt etwas genauer betrachten, sehen wir aber auch, dass abgesehen von Staubsaugern praktisch jede Produktgruppe beim Durchschnittspreis verloren hat. Allen voran der Markt der Kaffeemaschinen. Hier gab es vor allem starke Preiskämpfe bei den Vollautomaten und bei den Kapselsystemen, wie auch bei den Kapseln selbst. Zugelegt hat auch der verhältnismäs­sig kleine Bereich Dentalcare. Hier hat man es ­offensichtlich geschafft, mit neuen­ innovativen Produkten das Interesse der Konsumenten zu wecken. Und ich glaube genau das ist und bleibt der Schlüssel: Innovationen, die neue, echte Mehrwerte für den Konsumenten bieten. Denn dafür sind Konsumenten bereit, mehr Geld auszugeben. Wenn keine echte Innovation mehr da ist, findet lediglich noch ein Preiskampf statt.

Wie hat sich der Staubsaugermarkt im bisherigen Jahresverlauf entwickelt?

Wenn man da die GfK-Zahlen anschaut, waren die ersten neun Monate erfreulich. Es wurden mehr Stück verkauft und das zu einem höheren Durchschnittspreis. Aber man muss das differenziert betrachten, denn der Staubsaugermarkt beginnt, sich immer mehr zu fragmentieren. Noch vor wenigen Jahren wurden primär Schlittenstaubsauger verkauft. Heute sind es nur noch zwei Drittel. Sticks und Roboter hingegen gewinnen. Deutlich zu sehen ist das bei den Schlittenstaubsaugern mit Beuteln, von diesen werden weniger Stück verkauft bei deutlich sinkenden Durchschnittspreisen. Die beutellosen Schlittenstaubsauger hingegen legten überall zu. Ebenso die Handstaubsauger, die Roboter und, in den letzten 2 Jahren am stärksten, die kabellosen Staubsauger. Während bei den Robotern zwar mehr verkauft werden, der Durschnittspreis aber um fast 20 Prozent gefallen ist, legte dieser bei den Sticks um 20 Prozent zu.

Bei den "Hand-Sticks" haben Sie dem Markt mit ihren höheren Durchschnittspreisen zum Aufschwung verholfen?

Genau. Wenn man die Zahlen zwischen 2011 und 2013 anschaut, kann man davon ausgehen, dass in etwa drei Jahren der Anteil der Schlitten-Staubsauger nur noch etwa die Hälfte des Marktes ausmacht. Bei uns ist zudem aktuell einer von drei verkauften Staubsaugern einer ohne Kabel. Also ein Handheld oder ein Hand-Stick. Vor allem in jungen Märkten, denen vielleicht die Geschichte des Staubsaugers fehlt, wie zum Beispiel Taiwan, China und auch Russland, kaufen die Konsumenten diese Geräte und keine grossen Schlitten.

Wenn es stimmt, dass Schlittenstaubsauger mit Beutel auf dem absteigenden Ast sind, hat der Handel das Problem, dass er immer weniger Beutel verkauft. Wie kompensiert der Handel das?

Indem er seine Rendite schon beim Verkauf des Staubsaugers erzielt. Denn wir wissen aus Umfragen: Über einen Zeitraum von fünf Jahren kauft ein Konsument für seinen Beutelstaubsauger im Schnitt Beutel und Filter für 325 Franken. Wenn wir jetzt diese 325 Franken auf den Preis für einen Beutelstaubsauger dazuzählen, kommen wir auf rund 500 bis 600 Franken. Das entspricht etwa der Preislage von Dyson-Staubsaugern.

Welche Innovationen kann man von Dyson mittel- bis langfristig erwarten?

Wir werden unsere Strategie mit den Sticks weiterverfolgen und weitere Produkte in dieser Kategorie auf den Markt bringen. Zudem setzen wir auf unsere patentierte Technologie im Air Multiplier. Neu ist hier zum Beispiel unser Heizlüfter, den wir im Dezember im Fernsehen bewerben. Ein weiteres Feld sind natürlich Roboterstaubsauger. Die werden definitiv kommen. Wir arbeiten seit 15 Jahren an einem Roboter. Allerdings lässt sich James Dyson da auf keinerlei Kompromisse ein, das Produkt kommt erst auf den Markt, wenn die Saugkraft hoch genug ist, dass er beispielsweise auch mit Teppichen fertig wird.

Welche Neuheiten stehen aktuell bei Dyson am Start?

Da haben wir zum einen den DC52. Sein kleiner Bruder der DC48 und der neuste Stick, der DC62. Alle sind seit etwa einem Monat auf dem Markt.

Noch eine politische Frage: Welchen Einfluss wird die Energieetikette, die im September 2014 in Kraft tritt, auf das Geschäft von Dyson haben?

Wir finden den Ansatz einer Energieetikette sehr gut. Unsere gesamten Bestrebungen gehen ja in Richtung Nachhaltigkeit und Effizienz. Unsere Motoren benötigen seit jeher weniger Energie als die anderer Hersteller. Wir haben jahrelang darunter gelitten, dass unsere Staubsauger "nur" 1400 Watt haben und uns alle immer sagten: "Macht doch einen mit 2000-Watt-Motor, die Kunden verlangen das." Wir haben uns dagegen aber immer gewehrt, da wir schlichtweg keine 2000 Watt brauchen. Wir verfolgen da eine ganze andere Linie, wir sind primär ein Ingenieursunternehmen und haben etwas gegen die Wegwerf-Mentalität. Zum Beispiel gewähren wir als einziger Hersteller eine 5-Jahresgarantie auf unsere Produkte. Wir haben eine eigene Schweizer Helpline und auch ein eigenes Servicecenter, das wirklich repariert und nicht einfach austauscht. So sehr wir den Vorstoss mit der Energieetikette für Staubsauger auch begrüssen, aus unserer Sicht geht die Etikette zu wenig weit. Zudem sind die Messmethoden unserer Beurteilung nach ungenügend. Beutelstaubsauger werden mit leerem Beutel getestet und dann entsprechend eingeordnet. Der Saugkraftverlust und somit der Energieeffizienzverlust wird nicht berücksichtigt. Nach kurzer Zeit hat ein Beutelstaubsauger mit Energieeffizienzklasse A nur aber noch ein B oder ein C.

Es gibt in deutschen Saturn-Filialen Shop-in-Shops. Hat Dyson in der Schweiz ähnliche Ambitionen? Gibt es Kooperationen mit dem Fachhandel für Shop-in-Shops in normalen Fachhandelsgeschäften?

Ja, es gibt ganz klare Bestrebungen in diese Richtung. Für den Konsumenten ist es wichtig die verschiedenen Technologien zusammen zu sehen, so dass er sich für das richtige Produkt für seine eigenen Bedürfnisse entscheiden kann. Dafür gibt es entsprechendes Displaymaterial und neu nun eben auch solche Shop-in-Shops. Die ersten beiden wurden im Manor Basel und im MElectronics in Rothenburg aufgebaut. Bis Ende nächstes Jahr wollen wir fünf bis zehn grössere Shop-in-Shops in der Schweiz umsetzen.

Weihnachten steht vor der Tür. Was raten Sie dem Handel fürs Weihnachtsgeschäft?

Ganz klar sind die kabellosen Staubsauger im Trend und auch als Geschenkartikel geeignet. Und auf jeden Fall empfehle ich den neuen Dyson Heizlüfter und Ventilator AM05. Wir werden hier in eine TV-Kampagne für dieses innovative Produkt investieren und hoffen, auf diese Weise bei der Kategorie der Ventilatoren und Heizlüfter eine neue Grössenordnung zu schaffen. Für den Handel ist es sicherlich eine gute Chance, nennenswerten Umsatz in Kategorien zu machen, in denen er bisher gar nicht oder mit tieferpreisigen Produkten vertreten war. Ich empfehle jedem Fachhändler, es zu riskieren und wenigstens ein Gerät in den Laden zu stellen. Ansonsten bin ich sehr positiv eingestellt. Die Wirtschaft in der Schweiz läuft wirklich gut. Der Retail ist gut aufgestellt, die Produkte sind da, es wird investiert und es werden Häuser gebaut. Ich bin davon überzeugt, solange Produkte und Innovationen da sind, steht einem guten Weihnachtsgeschäft nichts im Weg.

Und zum Schluss noch: Was erwarten Sie für das nächste Jahr?

Nächstes Jahr muss sich jeder damit auseinandersetzen, was er im Bereich Staubsauger macht, weil sich der Markt wie gesagt stark verändert. Das gilt sowohl für die Hersteller, als auch für den Retail. Im Weiteren erwarte ich, dass der Markt sich positiv entwickeln wird. Ungeachtet der Herausforderungen sind Staubsauger nach wie vor Geräte, die jeder braucht und deshalb auch weiter verkauft werden können.

Persönlich

Cuno Singer (46) ist seit 6 Jahren Geschäftsführer von Dyson Schweiz. Nach einem Volkswirtschaftsstudium an der Universität Bern begann seine Karriere in der Revision, bevor ihn mit dem Eintritt in die Firma Canon die Welt der Konsum- und Investitionsgüter fesselte. In seiner Freizeit ist er begeisterter Mountainbiker und bereist mit Rucksack und auf eigene Faust exotische Länder, wobei es ihm die südostasiatische Kultur besonders angetan hat.

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