Netzneutralität

Netzneutralität: Bundesbern bezieht keine klare Position

Uhr | Aktualisiert

Der Bundesrat will die Netzneutralität in der laufenden Legislatur zum Thema machen, nimmt aber noch keine klare Haltung zum Thema ein.

An der gestrigen Fragestunde an den Bundesrat im Zuge der Sommersession 2012 beantwortete Bundesrätin Doris Leuthart die Frage von Balthasar Glättli (Grüne) bezüglich der Netzneutralität. Anfang Mai machten die Niederlande als zweiter Staat weltweit einen Schritt Richtung Netzneutralität, die nun im Gesetz verankert ist. Der Zürcher Nationalrat Glättli nahm dies zum Anlass, das Thema der Netzneutralität ins Schweizer Parlament zu tragen.

Bundesbern trennt Aufgaben klar

Glättli hatte gefragt, ob der Bund bereit sei, sich für den diskriminierungsfreien Zugang und Datentransport aller Anbieter und Services einzusetzen. Der Bund musste, da er Swisscom-Aktionär ist, in zwei Aspekten auf die Frage Stellung nehmen. Glättli wollte auch wissen, ob Massnahmen auf Gesetzes- oder Verordnungsebene geplant seien, um zu verhindern, dass Telekom-Unternehmen den Internetverkehr von Kundinnen und Kunden blockieren, verlangsamen oder für die Nutzung bestimmter Dienste Zusatzgebühren verlangen.

Leuthard betonte in ihrer Antwort, dass der Bund die Aufgaben als Swisscom-Aktionär und als Regulator klar voneinander trenne. Die Frage der Netzneutralität sei für alle Fernmeldedienstanbieter von Belang und es bestehe auch in der Schweiz die Tendenz, Angebote nach übertragenem Volumen und Übertragungsqualität zu differenzieren. Solange dies diskriminierungsfrei und transparent erfolge, sei dagegen wenig einzuwenden.

Netzneutralität als Thema bei der Revision des Fernmeldegesetzes

Sollten Anbieter anfangen, missbeliebige Inhalte zu unterdrücken oder einzelne Angebote gegenüber anderen zu diskriminieren, könne die Aufsichtsbehörde aufgrund der aktuellen Rechtslage nicht einschreiten, führte Leuthard weiter aus. Unter anderem deswegen solle im Zuge der Revision des Fernmeldegesetzes auch die Frage der Netzneutralität angegangen werden. Die Schweiz arbeite auf internationaler Ebene eng mit der Gruppe der europäischen Telecom-Regulatoren (Gerek) zusammen, für die das Thema ebenfalls aktuell sei.

Glättli wollte weiter wissen, welche Richtung der Bundesrat bei der Revision bezüglich der Netzneutralität einschlagen wolle, da dies aus der Antwort nicht klar geworden sei. Es sei noch nicht klar, ob der Bundesrat die Netzneutralität gesetzlich verankern will oder – falls dies nicht der Fall sei – verbindlich verankern wolle, dass es eine Informationspflicht für alle Netzanbieter gäbe. Leuthard sagte, es sei noch zu früh, um eine klare Richtlinie festzulegen, man strebe aber Technologieneutralität an.

Glättli kritisiert Bundesrat

Im Gespräch mit NZZ Online zeigte sich Nationalrat Glättli mit der Antwort wenig zufrieden. Er fordert, dass die Netzneutralität für die Revision des Fernmeldegesetzes vom Bundesrat als Leitvorgabe vorgegeben wird. "Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass der Bund seinen Einfluss als grösster Aktionär der Swisscom geltend macht, so dass bei diesem Anbieter die Netzneutralität gewährleistet ist", äussert er sich kritisch und bemängelt vor allem, dass das Bewusstsein für das Thema Netzneutralität in Bundesbern noch nicht besonders ausgeprägt sei. Er hoffe nun auf die parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit, in der er das Thema vorbringen werde.

Swisscom betonte gegenüber NZZ-Online, dass man kein Interesse habe, in den Netzverkehr einzugreifen. Falls Kunden bemerken, dass der Verkehr reguliert werde, riskiere man die Abwanderung der Kunden zu anderen Providern. Swisscom-Mediensprecher Olaf Schulze wies aber auch darauf hin, dass Swisscom gewissen Diensten Vorrang einräumen müsse, damit deren Qualität gewährleistet sei. Dazu gehöre beispielsweise Swisscom-TV.
Auch Sunrise und Cablecom versprachen gegenüber NZZ-Online, dass der gesamte Netzverkehr neutral gehandhabt werde.

Punktuelle Eingriffe in den Datenverkehr

Eine Studie der europäischen Regulierer (Berec) über die Netzneutralität zeigt, dass es oft nur beschränkte oder punktuelle Eingriffe in den Datenverkehr gab, berichtet Heise.de. Für die am 30. Mai veröffentlichte und von der EU kommentierte Studie gaben 266 europäische Festnetz- und 116 Mobilfunkbetreiber Auskunft. Problematisch ist vor allem, dass in 25 Prozent der untersuchten Länder die Provider, die häufig in den Netzverkehr eingreifen, zugleich mehr als 50 Prozent der Nutzer bedienen und somit überdurchschnittlich viele Gesamtnutzer betroffen seien.

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