Marktreport

Audio wird digital

Uhr | Aktualisiert
von Fabian Pöschl

Der Audio-Markt zeigt sich innovativ und kreativ. Der Handel darf gute Geschäfte erwarten. Trotzdem stellen Analysten negative Prognosen. Dafür gibt es viele Gründe.

Das Weihnachtsgeschäft hat bereits begonnen und mit ihm auch die Hoffnung auf ein starkes viertes Quartal im Audio-Markt. Das dürfte aber eigentlich fast schon traditionell als sicher gelten. Zudem sind im Markt keine deutlichen Preisabschläge zu erwarten, versichert GfK Deutschland. Was ebenfalls positiv weit über das so wichtige Weihnachtsgeschäft hinaus stimmt: Die Branche zeigt sich gemäss den Analysten innovativ und lebt die ihr gegebenen Design-Freiheiten auch aus. Das führt zum Ergebnis, dass der Kunde eine grosse Auswahl an spezialisierten Hi-Fi-Geräten und -Marken geniesst.

Leichtes Wachstum

Demzufolge wuchs der hiesige Markt gemäss GfK Switzerland im vergangenen Jahr umsatzmässig um ein Prozent auf 134 Millionen Franken. Auch die verkauften Stückzahlen lagen um ein Prozent höher als noch 2011.

Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 290 000 Audio-Geräte über die Schweizer Ladentheken. Die beiden Jahre 2010 und 2011 waren umsatzmässig mit vier- bzw. zehnprozentigem Wachstum jedoch noch erfolgreicher. Davor herrschte während fünf Jahren zwischen 2005 und 2009 die grosse Depression mit zweistelligen Umsatzrückgängen. Luca Giuriato von GfK Switzerland erklärt den Rückgang in dieser Zeitspanne mit einer starken Marktsättigung.

Vernetzungs-Trend

Innovativ zeigt sich die Branche etwa beim Audio-Streaming und der Netzwerkintegration, die auch zwei Schwerpunkte an der diesjährigen High End Swiss von Mitte vergangenem Oktober waren.

Die Vernetzung der Hi-Fi-Anlage mit dem heimischen Netzwerk oder einzelner Lautsprecher im Multi-Room-System ermöglicht direkten Zugriff auf die Cloud, den eigenen Netzwerkserver, auf das Smartphone oder auf das Tablet.

Das kommt gut an. Das Segment Connected Audio Home Systems konnte gemäss GfK Deutschland in Westeuropa im ersten Halbjahr 2013 umsatzmässig um 41 Prozent zulegen. Die verkauften Stückzahlen stiegen sogar fast um die Hälfte im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012. Dieser Trend zur Vernetzung lässt sich auch in der Schweiz feststellen.  Zwar machte der Anteil traditioneller Audio-Home-Systeme mit einem Umsatz von 42 Millionen Franken im vergangenen Jahr immer noch den Löwenanteil des Gesamtmarktes aus, noch acht Jahre zuvor war der Umsatz in diesem Segment aber fast ­doppelt so hoch. Traditionelle Audio-Home-Systeme nehmen wie auch das Segment Home Theatre Systems ab zu Gunsten von vernetzten Home-Audio-Systemen und Netzwerk-Musik-Systemen, die sich mit dem Internet verbinden lassen. Gemäss GfK-Analyst ­Giuriato erleben Home-Cinema-Anlagen dieselbe Entwicklung wie etwa Blu-Ray-Player, der Konsum geschehe vermehrt über andere Medien.

Auch bei der digitalen Musik verlangen Kunden  offenbar Qualität. Kurt W. Hecker, Vorstandsvorsitzender des Messe-Organisators High End Society, erklärt, dass immer mehr Kunden qualitativ hochwertige Audio-Erlebnisse suchen und dabei zunehmend auf computerbasierte High-End-Systeme setzen.  Diesem Trend trägt die Branche gemäss den Analysten von GfK Deutschland Rechnung und verbessert stetig sowohl die Übertragungsqualität als auch die digitalen Musikdateien. Und um diese verbesserte Dateiqualität auch hörbar zu machen, ist eine hochwertige Musikanlage Voraussetzung, versichert Branko Glisovic, Geschäftsführer der High End Society Marketing.

Demzufolge steigen etwa die Umsätze mit Tunern, Verstärkern und Receivern wie auch mit vernetzten oder miteinander verbundenen Musiksystemen stark an. Laut GfK Switzerland sind die Zuwachsraten im Segment Connected Systems zweistellig, eine Marktsättigung sei noch nicht unmittelbar absehbar.

Soundbars im Hoch

Einen weiteren Trend erkennt GfK Deutschland in Soundbars, welche die oft ungenügende Audio-Qualität von Flachbildschirm-Fernsehern vergessen machen und zunehmend auch das Home-Cinema-System ersetzen. Für die Schweiz sind zwar von GfK Switzerland erst im nächsten Jahr Zahlen zu Soundbars verfügbar. Ihre Kollegen aus Deutschland versichern aber, dass Soundbars in westeuropäischen Wohnzimmern hoch im Kurs stehen. So hätten sich die verkauften Stückzahlen und auch der Umsatz im Monat Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat verdreifacht.

Audio als Accessoire

Aber auch andere Hi-Fi-Bereiche konnten in Westeuropa zulegen. Zwar sind Mini-Disc-, CD- und Kassettenplayer fast bedeutungslos geworden, das Geschäft mit Schallplatten blieb in den letzten zehn Jahren aber fast unverändert, meldet der Verband Schweizer Tonträgerproduzenten (IFPI Schweiz). Demzufolge dürften auch Schallplattenspieler und Zubehör begehrt sein.

Ganz klar im Aufwind ist das portable Segment wie etwa mobile Lautsprecher, die im Windschatten des Smartphone-Booms rasant an Fahrt gewinnen. Mit ihnen kann der Nutzer kabellos Musik oder andere Audio-Inhalte übertragen, etwa via Bluetooth, was laut GfK Deutschland mittlerweile jedes dritte portable Gerät bietet. Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden in Westeuropa gemäss den Marktforschern mehr als 2,3 Millionen portable Speakers verkauft. Die Analysten erwarten eine weiterhin steigende Tendenz, selbst in den krisengeschüttelten Ländern Südeuropas.

Ebenfalls zum portablen Bereich gehören Kopfhörer mit oder ohne Mikrofon, die wie die portablen Speaker als Mode-Accessoire fürs Smartphone gelten. Beide sind in allen denkbaren Farben und Designs erhältlich, um jedem Geschmack der vor allem jungen Käuferschaft Rechnung zu tragen. Wachstumstreiber sind laut GfK Deutschland etwa der Formfaktor Kopfbügel und die Signalübertragung via Bluetooth, die lästigen Kabelsalat verhindert. Da zudem der Preistrend in diesem Bereich positiv sei, gelang ein Umsatzwachstum in Westeuropa von 2,5 Prozent im ersten Halbjahr 2013. Noch erfolgreicher war das Segment digitale Funkkopfhörer, die daheim verwendet werden. Diese verzeichneten in der gleichen Zeitspanne sogar  ein Umsatzplus von 19 Prozent.

Negativer Ausblick

Für das laufende Jahr und auch für das nächste rechnet GfK Switzerland trotz innovativer Audio-Branche mit Rückgängen sowohl beim Umsatz als auch bei den verkauften Stückzahlen. Das dürfte nicht nur mit einer zwar nicht unmittelbar erwarteten Marktsättigung bei vernetzten oder miteinander verbundenen Musiksystemen zu tun haben. Wie Analyst Luca Giuriato erklärt, hält der Trend zum hochwertigen Bereich an. Die Konsumenten sind demnach bereit, für ihr Audio-Erlebnis noch tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Auch hochwertige Einzelkomponenten stehen hoch in der Gunst der Kunden. Dieses High-End-Segment ist jedoch nicht in die Berechnungen von GfK Switzerland eingeflossen. Ebenfalls noch nicht berücksichtigt wurden die beliebten Soundbars und -plates, die weiterhin stark zulegen dürften.

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