"Kurzfristiges Denken dürfen wir im Fachhandel nicht annehmen"
Seit mehr als 40 Jahren verkauft Radio TV Obrist in Frick Unterhaltungselektronik. Roland Obrist setzt auf Beratung, Service und Lösungsverkauf. Mit Produkten, die online nicht zu finden sind, und mit fundiertem Wissen über diese Produkte versucht Obrist, dem Onlinehandel Paroli zu bieten. Kundenbindung ist sein Stichwort.

Seit wann betreiben Sie Ihren Laden in Frick?
Roland Obrist: Mein Vater hat das Unternehmen 1972 gegründet. Damals waren wir aber noch nicht im Coop-Einkaufszentrum, sondern in einem kleinen Laden in einem Einfamilienhaus.
Und wie sind Sie dann im Coop-Zentrum gelandet?
Coop hat das Einkaufszentrum Anfang der 1980er-Jahre gebaut, und wir sind dann direkt in das Zentrum mit eingezogen. Seither hat Coop das Zentrum vier Mal umgebaut. Da das Gebäude dabei jeweils völlig neu gestaltet wurde, war ein Umbau für uns unumgänglich. Bis zum vorletzten Umbau konnten wir so jedes Mal unsere Ladenfläche vergrössern. Beim letzten Umbau blieb sie allerdings gleich.
Wie sieht Ihr Ladenkonzept aus?
Dadurch, dass wir uns in einem Einkaufszentrum befinden, sind wir anders als klassische Fachhändler auch auf Kleingeräte und Massenprodukte ausgerichtet. Wir haben etwa CDs, DVDs und Computerspiele, die so im klassischen Fachhandel eigentlich nicht mehr zu finden sind. Das können wir aber nur dank unserer Lage hier im Einkaufszentrum.
Sie verkaufen tatsächlich noch CDs?
Es gibt noch eine gewisse Kundenschicht, die sich Musik nicht herunterladen möchte. Sei es, weil sie es nicht können oder nicht wollen. Etwa ältere Personen, die sich nie mit dem digitalen Kauf von Musik auseinandergesetzt haben. Oder jene, die eine CD in der Hand halten und das Booklet durchblättern wollen. Und dann sind da diejenigen, die die Klangqualität einer CD der von heruntergeladener Musik vorziehen. Was Sie im Fachhandel sonst auch eher selten antreffen, ist der Bereich Telekommunikation. In Kooperation mit Sunrise bieten wir Mobiltelefone an und können so Kunden in unseren Laden holen. Daraus ergibt sich dann die Möglichkeit, das Interesse der Kunden auch auf unsere anderen Produkte zu lenken.
Warum nur Sunrise?
Wir hatten lange die drei grossen Anbieter. Orange hat es dann vor allem hinsichtlich des Netzausbaus ein wenig verschlafen. Wir haben immer weniger verkauft und mussten dann irgendwann einsehen, dass wir zu klein sind, um auf drei Hochzeiten zu tanzen. Hinzu kommt, dass wir seit vier Jahren hier in Frick einen Swisscomshop haben. Wir können Swisscom-Abos noch immer abschliessen, aber das hat für uns keine Priorität mehr. Der Vorteil bei Sunrise liegt für uns im direkten Ansprechpartner, den wir so in der Form bei Swisscom nicht hätten.
Wer sind Ihre Kunden?
Ein Teil ist Laufkundschaft. Dadurch dass wir in der näheren Umgebung von Frick eine Menge Täler und kleiner Ortschaften haben, kommen vom klassischen Bauern bis zum Einfamilienhausbesitzer aber praktische alle zu uns. Wegen der Nähe zur Autobahn sind wir auch für Städter eine immer attraktivere Anlaufstelle. Das merken wir vor allem bei den Auslieferungen. Immer öfter liefern wir in Richtung Basel und Zürich aus.
Was bieten Sie für Dienstleistungen, die über den reinen Verkauf hinaus gehen?
Wir haben im Untergeschoss eine Werkstatt, die wir über die Jahre immer wieder angepasst haben. Heutige Reparaturen sind nicht vergleichbar mit dem, was wir früher gemacht haben. Es geht immer mehr in Richtung Software-Updates oder den Austausch von Anbauteilen. Davon abgesehen ist für uns die Installation und Vernetzung bei den Kunden zuhause sehr wichtig. Vor allem im TV-Bereich liefern wir gut 98 Prozent der bei uns gekauften Geräte aus und installieren sie bei den Kunden vor Ort.
Welchen Stellenwert hat der Onlinehandel für Sie?
Die Frage ist, ob man zweigleisig fährt oder nicht. Wenn ich Onlinehandel betreibe, kann ich ausschliesslich über den Preis agieren. Und ich möchte ja meinem Kunden, der im Laden ein Gerät zum Normalpreis gekauft hat, nicht nachher online einen günstigeren Preis anzeigen. Ich glaube, der Schweizer Onlinehandel lässt sich auf die Top Drei von Toppreise.ch reduzieren. Wenn ich nicht unter diesen Dreien bin und keine entsprechenden Bewertungen habe, wird es für mich faktisch unmöglich, ein Produkt über den Onlinekanal zu verkaufen. Wir gehen da einen etwas anderen Weg. Beispielsweise versuchen wir uns an Rabatt- und Gutscheinaktionen via Facebook. Das ist für uns der bessere Weg. Wir versuchen ausserdem, unser Sortiment anzupassen. Klar müssen wir begehrte Produkte führen, die auch im Onlinehandel zu finden sind. Darüber hinaus versuchen wir aber, uns mit anderen Produkten und vor allem auch mit fundiertem Wissen über die Produkte vom Onlinehandel abzuheben. So können wir Kunden an uns binden. Das kurzfristige Denken des Onlinehandels dürfen wir im Fachhandel nicht annehmen.
Erkennen Sie Markttrends? Etwa 4K oder OLED?
Wir hatten eine Zeit lang einen OLED-TV von Samsung im Laden und konnten das Gerät auch einige Male verkaufen. Grundsätzlich sind Markttrends für uns aber eher gefährlich. Wir müssen die Neuheiten von Anfang haben. Sonst werden wir unserem Namen als Fachhändler ja nicht gerecht. Das Problem dabei ist, dass sie am Anfang sehr teuer sind, der Preis aber sehr schnell fällt. Wenn wir ein Gerät verkaufen, der Kunde ein halbes Jahr später wieder in den Laden kommt und das Gerät zum halben Preis dort steht, stellt sich die Frage, wie ich das gegenüber dem Kunden rechtfertige. Wir handhaben es so, dass wir die Produkte eine gewisse Zeit lang hier haben und gleichzeitig den Markt sehr genau beobachten. Seit LG die Preise seiner OLED reduziert hat, lassen wir die Finger von der Technologie. 4K ist hingegen ab einer gewissen Grösse aus meiner Sicht unumgänglich. 55 Zoll ist die Grenze. Bei allem was darüber liegt, sollten Fachhändler nur noch 4K-Geräte anbieten. Ob es wirklich besser oder am Ende sogar schlechter ist, darüber lässt sich wohl streiten. Ich staune da immer wieder über Samsung. Im Fachhandel ist die Marke inzwischen verrufen. Aber Samsung bringt einen gebogenen Fernseher auf den Markt und die Leute fragen nach dem Gerät. Samsung schreibt LED an einen LCD-Fernseher und alle fragen nach LED- statt nach LCD-Fernsehern. Samsung hat offenbar eine gewisse Macht über die Konsumenten. Darum haben wir uns auch für Samsung entschieden. Davon abgesehen bietet Samsung ein Vollsortiment, das sich durch hervorragende Vernetzbarkeit auszeichnet. Und unter dem Strich ist es für uns wichtiger, Lösungen zu verkaufen, statt einzelne Produkte.
Wie stehen Sie dem Ende der Plasma-Fernseher gegenüber? Panasonic kündigte ja kürzlich den endgültigen Ausstieg aus der Technologie an.
Wir haben das Thema für uns schon länger beerdigt. Und zwar als wir gesehen haben, dass Plasmas vom Platz eines Top-Produkts abgestiegen und die LCDs nachgerückt sind. Irgendwann mussten wir feststellen, dass wir mehr Pro- und Contra-Diskussionen zu LCDs und Plasmas führten als tatsächliche Verkaufsgespräche. Und wir konnten dann nicht mehr kontrollieren, ob sich einzelne Kunden nur beraten lassen oder wirklich etwas kaufen wollten. Mit dem relativ frühen Ausstieg von Pioneer aus dem Plasma-Geschäft, war es für uns nur logisch, den Plasmas auch den Rücken zuzukehren. Geräte von Panasonic haben wir nie geführt.
Sehen Sie Chancen für den Handel?
Ja ganz klar sogar. Ich habe momentan wieder vermehrt Kunden, die nach Komplett-Lösungen suchen. Lösungen, die sie im Online-Handel oder beim Discounter nicht finden. Hierfür haben wir einen Teil unserer Werkstatt im Keller abgetrennt und wohnlich eingerichtet. Kommt ein Kunde mit einer konkreten Idee, richten wir den Raum im Keller nach seinen Wünschen ein und führen ihm die Lösung so in der Praxis vor. Ein Demo-Raum auf Anmeldung sozusagen. Und ich denke, das ist etwas, mit dem der Handel Mehrwerte generieren kann. Ganzheitliche Lösungen präsentieren und demonstrieren.
Spüren Sie den WM-Hype?
Ich glaube im Fachhandel ist es nicht so frappant wie im Massenmarkt. Wir werden aber sicher wieder zum Zug kommen, wenn sich während der WM ein Gerät verabschiedet. Die Betroffenen werden nicht gross überlegen, ob sie das Gerät in die Reparatur bringen, sondern wollen innerhalb kürzester Zeit ein neues Gerät. Allgemein fällt es uns vielleicht ein wenig leichter, einen Kunden vom Kauf eines Neugerätes zu überzeugen. Aber von einem WM-Hype würde ich nicht sprechen. Die Umstellung von Analog- auf Digital-TV hilft uns da viel mehr.

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